Unser täglich Spam

Aus dem Internet frisch auf den Tisch. Köstlich und aromatisch.


Monatsarchiv für Januar 2016

Rechnung Nr. 95355066 vom 15.01.2016

Mittwoch, 20. Januar 2016

Unser täglich Gift gib uns heute!

Sehr geehrte Damen und Herren,

Das ist doch genau mein Name!

in der Anlage erhalten Sie unsere Rechnung 95355066 vom 15.01.2016 im MS-Office Word Format. Diese Reifen sind per DPD an Sie unterwegs.

Aha, eine Rechnung. Im Text der Mail steht nichts näheres als ein Datum und eine laufende Nummer. Wer wissen will, um was zum hackenden Henker es hier geht, muss leider einen Anhang von einem Unbekannten öffnen. Zur angehängten Datei kann ich nur eines recht sicher sagen:

Screenshot des im Hexl-Mode von Emacs geöffneten Anhanges des E-Mail, der belegt, dass es sich um ein mehrteiliges MIME-Dokument handelt.

Sie hat zwar die Dateinamenserweiterung .doc, aber sie ist kein Word-Dokument. Es handelt sich um Schadsoftware. Wer diese Datei öffnet, hat hinterher einen Computer anderer Leute auf dem Schreibtisch stehen. Und wer sich auf sein Antivirus-Schlangenöl verlässt, ist in neunzig Prozent der Fälle verlassen. Deshalb ist es so wichtig, derartige Spam selbst als Spam zu erkennen und niemals darin rumzuklicken sowie generell niemals einen Mailanhang zu öffnen, der nicht explizit vorher abgesprochen wurde – denn das Gehirn ist und bleibt das beste Hilfsmittel zum Erhalt der Computersicherheit.

Bitte drucken Sie diesen Beleg für Ihre weitere Verwendung und für Ihre Unterlagen aus.

Wer digitale Daten ausdruckt, um sie zu archivieren… ach!

Bitte beachten ! Dieser Beleg ist das Orginalexemplar !

Klar, die beliebig kopierbare Datei ist ein Original. Und wenn man die Datei kopiert, gibt es sogar zwei Originale. Und wenn man sie als Spam in die Welt sendet, auch mal hunderttausend. :mrgreen:

Mit freundlichen Grüßen
Ignatius Peters

Freundlich wie die Pest
Dein krimineller Schadsoftwarespammer

Konto-Status

Dienstag, 19. Januar 2016

Nein, diese E-Mail kommt nicht von PayPal. Sie hat niemals einen Server von PayPal gesehen. Es handelt sich um Phishing. Wer Daten eingibt und absendet, übergibt sie an Kriminelle.

Von: service (at) paypol (punkt) co

Fast richtig!

Hey Spammer, wenn du schon einen Absender fälschst, kannst du es auch gleich richtig machen. Ach, da bist du zu doof für?! Oder du weißt gar nicht, dass das geht?! Gut so!

Lieber PayPal Kunde,

Genau mein Name! :mrgreen:

Aufgrund der jüngsten betrügerischen Aktivitäten haben wir ein neues Online-Sicherheitssystem für den maximalen Schutz der persönliche Daten unserer Kunden gestartet.

Wie, PayPal hat betrogen?! :mrgreen:

Nach dieser Tatsache, wird Ihnen angeboten, ihr PayPal-Konto zu aktualisieren.

Aha, die programmieren sich da einen zurecht, aber sie sind nicht dazu imstande, einfach mal ein paar Daten zu konvertieren (zumal sie das mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit gar nicht müssten), und deshalb muss man alles noch einmal eingeben. Sehr glaubwürdig!

Um Ihr PayPal-Konto zu aktualisieren, liegt Ihnen in Ihrer E-Mail Adresse ein Formular zur Verfügung.

Tja, im Rest der deutschsprachigen Welt spricht man von einem Mailanhang. 😀

Bitte laden Sie das Formular aus, rufen Sie über Ihren Internet-Browser und folgen Sie den Anweisungen auf dem Bildschirm.

So so, „das Formular ausladen“. Das ist mal wieder ein Qualitäts-Spamdeutsch heute!

Apropos Deutsch:

Detail aus dem Mailanhang mit einer nachgemachten PayPal-Loginmaske und einem Button 'New anmelden'.

