Und hier noch ein etwas ausführlicheres Beispiel für die tägliche Seuche der SEO-Spam in meinen Blogkommentaren, das vielleicht auch klar macht, aus welchem Dunstkreis heraus diese Art von Spam gemacht wird. Vielleicht wird dem einen oder anderen auch mein sehr gereizter Ton etwas verständlicher, mit dem ich die Urheber dieser Spam in diesem Blog anspreche.
Die ganze Kette beginnt mit einem Kommentar zu meinem einzigen Blogeintrag zur US-amerikanischen Präsidentschaftswahl. Dieser Kommentar scheint auf dem ersten Blick durchaus eine gewisse Sinnhaltigkeit und einen lockeren Bezug zum Text zu haben:
Der Spammer hat vieles richtig gemacht und groÃe Chancen, mit einem solchen Kommentar stehen zu bleiben. Er hat sich einen richtigen Vornamen ausgedacht und gibt nicht einfach nur ein Schlüsselwort für Google an, das denn mit seinem Schrottlink indiziert wird. Sicher, der Text ist etwas lieblos hingeschrieben, aber so etwas tun durchaus auch „richtige Menschen“. Auch wirkt der Name der verlinkten Site völlig unverdächtig, wer denkt bei Familie und Kinderkriegen schon an Spam und die ganze Halbwelt um dieses trübe Thema?
Auch diese verlinkte Site präsentiert sich auf dem ersten Blick völlig unverdächtig. (Für einen Eindruck einfach einmal auf das Vorschaubild klicken.) Grundlage für die technische Umsetzung ist das Blogsystem WordPress, das ja auch für dieses Blog Verwendung findet. Bei der Gestaltung fällt zwar schon eine gewisse Schablonenhaftigkeit des graphischen Materiales auf, aber das muss an sich noch nichts heiÃen. In dem Text, der ohne Runterrollen im Browserfenster sichtbar wird, deutet nichts auf eine reine SEO-Linkschleuder hin, die mit einem Spamkommentar bei Google aufgewertet werden sollte.
Ich sagte es ja schon, dieser miese Spammer hat vieles richtig gemacht. Seine wenig inhaltlich gemeinten und deshalb auch wenig inhaltlich geformten Kommentare haben gute Chancen, auch bei aufmerksamen Sitebetreibern ungelöscht zu bleiben.
Auf dem zweiten Blick wird hingegen ziemlich offenbar, um was es hier wirklich geht.
Zunächst fällt auf, dass dieses „Blog“ mal gerade über 26 Beiträge verfügt und offenbar niemals kommentiert wird. Das Alter des Blogs wird natürlich verborgen, und der Gesamteindruck entspricht eher einer ziemlich statischen Website, die stümperhaft mit Hilfe von WordPress betrieben wird. Natürlich kann man so etwas machen, und WordPress bietet mit dem Konzept der statischen Seiten sogar einen guten Mechanismus hierfür an. Allerdings haben es die Betreiber dieser Site bevorzugt, die einzelnen „Artikel“ als Blogbeiträge zu verfassen, um in den Genuss eines anderen Features von WordPress zu kommen: In den Genuss der für Suchmaschinen sehr interessanten Verschlagwortung und Kategorisierung von Beiträgen.
Aber auch das muss ja noch nichts heiÃen, immerhin wirkt die Site doch auf dem ersten Blick informativ und unkommerziell. Warum also nicht die Technik einmal anders als „gedacht“ verwenden?
Nun, diese Artikel haben es in sich. Sie enthalten viel Blah, wenig wirkliche, für Menschen interessante Information und teilweise absurd verlinkte Schlagwörter, die sich nur an Suchmaschinen richten. Schon auf der Startseite kommt man in den Genuss einer angebotenen Familientherapie und eines Fotobuches.
Diesen verlinkten Websites sind ein paar Angaben gemeinsam, die dann auch endlich klar machen, wer hinter der Spam stecken könnte.
Die „Familientherapeutin“ erfreut ihre Besucher nicht nur mit der folgenden, sehr therapeutisch wirkenden Navigation auf der Website…
…die eigentlich sofort klar macht, dass dahin niemand verlinken würde, der Informationen verbreiten will. Auch die Blindtexte, die sich in der graphisch aufwändig gestalteten Site fast überall befinden…
…erwecken nicht gerade den Eindruck, dass jemand aus persönlichen Motiven ausgerechnet diese Site als Quelle von Informationen oder interessante Leseempfehlung angeben würde. Nein, diese fröhlich spamverlinkte „Therapeutin“ sagt ihren Lesern auch (mit fröhlichem Dank über Google), wem diese „Therapeutin“ ihren Internet-Erfolg anvertraut:
Da schaut man sich doch gleich mal das angebotene „Fotobuch“ an, um kaum überrascht den folgenden Hinweis auf der Website des Anbieters zu lesen:
Dass der Link auf die gleiche Website eines windigen, zu Spam in Blogkommentaren und zur Anlage von linkschleudernden Spamblogs greifenen „SEO-Optimierers“ geht, wird gewiss nur jemanden überraschen, der blind an das Gute im Menschen glaubt. Diese Naivlinge sind dann wohl auch die Menschen, die sich relativ bedenkenlos die „kostenlose Software“ eines Fotobuch-Anbieters, der mit Spammern zusammenarbeitet, auf ihrem Rechner installieren werden – wer einen Funken Verstand hat, der lässt davon die Finger. Spam geht gar nicht und deutet immer in ein eher kriminelles Umfeld.
