ACHTUNG: Es handelt sich hier mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit um einen sehr „gut“ vorgetragenen Betrug, für den die Identität eines echten Apothekers missbraucht wird. Bitte nicht darauf hereinfallen. Wenn dort „Arzneien“ geliefert werden, wird es sich um Markenimitate handeln.
Übrigens: Man spart auch „bis zu sechzig Prozent“, wenn man null Prozent spart. Oder gar noch weniger. 😀
Diese E-Mail ging an eine Mailadresse, die für menschliche Leser gar nicht sichtbar ist, sondern nur für die Harvester-Skripten der Spammer. Es handelt sich um eine klare Spam.
Und, was für Marken gibt es da? Die billigen Briefmarken?
web version
Nein, erst einmal gibt das Eingeständnis einer bestimmten, recht unfähigen Marke von Spammer, dass er nicht dazu imstande ist, HTML-formatierte E-Mail so zu gestalten, dass sie überall gut darstellbar ist. Deshalb muss er eine „Web-Version“ mit Deppen Leer Zeichen anbieten. Denn nichts lädt so sehr zum Darin-Herumklicken ein, wie eine zerschossen dargestellte Mail.
In unserer Versandapotheke können Sie bis zu 60% im Vergleich zur UVP des Herstellers sparen.
Man spart übrigens auch „bis zu sechzig Prozent“, wenn man gar nix spart. Ach, ich wiederhole mich.
So, und nun ein kleines Kunstwerk der Spamkunst:
Das ist doch ein ganz normales animiertes GIF… ja, in der Tat. Eine ganz normale Grafik, die von einem Webserver nachgeladen wird. Die Spamkunst besteht darin, dass hier die Dateinamenserweiterung¹ .html
anstelle von .gif
verwendet wurde, als sei es in Wirklichkeit ein HTML-Dokument. Ich vermute, dass damit die Sicherheitsmechanismen einiger Webmailer umgangen werden sollen, die das Nachladen von Bildern aus dem Web (eine wichtige und häufig angewendete Tracking-Funktion) unterbinden. Leider weiß ich nicht, gegen welche Webmailer sich dieser kleine Trick richtet, und ich habe auch keine Lust, alle mal durchzuprobieren. Sich im Internet darauf zu verlassen, dass die Dateinamenserweiterung das Format der Datei angibt, ist sehr dumm. Es ist nun einmal keine große Schwierigkeit, Dateien umzubenennen…
Bis zu 60% sparen
Man spart übrigens auch bis zu tausend Prozent, wenn man tausend Prozent draufzahlt… ja, ich wiederhole mich. Der Spammer allerdings auch.
Durch den Einkauf grosser [sic!] Mengen erziehlen unsere Einkäufer sehr gute Einkaufspreise bei den Herstellern und Grosshändlern [sic!]. Diese Ersparnisse geben wir direkt an unsere Kunden weiter. Unsere Apotheke hat den Sitz in Deutschland.
So so, die Apotheke „hat den Sitz in Deutschland“, was sprachlich fast ein bisschen russisch klingt. 😉
Wo geht die Reise denn heute hin? Es ist ja Spam, der Link ist natürlich nicht direkt gesetzt, sondern führt in eine Weiterleitungskette, die natürlich mit einem Trackingskript beginnt:
$ location-cascade "http://clicks.npgk.pet/index.php/campaigns/jq247k2p4xb95/track-url/kd1667c4b0035/3336338972b03590fef1c4081e3bd09987c36e5d"
1 http://track.webgains.com/click.html?wglinkid=287179&wgcampaignid=1256375
2 http://www.versandapotheke.de?source=webgains&siteid=1256375
3 https://www.versandapotheke.de/?source=webgains&siteid=1256375
$ _
Es geht tatsächlich in die Domain, die auch in der Grafik benannt wurde. Das ist bei Spam keineswegs selbstverständlich.
Über unsere Produktsuche finden Sie über 80.000 verschiedene Apothekenartikel.
Mal reinschauen:
Oh, in der Tat: Das sieht nach einem realistischen Apotheken-Angebot aus. Es gibt hier nicht etwa „nur Pimmelpillen“, sondern richtige Arzneien, bevorzugt teure Markenartikel gegen häufige Gesundheitsbeschwerden. Es fehlen auch klar kriminelle Versprechungen wie die Abgabe rezeptpflichtiger Arzneimittel ohne Rezept. Sogar ein sehr glaubwürdig aussehendes Impressum findet sich in der Website:
Kurz gesagt: Wenn mir die Reklame für diese „Apotheke“ nicht gerade über eine illegale und asoziale Spam gekommen wäre, gäbe es für mich kaum einen Grund, skeptisch zu sein. So aber, mit der Spam als klar illegales Werbemittel, sieht das schon ganz anders aus, und da frage ich mich, ob es die „Apotheke am Markt“, für die versandapotheke (punkt) de
lt. eigener Angabe ein Vertriebsweg sein soll, wirklich gibt. Und in der Tat: Es gibt diese Apotheke.