„New anmelden“ ist nicht die gelungendste aller Eindeutschungen. :mrgreen:

Hinweis: Das Formular muss in einem modernen Browser geöffnet werden, dass JavaScript aktiviert hat. (z.B. Internet Explorer, Mozilla Firefox)

Klar, ganz wichtig! Denn der Spammer schreibt da nicht so gern die Domain seines Phishing-Servers, an den die Daten alle gehen, direkt und im Klartext rein. Sonst kennt den bald jeder Spamfilter. Und das wäre schlecht für das „Geschäft“ des Spammers.

Nach Abschluss dieser Phase wird die Aktualisierung Ihres PayPal-Kontos normal funktionieren.

Vorher übrigens auch. 😀

Wir entschuldigen uns für die Unannehmlichkeiten und danken Ihnen für Ihre Zeit.
Für weitere Informationen kontaktieren Sie bitte den Kundenservice.

Oh, wie höflich! Und…

Mit freundlichen Grüßen,

PayPal-Team.

…freundlich sind die auch noch! Aber PayPal ist das nicht.

Warum da nicht ein Link auf eine Phishing-Seite gesetzt wurde, sondern ein Anhang gemacht wurde, obwohl das irgendwie verdächtig aussieht? Ganz einfach: Selbst bei Menschen mit restriktiv konfiguriertem Browser gibt es oft Ausnahmen für lokale Dateien.

PayPal würde das übrigens niemals so machen. Warum nicht? Aus Sicherheitsgründen. Was das mit Sicherheit zu tun hat? Ich will es mal so sagen: Hier könnt ihr überprüfen lassen, ob euer PayPal-Passwort sicher genug ist.

Wer drauf reingefallen ist, hat das Wichtigste schon gelesen – für alle anderen: Ein Passwort ist eine Sicherheitsmaßnahme, die nur dann funktioniert, wenn das Passwort ausschließlich dort verwendet wird, wo es Zugang gewähren soll und niemals irgendwo anders. Im Falle des PayPal-Passwortes ist das die Login-Seite auf der Website von PayPal. Und sonst nirgends. Niemals! Wenn das Passwort nur ein einziges Mal an einer anderen Stelle eingegeben wurde, ist es als kompromittiert zu betrachten und sollte sofort geändert werden.

Eigentlich eine Banalität und Selbstverständlichkeit.

Aber eben auch eine der wichtigsten Maßnahmen für die Sicherheit bei passwortgeschützten Diensten.

Mahnung

Montag, 18. Januar 2016

Oh, wie „schön“! An mehrere Honigtopf-Adressen gleichzeitig. Da hat aber jemand langfristig alles Adressmaterial im Web eingesammelt, das nicht bei drei auf den Bäumen war, um dann mit diesen Spams zuzuschlagen.

Guten Tag,

Ihre Rechnung ist immer noch nicht bezahlt.

Im Anhang dieser Email finden Sie Ihre Rechnung.

Wir bitten Sie den offenen Betrag innerhalb von 5 Tagen zu begleichen.

Mit freundlichen Gr�ssen
paysafe

Es gibt den Text auch „mit freundlichen Grüssen“, aber niemals mit „ß“. Offenbar hat der Spammer ein paar Korrekturen gemacht, noch während er seine Flut über das Internet geströmt hat.

Kleines Spamkompetenztraining: Was bedeutet die folgende Kombination von Merkmalen bei einer E-Mail:

  1. Keine persönliche Ansprache
  2. Keine klare Erkennbarkeit, wer der Absender ist, obwohl es sich um eine geschäftliche Mail handeln soll¹
  3. Bislang unbekannter Absender
  4. Unpersönlicher, patzig-technokratischer Tonfall
  5. Eine angebliche Rechnung, ohne Angabe des Rechnungsgegenstandes oder des Betrages
  6. Fristsetzung, um es eilig erscheinen zu lassen
  7. Keine weiteren Informationen
  8. Kein Ansprechpartner für eventuelle Rückfragen
  9. Alle weiteren Fragen beantwortet angeblich der Anhang der Mail

Richtig! Es handelt sich um eine Spam, und der Anhang ist eine Schadsoftware, die zum Glück mal von sechzig Prozent der Antivirus-Schlangenöle erkannt wird.