Aber zurück zur ursprünglichen, orangeblauen Site mit Baby, Vater, Mutter und niedlichem Kleinkind-Appell an die psychologischen Mechanismen des Kindchenschemas. Der „Artikel“ auf der Startseite enthält nämlich noch einen dritten Link, bei dem auch weniger aufmerksame Leser einen leichten Kotzreiz fühlen werden. Er ist eingebettet in angebliche Stellungnahmen von „Personen“, die mit ihrem Vornamen und ihrem Alter angegeben werden:
â?Als ich meine ersten Stromvergleiche durchgeführt hatte, war mir klar, jetzt kann das Kind kommen.â? Mara 18
Nun, der Zusammenhang zwischen durchgeführten Vergleichen von Strompreisen und der Klarheit, dass „Mara“ nun endlich werfen kann, erschlieÃt sich wohl nur einem Menschen, der noch zynischer ist als ich. Mal einen Blick auf die verlinkte Website werfen.
Ah ja, die bieten nicht etwa irgendeinen esoterischen Tinnef an, sondern wirklich Vergleiche von Strompreisen, damit das Kind auch kommen kann.
Allerdings stellt sich die völlige Zufriedenheit doch nicht ein. Denn zumindest auf meinem Browser ist die Nutzung des Vergleichs von „über 8000 Tarifen“ (an einer anderen Stelle ist von „über 800 Tarifen“ die Rede, das mit der GröÃenordnung nimmt man nicht so genau) gar nicht möglich, die Seite bleibt leer. Mit dem liebsten System und Browser der Spammer, MS Windows und dem Internet Explorer, kann ich das leider nicht ausprobieren, da ich mir so etwas auf keine Festplatte packe, die mir etwas wert ist. Wer jetzt meint, dass wenigstens das angebotene „Gewinnspiel“ funktionieren könnte, muss leider damit vorlieb nehmen…
Informationen zu unserem neuen Gewinnspiel erhalten Sie hier bald
…dass das auch nicht nicht da ist. Vielleicht hätte man dabei ja ein Baby gewinnen können. Aber natürlich kann man eine inhaltsleere Site schon einmal mit ein bisschen SEO-Spam in Google nach oben bringen, anstatt es einfach mit Inhalten zu probieren.
Ach ja, der ominöse Verweis auf die „SEM SEO GmbH“ fehlt bei den Stromvergleichen, obwohl diese Site auf die gleiche Weise „gepusht“ wird wie die beiden anderen. Und der Anbieter dieses wenig dienstbaren Dienstes ist die gleiche „Deja Vue GmbH“, die auch das Fotobuch anbieten will. Auch wenn es dort nicht explizit steht, überlasse ich es jedem Leser, die einfachen Schlüsse aus diesen Tatsachen zu ziehen. Für mich ist der Zusammenhang jedenfalls klar genug, aber natürlich werde ich mich in einer Welt voller Anwälte hüten, ihn ohne „harten“ Beleg hier zu äuÃern.
Der Spamcharakter des oben zitierten Kommentareintrages dürfte klar genug geworden sein, ebenso wie die Tatsache, dass die Erkennung solcher handgeschriebener Spam sehr schwierig geworden ist. Die Perfidie, mit der bei der Manipulation von Suchmaschinen vorgegangen wird, ist schon recht groà geworden; und auch das Streben danach, Blogs zu Linkschleudern zur Manipulation der Suchmaschinen umzufunktionieren, ohne dass die Blogger es leicht bemerken können.
Bleibt eigentlich nur noch die Frage, warum so etwas überhaupt gemacht wird.
Um dies zu beleuchten, bringe ich nur ein einziges Zitat von der Startseite der Internetpräsenz der SEM SEO GmbH [bewusst hier nicht verlinkt]:
Mit SEO direkt in die Top 10
Nutzen Sie unsere Erfahrung!
Die SEM SEO GmbH ist eine Full-Service-Internetagentur, die alle Bereiche des Suchmaschinen Marketing (SEM – Search Engine Marketing) und der Suchmaschinenoptimierung (SEO – Search Engine Optimization) abdeckt […]
Hier bietet ein „Dienstleister“ nur mäÃig verlarvt in solch werbenden Worten an, dass man jede Website „direkt in die Top 10″ bringen kann, wenn nur die dort vorhandene Erfahrung nutzt und bezahlt. Die Suggestion in dieser Anpreisung eines gewiss nicht billigen Dienstes ist es, dass der Erfolg im Internet völlig unabhängig von den Inhalten einer Website ist. Klar, dass auf eine solche Anpreisung auch solche Leute und Firmen hereinfallen, die noch gar keine Inhalte auf ihrer Site haben, aber trotzdem einen schnellen Euro im Netz machen wollen. Die Tatsache, dass solchen Internet-Anbietern nicht einmal die Frage aufkommt, wie das denn gehen soll; die Tatsache, dass ihnen das bei kurzem Nachdenken einzig mögliche Mittel der SEO-Spam für die Erfüllung einer solchen Zusicherung nur recht ist, wenn es ihren geschäftlichen Absichten zuarbeitet; dies wirft ein Schlaglicht auf den Charakter derer, die hier kurz erwähnt wurden – und dieser Charakter empfiehlt sich für keine Art von Geschäft. Er ist kein bisschen besser als der Charakter eines Spammers, der sich schmarotzerisch auf kommunikative Strukturen des Internet legt.
Und ich werde mir weiterhin immer wieder ganz willkürlich einen der vielen SEO-Spammer rauspicken, die sich wie die SchmeiÃfliegen auf mein Blog werfen, und vor der Löschung hier eine „lobende“ Erwähnung unter Nennung der erkennbar Verantwortlichen schreiben, natürlich ohne jegliche Linksetzung. Wenn sie so etwas als Schädigung ihres Geschäftes empfinden, kann ich ihnen nur empfehlen, auf das recht asoziale und vampiristische Mittel der Spam zu verzichten.