Selbst ein kritischer „Genießer“ könnte diese Website also auch auf dem zweiten Blick für echt halten.
Allerdings ist es eine Kleinigkeit, die Identität eines anderen Menschen, auch eines Apothekers, aus einem Impressum abzuschreiben und kriminell zu missbrauchen, und genau das scheint hier geschehen zu sein. Dass die Reputation eines anderen Menschen in den Dreck gezogen wird, ist asozialen Spammern schon immer egal gewesen. Deshalb hier noch ein dritter Blick, für den man nichts weiter als eine Internet-Suchmaschine benötigt.
Denn die Apotheke am Markt in Pforzheim hat ebenfalls eine Website. Diese enthält weder einen Webshop für Arzneien, noch wird innerhalb dieser Website auf die Existenz dieses Webshops hingewiesen. Von irgendwelchen riesigen Bis-zu-Preisvorteilen bei Bestellung von Versandarzneien ist dort ebenfalls nicht die Rede. Der in der Spam verlinkte Webshop, der so tut, als würde er von dieser Apotheke betrieben, ist also in Wirklichkeit völlig unabhängig von der Website dieser Apotheke. Jeder könnte ihn aufgesetzt haben. Auch jeder Kriminelle, der sich daran gesundstoßen will, dass er Imitate von Markenmedikamenten in nachgemachten Markenverpackungen teuer verkauft. Wer diese Giftpillen dann bestellt hat und einnimmt, hat im besten Fall das Glück, dass überhaupt kein Wirkstoff drin ist und er wenigstens am Leben bleibt. Im schlimmsten Fall hat die russische oder chinesische Mafia ein paar Chemieabfälle in den pillz „entsorgt“. Ja, es sind Verbrecher, die so etwas machen. Richtige Verbrecher. Die haben kein Verantwortungsgefühl.
Versandapotheke ist eine der ersten deutschen Online Apotheken. Alle versendeten Produkte werden exklusiv über deutsche Pharma Großhändler [sic! Deppen Leer Zeichen] bezogen.
Können diese Augen lügen?
Wir beliefern ab dem Bestellwert von 25 Euro alle Bestellungen innerhalb Deutschlandsversandkostenfrei [sic!].
Wie so oft in der Spam: Der Spammer hat die „wesentliche“ Botschaft formuliert und wird ein wenig nachlässig, denn wenn er sich Mühe geben wollte, brauchte er ja nicht zu spammen, sondern könnte gleich arbeiten gehen.
Klicken Sie hier ➽
Und als Siegel unter der miesen Spam zum guten Schluss nach alter, spammiger Sitte noch der Sprachstummel, der nur in Kommunikationsversuchen von Spammern und Idioten vorkommt: „Click here“.
Der Werbetreibende hat keine persönlichen Daten.
Dieser Newsletter wurde von einem Partner gesendet – Promo News.
Bitte kontaktieren Sie sie bei Fragen zu Ihren persönlichen Daten:
promonews.eu@yandex.com
Klar doch! Über eine kostenlos und anonym einzurichtende Freemailer-Adresse. Da weiß man sofort, womit man es zu tun hat.
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Klicken sie hier, klicken sie dort! Wenn die Spammer erstmal wissen, dass die Spam auf einer Mailadresse ankommt, gelesen wird und sogar beklickt wird, kann man sich darauf verlassen, dass unter dieser Adresse fortan jede erwünschte Kommunikation in einer Flut dummer und krimineller Angebote untergeht.
Deshalb klickt man ja auch nicht in eine Spam.
Und das bewahrt einem in diesem Fall sogar davor, Opfer eines gut vorgetragenen Betrugs werden zu können, denn es ist nicht davon auszugehen, dass man außerhalb der Spam von diesem spambeworbenen Giftversender erfährt, der sich lieber hinter der Identität anderer Leute verschanzt.
Wenn man darauf reingefallen ist: Strafanzeigen nimmt die Staatsanwaltschaft oder jede Polizeidienststelle auf. „Medikamente“ und Packungen mitnehmen.
¹Neudeutsch spricht man von einer „Extension“, und viele Menschen verstehen dieses Wort inzwischen besser als das ältere deutsche Wort.