Wer darauf reingefallen ist und unter Microsoft Windows den Anhang geöffnet hat, ohne dass das Antivirus-Schlangenöl angeschlagen hat, der hat jetzt allerdings einen Computer anderer Leute auf dem Schreibtisch stehen. Und diese „anderen Leute“ wären wesentlich besser mit Handschellen bedient!

Deshalb ist es um so wichtiger, dass man derartige Spam selbst erkennt und löscht, statt sie zu „beklicken“. Denn wenn auf diesem Weg eine halbwegs aktuelle Schadsoftware (nicht älter als zwei Tage) kommt, dann nützt das Antivirus-Schlangenöl gar nichts. Der beste Schutz vor Internet-Kriminalität ist und bleibt immer noch das Gehirn.

¹In der BRD gibt es sogar eine Impressumspflicht für geschäftliche E-Mail. Kein Witz.

Bitte Ihre dringende Antwort ERFORDERLICH

Sonntag, 17. Januar 2016

Mit Sehnsucht denke ich an die Zeiten zurück, in denen sich die Vorschussbetrüger wenigstens manchmal noch etwas ausgedacht haben.

Bitte Ihre dringende Antwort ERFORDERLICH

Steht schon im Betreff!

Ich bin mit diesem Medium, um Sie über die Transaktion zur Abgabe von $ 21500000 (Einundzwanzig Millionen fünfhunderttausend Euro) in meiner Bank in China, Sie als Empfänger zu informieren. Es wird zu 100% sicher, dass der Finanzvorstand des verstorbenen Kunden.

Ich gehe eher zu einem Medium und rufe Geister, als Menschen mit ihrem Namen anzusprechen. Irgendwer hat irgendwo in China einen Sack Reis… quatsch… viele grüne Läppchen der US-Notenbank abgegeben oder gibt diese noch ab. Ich weiß zwar nicht, wie du heißt, und du hast auch kein Konto bei dieser Bank, die übrigens auch keinen Namen hat, aber statt einer Kontonummer stand oder steht da deine Mailadresse auf dem Einzahlungszettel. Es ist zu zweihundertfünfzehn Prozent sicher, wenn nicht gar noch mehr, dass im Nichts endende Satzstummel.

Bitte auf meine private E-Mail kontaktieren unter für Fragen und weitere Informationen.

Ist natürlich voll die Privatsache. Wie jedes Millionengeschäft mit einer Bank.

Mit freundlichen Grüßen,

sang Chin

Dein Vorschussbetrugsspammer

e-mail: chinsang792 (at) gmail (punkt) com

P.S.: Über Geschäfte maile ich nur unverschlüsselt, über eine anonym und kostenlos einzurichtende Mailadresse und mit gefälschtem Absender.

Myra_89 sucht Dich (3,7 km entfernt) zum hei…

Samstag, 16. Januar 2016

Hallo Elias!

Immerhin, das stimmt ja mal.

Unser Mitglieder [sic!] hinterlässt Dir folgende Nachricht:
„Tschauiii!! Ich haben Dein Profil entdeckt und denk mir so dass Du ganz süß bist. Wir wohnen auch voll nahe zusammen. Wollen wir mal hei…“

Und?! Was wollen wir mal? Heiraten vielleicht? :mrgreen:

Schade, dass bei dieser Art von Drecksspam immer das Mailpapier alle ist, wenns interessant wird.

Und vor allem, liebes Mitgliedsdingsgebummse: Wo zur drangvollen Drüse hast du „mein Profil“ entdeckt? Auf Flickr? Hast du da etwa ein Foto von mir gefunden, und jetzt findest du mich so irre süß, dass du den Zuckungen im Klickfinger gar nicht mehr widerstehen kannst? Aber nein doch…

Zum Beantworten dieser Nachricht klicke hier:

http://www.ii6og.club/[ID entfernt]/

…das war doch wieder nur mal eines dieser betrügerischen angeblichen Datingportale, die in solchen Spams niemals direkt verlinkt werden, weil die Domain whatsfuck24 (punkt) com und die dort betriebene betrügerische Dating-Site schon bei jedem Spamfilter dieser Welt bekannt ist und zum sofortigen Aussortieren des Sondermülls führt.

