Schön, dass die Bestellung ein Datum und eine Nummer hat.
Sehr geehrter Kunde,
Schön, dass ich so einen schönen Namen habe. Der klingt fast so persönlich wie eine Nummer.
leider mussten wir gerade feststellen, dass die Zahlungsaufforderung NR551337926 bis jetzt ergebnislos blieb. Jetzt gewähren wir Ihnen damit letztmalig die Chance, den ausbleibenden Betrag der Firma Online24 Pay GmbH zu begleichen.
Schön, dass die Nummer der Zahlungsaufforderung wiederholt wird. Diesmal ist es sogar die gleiche Nummer wie im Betreff. Das kriegen Spammer nicht immer hin. Ein „Wir“, das sich nicht näher vorstellt und kalt wie eine Wand ist, erinnert an die SPD im letzten Bundestagswahlkampf und gibt mir eine allerletzte Chance, Geld an eine Unternehmung zu bezahlen, mit der ich es noch niemals zu tun hatte. Wofür? Wieviel? Bis wann? Auf welches Konto? Das sind lauter Angaben, die im Text dieser Spam nicht halb so wichtig wie die Nummer der Bestellung sind.
Schließlich will dieser Spammer nicht das Geld seiner Opfer. Auch, wenn er…
Aufgrund des andauernden Zahlungsausstands sind Sie gezwungen dabei, die durch unsere Tätigkeit entstandene Gebühren von 65,38 Euro zu tragen. Bei Rückfragen oder Unklarheiten erwarten wir eine Kontaktaufnahme innerhalb von drei Werktagen. Um weitete Kosten auszuschließen, bitten wir Sie den ausstehenden Betrag auf unser Bankkonto zu überweisen. Berücksichtigt wurden alle Buchungseingänge bis zum 07.10.2016.
…ständig im ungeübten Technokratentone vom Gelde spricht und sogar Fantasiegebühren verlangt und zu einer Kontaktaufnahme auffordert, ohne auch nur eine verdammte Adresse, eine Mailadresse oder eine Telefonnummer für die Kontaktaufnahme zu nennen. Das ist alles nur dafür da, den Empfänger dieser Spam einzuschüchtern und zu verängstigen, denn der Spammer weiß als erfahrener Verbrecher ganz genau, dass Angst dumm macht. Und wer dumm und ängstlich ist, der klickt halt gut…
Die gesamte Überweisung erwarten wir bis spätestens 14.10.2016. Falls wir bis zum genannten Termin keine Zahlung bestätigen, sehen wir uns gezwungen unsere Forderung an ein Gericht abzugeben. Alle damit verbundenen Zusatzkosten gehen zu Ihrer Last.
Eine Wendung wie „sehen wir uns gezwungen unsere Forderung an ein Gericht abzugeben“ kann nur jemand tippen, der keine Ahnung vom gerichtlichen Mahnverfahren hat. Dafür fehlt so eine Angabe wie die Kontonummer, auf die man bis zum 14. Oktober überweisen soll – wer immer wirklich Geld haben wollte, würde diese Kontonummer ganz sicher angeben. (Übrigens würde auch jeder in der deutschen Sprache leidlich geübte Schreiber bei einer Fristsetzung den Monat als Wort ausschreiben, damit Missverständnisse beim Empfänger völlig ausgeschlossen sind.) Dieser kriminelle Spammer will kein Geld, er will nur…
Eine vollständige Forderungsausstellung Nr. 551337926, der Sie alle Buchungen entnehmen können, befindet sich im Anhang.
…dass man den Anhang aufmache.
Ein bisschen mehr zu diesem Anhang kommt in Kürze.
Mit verbindlichen Grüßen
Rechnungsstelle Marco Cock
Das heißt aber „unter Erbietung meiner vorzüglichsten Hochachtung verbleibe ich als ihr ergebener Marco Cock“.
Diese E-Mail enthält vertrauliche und rechtlich geschützte Informationen. Wenn Sie nicht der richtige Adressat sind und diese E-Mail irrtümlich erhalten haben, informieren Sie bitte sofort den Absender und vernichten Sie diese E-Mail. Das Kopieren von Inhalten dieser E-Mail und die Weitergabe ohne Genehmigung ist nicht erlaubt und stellt eine Urheberrechtsverletzung dar.