Natürlich gibt es bei diesen potemkinschen Dating-Portalen – sorry: bei dieser „exklusiven WHATSFUCK-SEXBÖRSE“ – immer nur Frauen. Denn die Betreiber dieses Betrugs wissen genau, dass dem Mann oft ein bisschen Blut und damit Sauerstoff im Hirne fehlt, wenn der Schwellkörper gut durchblutet ist. Und diese Art Dummheit ist nun einmal eine Idealbedingung für den Beschiss, der dann durchgezogen wird.

Willst Du erstmal das Profil der beiden ansehen klicke hier:

http://www.ii6og.club/[ID entfernt]/Myra_89/

Nein danke, mir ist schon schlecht.

Viel Spass beim NachbarsDating

Ich wünsche dir große Qualen beim langsamen Verrecken, Spammer!

Neu und super: PayPal als Spamlieferant

Freitag, 15. Januar 2016

Unendlich ist die „Kreativität“ der Spammer zwar nicht beim Formulieren ihrer literarisch ungenießbaren Spams, aber sehr wohl bei der Suche nach neuen Vertriebskanälen oder für den Spamtransport missbrauchbaren Diensten.

Zurzeit scheint es Spammern zu gelingen, PayPal als Lieferanten für ihre asozialen und illegalen „Mitteilungen“ zu missbrauchen (Link auf einen englischsprachigen Text).

Es handelt sich dabei um echte E-Mails von PayPal mit einer Rechnung über null Dollar, in deren Mitteilungsfeld dann der Spamtext nebst Link auf wenig empfehlenswerte Websites zu lesen ist. Hier nur ein schnell (von mir) übersetztes Zitat aus dem oben verlinkten Blogeintrag:

Kurz gesagt, und bislang ohne Reaktion von PayPal oder irgendeinen Beleg für das Gegenteil, schaut es so aus, als diene PayPal als Auslieferungsmechanismus für Spam, die natürlich nicht als Spam erkannt wird, da sie eine „erwünschte“ E-Mail von PayPal ist. Die Mitteilung in der Rechnung ist völlig klare Spam, und das ist so gut wie sicher ein Missbrauch des Rechnungssystems von PayPal.

Ich nehme an, dass entweder für einen Absender keine Kosten anfallen, wenn er eine Rechnung über null Dollar versendet, oder aber, dass diese Kosten niedrig genug sind, dass sich solche Spam dennoch lohnt. Auf jeden Fall sollte PayPal dieses Problem in den Griff bekommen. Hierzu sei es mir erlaubt, einen Vorschlag zu machen: Wenn ein PayPal-Account massenhaft Rechnungen über null Dollar versendet, handelt es sich dabei um etwas, was wohl einen Alarm auslösen sollte!

[Hinweis via @benediktg@gnusocial.de]

Urteil I ZR 65/14 vom 14. Januar 2016

Freitag, 15. Januar 2016

Hier geht es nicht um eine Spam, sondern um ein aktuelles Urteil des Bundesgerichtshofes; der Titel des Postings ist das Aktenzeichen. Vieles an diesem Text ist Rückblick. Und zwar Rückblick in hilflosem Zorn, der mittlerweile Lust an der Zerstörung bekommt, weil andere Abhilfe nicht mehr möglich zu sein scheint.

Facebook hat vor dem Bundesgerichtshof verloren.

Der Bundesgerichtshof hat festgestellt, dass die auch immer wieder gern in fremdem Namen verfasste Spam von Facebook auch tatsächlich illegale Spam gewesen ist.

Welche Folgen hat das Urteil des Bundesgerichtshofes für Facebook?

Für Facebook hat dieses Urteil keine nennenswerten Folgen. Ein jahrelang durchgezogenes, auf klar illegalen (und damit: kriminellen sowie in ihrer Methodik von der organisierten Internet-Kriminalität abgeschauten) und zudem zutiefst asozialen Machenschaften basierendes Marketing führt in der Bundesrepublik Deutschland zu keinerlei Strafbarkeit. Die Gerichtskosten – für „normale“ Menschen sicherlich ein albtraumhafter Betrag – werden „aus der Portokasse“ bezahlt. Und sie werden selbstverständlich von der geringen Steuer abgesetzt, die Facebook in Irland zahlt. Einzige Einschränkung für Facebook: Das Unternehmen darf ab jetzt nicht mehr so vorgehen.

Um dieses Urteil zu fällen, hat das Rechtssystem der Bundesrepublik Deutschland rd. fünfeinhalb Jahre gebraucht.

Es ist im Rechtsraum der Bundesrepublik Deutschland zurzeit möglich, mit klar erkennbar illegalen Praktiken Milliardenumsätze zu machen, ohne dass das irgendeine Folge hat.

Ich finde das zum Erbrechen widerwärtig.

Worum es in diesem Verfahren und in diesem Urteil nicht ging, das sind die Speicherung und weitere Nutzung der klandestin über trojanische Apps ohne Einverständnis der Betroffenen aus Adressbüchern eingesammelten Mailadressen und weiteren personenbezogenen Daten. Diese neben der Spam ebenfalls klar illegale Praxis – zur Besänftigung der Hure Justitia, deren Waagschalen am liebsten durch Geldbündel bewegt werden: Ich bin kein Jurist und äußere diese Bewertung als juristischer Laie – kann fortgesetzt werden, damit ein Unternehmen ohne seriöses Geschäftsmodell, das mit illegalen Mitteln groß geworden ist, bei nächster Gelegenheit eine Zuordnung dieser personenbezogenen Daten zu vorgehaltenen pseudonymen Nutzerprofilen vornehmen kann, die über den so genannten „Facebook-Button“ systematisch erstellt wurden und werden. Diese illegale und zutiefst asoziale Praxis fand im Urteil des Bundesgerichtshofes nicht einmal eine Erwähnung, sie war nicht Verfahrensgegenstand. Sie kann ungestört weitergehen. Wenn irgendwann in rd. fünfeinhalb Jahren (oder vielleicht auch ein paar Jahre später) mal ein höchstinstanzlicher Richter der Bundesrepublik Deutschland feststellt, dass sie illegal ist, wird dieses Urteil ebenfalls keine Folgen haben. Weder für die Täter, noch für die Betroffenen.

Wer bei Facebook ist, ist Partner und Adressmateriallieferant eines illegal vorgehenden Unternehmens, dass aus einem durch Richterrecht geschaffenen rechtsfreien Raum heraus die Privat- und Intimsphäre von Menschen mit Füßen tritt. Ja, ich habe „Intimsphäre“ geschrieben. Das Wissen um geschäftliche und persönliche Kontakte ragt sehr weit ins Leben hinein.

Worum es in diesem Verfahren und in diesem Urteil ebenfalls nicht ging, ist die unternehmerische Ausspähung des Privatlebens von Menschen durch zur Installation angebotene (oder bei bereits bestehender Marktmacht: auf persönlichen Computern unlöschbar vorinstallierte) trojanische Apps. Es geht ebenfalls nicht um vergleichbare Machenschaften anderer Webanbieter, die vergleichbar asozial und illegal Postfächer mit Spam zuscheißen, um ihr unseriöses und menschenverachtendes „Geschäftsmodell“ voranzutreiben. Mir ist da vor allem LinkedIn sehr unangenehm aufgefallen. Auch diese Machenschaften werden also weitergehen. Nach dem gestrigen Urteil des Bundesgerichtshofes ist ja jedem klar, dass auch jahrelanges klar illegales Vorgehen keinerlei Konsequenzen haben wird.

Dieses Urteil ist ein Signal. Es sagt: Wenn du ein Unternehmen bist, das asoziale und illegale Spam als Bestandteil seines „Geschäftsmodells“ sieht, dann ist das zwar nicht gestattet, aber ansonsten zunächst völlig folgenlos. Eine Einzelfallklärung dauert viele Jahre. Ihr Ergebnis führt zu keiner Strafe, zu keiner Haftung und zu keiner nennenswerten Auflage (wie zum Beispiel einer erzwungenen Datenlöschung) und damit Einschränkung der weiteren geschäftlichen Tätig- und Tätlichkeit. Wie Unternehmen – insbesondere S/M¹-Unternehmen ohne seriöses Geschäftsmodell – mit dieser durch Richterrecht geschaffenen Rechtslage umgehen werden, ist absehbar. Wenn nicht ein Hauch lobenswerten Anstands durch die Addiermaschine weht, die dort zu sitzen scheint, wo richtige Menschen ihr Gehirn haben, ist zum Beispiel die Fortsetzung der systematischen Spamwerbung durch LinkedIn eine sichere Wette.