Diese unverschlüsselte und nicht digital signierte Spam ist offen wie eine Postkarte durch das Internet befördert worden und konnte auf ihrem Weg von jedem mitgelesen oder sogar verändert werden. Wer behauptet, dass sie ganz geheime Geheimgeheimnisse enthält, dokumentiert damit seine technische Ahnungslosigkeit und seine lebenspraktische Dummheit. Wer ein Urheberrecht auf den Text einer E-Mail beansprucht, dokumentiert damit ebenfalls etwas für einen zivilisierten Menschen äußerst Unvorteilhaftes. Das tun allerdings nicht nur dumme Spammer; so einen vor Blödheit quietschenden Bullshit habe ich auch schon in E-Mail von Unternehmen gesehen, die gar nicht so lächerlich wie derartige Proklamationen in der gewerblichen Kommunikation sind. Wer mag, kann ja gern mal versuchen, vor Gericht sein „Urheberrecht“ gegen mich durchzusetzen und dabei einem möglicherweise erheitertem Gerichte gegenüber darlegen, dass es sich bei seiner Mail um ein Werk mit der dazu erforderlichen, schützenswerten Schöpfungshöhe handele, wenn ich eine seiner Mails zitiere. Ein kleiner Tipp von mir als Nichtjuristen, der natürlich keine Rechtsberatung geben darf und für eine Rechtsberatung auf einen richtigen Rechtsanwalt verweisen muss: Eine Bezugnahme aufs Fernmeldegeheimnis halte ich für wesentlich erfolgversprechender, wenn man es schon nötig hat, solche Veröffentlichungen juristisch zu unterdrücken. 😉
So, jetzt aber wieder zur Sache, nämlich…
Zum Anhang
An die Spam ist ein ZIP-Archiv mit dem Dateinamen 08.10.2016.zip
angehängt, morgen wird es vermutlich das Datum von morgen werden. Dieses ZIP-Archiv ist in meinem Exemplar der Spam kaputt (es hat eine Dateigröße von null Bytes) und deshalb kann ich es nicht näher untersuchen – ich gehe aber davon aus, dass es in anderen Fällen, in denen das Spamskript funktioniert hat¹, wie üblich eine ausführbare Datei für Microsoft Windows sein wird. Typischerweise wird auf diese Weise sehr aktuelle Schadsoftware zugestellt, die von den Antivirus-Programmen noch nicht erkannt werden kann. Antivirus-Programme können nämlich nur Schadsoftware erkennen, die bei den Herstellern der Antivirus-Programme bereits bekannt ist und sind generell von eher zweifelhaftem Nutzen.
Es handelt sich keineswegs um ein Dokument, aus dem irgend etwas hervorgeht. Es handelt sich um ein Windows-Programm, das von einem Verbrecher mit einer irreführend formulierten, vorsätzlich einschüchternden Spam zugestellt wurde. Die Verpackung in einem ZIP-Archiv hat nur den Zweck, Antivirus-Programmen auf einem Mailserver die Analyse zu erschweren², denn der Spammer lebt davon, dass seine kriminellen Spams ankommen. Wer eingeschüchtert ist, Microsoft Windows verwendet und angstvoll klicke-di-klick den Anhang öffnet, hat danach einen Computer anderer Leute auf seinem Schreibtisch stehen. Und diese Leute wären besser mit Handschellen und vergitterten Fenstern bedient!
Es ist immer verantwortungslos, dumm und gefährlich, Mailanhänge in E-Mails von Unbekannten zu öffnen. Bitte, lasst es einfach sein! Und öffnet auch bei scheinbar bekannten Absendern keine Mailanhänge, die nicht vorher explizit und über einen anderen Kanal als E-Mail abgesprochen wurden, denn der Absender einer E-Mail kann beliebig gefälscht werden! Im Zweifelsfall ist auch dann noch die Zeit für ein kurzes Telefonat, wenn es einmal sehr eilig ist…
Diese kleine Vorsicht ist bei E-Mail wirksamer als jedes so genannte Antivirus-Programm.
¹Typischerweise sind die Anhänge von Schadsoftware-Spams nicht identisch, um eine leichte Erkennung und Ausfilterung des gefährlichen Mülls unmöglich zu machen. Diese Schadsoftware-Spammer leben nun einmal davon, dass ihre Mails auch ankommen. Natürlich werden diese „unterschiedlichen“ Anhänge mit einem Skript erzeugt, und natürlich machen auch die Spammer immer wieder einmal Fehler beim Programmieren. Deshalb kommt es zu solchen „verunglückten“ Anhängen. Nach meinen Erfahrungen ist im Durchschnitt rd. jede dreißigste Mail mit Schadsoftware wegen eines Programmierfehlers der Spammer unwirksam, in letzter Zeit „bessert“ sich das jedoch.
²Natürlich ist es möglich, beim Antivirus-Scan auf einem Mailserver auch ZIP-Archive auszupacken. Das wird aber meist nicht getan, damit der Mailserver nicht von kecken Angreifern mit einer recht einfach zu bauenden ZIP-Bombe lahmgelegt werden kann. Generell kann und sollte man einen ZIP-komprimierten Mailanhang als Indiz dafür betrachten, dass in der Mail Schadsoftware transportiert werden soll.