Dieses Urteil hat Spam und vergleichbar klar illegale Formen der Reklame im Internet gesellschaftsfähiger gemacht. Das ist eine Wirkung, die sich niemand wünschen kann.

Ich finde das – ja, ich wiederhole mich – zum Erbrechen widerwärtig.

Wer eine Welt mit weniger (oder ohne) Spam haben möchte, statt eine Welt mit immer mehr Spam, der hat in dieser vom Bundesgerichtshof hergestellten Situation nur eine Möglichkeit: Die vollständige und ausnahmslose Ächtung aller Unternehmen, die auf Spam setzen oder auf Spam gesetzt haben sowie die vollständige und ausnahmslose Ächtung aller Menschen, die diese Unternehmen mit Adressmaterial und Daten beliefert haben und weiterhin beliefern. Letzteres ist kaum durchführbar. Es bedeutet Kontaktabbruch zu jedem Nutzer eines Smartphones.

Durchführbar ist es aber, die Accounts bei Unternehmen zu löschen, die klar auf illegale und asoziale Spam als Reklamemittel gesetzt haben. Mir fallen da Facebook und LinkedIn ein. Es sind die einzigen derartigen Unternehmen, von denen ich jemals solche Spam bekommen habe.

Ich fordere jeden Menschen dazu auf, Accounts bei den Spammern Facebook und LinkedIn zu löschen, und zwar am besten genau jetzt, in diesem Moment! Wer das nicht tut, ist ein Komplize von Spammern und damit genau so schlimm wie die Spam selbst.

Facebook-Nutzer, du bist die Spam! Wenn du das nicht sein willst, hast du es in der Hand, etwas Erfreulicheres zu werden. Anleitungen, wie man den Account löscht, findest du in diesem Internet. Facebook ist da eher weniger behilflich, habe ich mir sagen lassen…

LinkedIn-Nutzer, du bist die Spam! Wenn du das nicht sein willst, hast du es in der Hand, wieder in Anstand, Würde und Ehre zu leben. Anleitungen, wie man den Account löscht, findest du in diesem Internet.

Vom Recht haben wir jedenfalls nichts mehr zu erwarten.

(Und nein, nicht ein Wort in diesem Text ist satirisch gemeint.)

¹S/M ist übrigens meine Abk. für „social media“. Aus Gründen. Wer dabei spontan BDSM assoziert, hat meine Gründe verstanden.

Unermüdliche Darlehensanbieter, müdes Gehirnchen…

Donnerstag, 14. Januar 2016

Unermüdlich, aber leider nicht sehr kreativ, sind die Vorschussbetrüger, die den Kommentarbereich eines Blogs für eine tolle Litfasssäule halten, um billige angebliche Darlehen anzubieten. Ein teureres und legaleres Werbemittel können sie sich leider nicht leisten. Das liegt daran, dass sie gar kein Geld haben, sondern nur arglosen Gimpeln Vorleistungen (natürlich anonym über Western Union und Konsorten bezahlt) aus der Tasche ziehen wollen, um sich dann bei Koks und Nutten ein hübsches Leben zu machen.

„Messi“ zum Beispiel, ist so eine Privatbankspezialexperte:

Name: messi

Hallo,
Sie suchen nach einer legitimen Darlehen suchen? [sic!] Müde von der Suche nach Darlehen und Hypotheken? Haben Sie von Ihrer Bank abgewiesen? [sic!] Sie benötigen ein Darlehen, um Ihre Schulden / Rechnungen löschen [sic!]? Dann ist Ihre finanzielle Trauma vorbei, wir
Loan Angebot 5.000,00 € Min. zu € 10.000.000,00 mit 3% Zinsen. Wir sind zertifiziert und vertrauenswürdig. wir können
Hilfe bei der finanziellen Unterstützung. Wenn Sie daran interessiert do per E-Mail zurück zu uns: messifernando15 (at) gmail (punkt) com

Genau wie dieser „Michel“, dem die Deutschkurse viel zu hastig verabreicht wurden:

Name: michel

Bieten Darlehen zwischen insbesondere ohne zuverlässige und [sic!]

Hallo / Mrs & Mr [sic!]

Vor allem Schweizer, Kanadier, Deutsch, Niederländisch, Italienisch, Portugiesisch, Spanisch, Englisch, Französisch oder belgische Sie leider geweigert haben [sic!], für die Kreditvergabe an die Banken verschiedener Ursachen zu schließen [sic!]. Sie sind spezielle, ehrlich und von gutem Charakter. Sie haben ein Einkommen, das Ihnen helfen kann, um Ihre monatlichen Zahlungen zu kommen; Keine Sorgen mehr Ich bin ein Individuum mit einer viel höheren Kapital- [sic!] und ich möchte Ihnen in Form eines rückzahlbaren Darlehen in Höhe von bis zu 30 Jahren bieten biete [sic!] ich Darlehen in Höhe von 10 000 Euros bis 2700. 000 [sic!] Euros für alle Personen in der Lage, es mit Zinsen in Höhe von zwei bis fünf Prozent in Abhängigkeit von der geforderten Betrag und die Kreditlaufzeit zurückzuzahlen. Also, wenn Sie benötigen, um ein Darlehen Providing einige Teile benötigt werden [sic!]. NB: Verzichten Sie, wenn Sie nicht ernsthaft unter Androhung der Strafverfolgung sind [sic!].

Für weitere Informationen können Sie mich per E-mail an: micheldonato168 (at) gmail (punkt) com

Jedes Mal, wenn ich so etwas in der erkannten Kommentarspam sehe – und ich sehe so etwas jeden verdammten Tag und auch heute deutlich häufiger als nur zweimal – frage ich mich, ob darauf jemals jemand reingefallen ist. So dumm kann doch gar keiner sein, oder?!

Und nein, ich hatte heute nicht nur diese beiden Darlehens-Spamkommentare.

Und dann fällt mir wieder ein, dass diese kommentargetriebene Darlehensmasche schon seit Jahren läuft, und dass die Verbrecher es nicht nötig haben, auch nur Verfeinerungen daran vorzunehmen. Die Verbrecher bieten ja auch angebliches „Viagra“ über Kommentarspam feil, nebst diversen anderen Arzneimitteln, die sich auch gut als Lifestyle-Drogen oder fürs Arbeitswelt-Doping eignen. Ebenfalls seit Jahren. Ebenfalls ohne die geringste Verfeinerung in der Vorgehensweise. Also: Ebenfalls erfolgreich genug, um sich mit dem Geld der Betrogenen ein hübsches Leben leisten zu können.

Und dann weiß ich es wieder: Ja, es gibt so viel Dummheit. Für Werber und Kriminelle – ja, in der Betrachtung der Zielgruppe sind diese beiden verachtenswerten Professionen zum Verwechseln ähnlich – gilt sowieso das Motto: Nicht Daten sind der Rohstoff der Zukunft; Dummheit ist der Rohstoff der Zukunft. Und beide bauen diesen Rohstoff ab, dass es dem Betrachter nur so hirnschmerzt… 🙁

Und dann frage ich mich, wozu ich das überhaupt noch schreibe. Wo so viel Dummheit ist, dass jemand auf ein Darlehensangebot (oder auf angepriesene Medikamente) in der Kommentarspam reinfallen könnte, da ist es für Worte viel zu spät. Und. Wo so viel Dummheit ist, dass jemand auf die zeitgenössische, rein psychomanipulative und leider legale Reklame reinfallen könnte, ist es für Worte ebenfalls viel zu spät. Liebe Mitmenschen, wenn ihr Atheisten seid oder ein strikt naturalistisches Weltbild habt, ist euch in einem langen Prozess der Evolution und der natürlichen Zuchtwahl ein Gehirnchen gewachsen; und wenn ihr religiös seid, dann hat euch der Herrgott, wie immer ihr ihn auch nennt, ein Gehirnchen in den Schädel gemacht und sich dabei ganz bestimmt etwas gedacht! Nutzt dieses Gehirnchen! Nutzt es! Etwas Besseres gibts nämlich vorerst nicht. Und meidet alles, was die Funktion dieses Gehirnchens beeinträchtigt! Alles! Auch die Werbung! Auch die politische Agitation, die das Gehirn mit breit verabreichter Angst außer Funktion zu setzen versucht! Auch die dumpfe Unterhaltung, die euch einlullt und überheblich machen soll!

Ach! Wer das hier liest, weiß das ja eh schon… 🙁