Es ist ja ein schier unbegrenztes Potenzial an Möglichkeiten, das in so einem Pflaster steckt, ein wahres Universum der Anwendungsfälle – diese im Ton viel zu zurückhaltende Verpackung für ein Werbegeschenk von vier Pflastern gibt davon nur einen ganz dürftigen Eindruck.
Kategoriearchiv „Verpackung“
Deinem Po zuliebe…
Ich finde ja, dass es einen unwiderstehlichen, realsatirischen Liebreiz hat, wenn Klopapier auf diese Weise an den Fußballfan gebracht werden soll.
Melittas Mangelware
Angesichts der Allgegenwart der Werbung wundert mich gar nichts mehr. Noch an den unerwartesten Stellen kann einem die Reklame ihr wenig erfreuliches Antlitz entgegenstrecken, und meist sieht es eben aus… ähm… wie etwas, was zwei Backen hat.
Vor mir liegt eine Packung Melitta-Kaffee „Auslese Mild“. Diese ist natürlich so glänzend verpackt, wie man Dinge eben verpacken muss, wenn man die Aufmerksamkeit im Regal an sich reißen will. Aber darüber hinaus will mich diese Packung auch beschenken, denn auf der Oberseite und der Rückseite ist eine Werbung für die „Welt am Sonntag“, von der man vier Ausgaben kostenlos erhalten kann:
So erhalten Sie Ihre 4 Ausgaben der Welt am Sonntag kostenlos:
Nennen Sie uns einfach ihren persönlichen Gratis-Code L… (zu finden auf der rechten Packungsseite unterhalb des Haltbarkeitsdatums) und sichern Sie sich den Lesegenuss am Sonntag […]
Keine Lust, den ganzen Reklametext hier wiederzugeben. Aber gegen Ende des Textes gibt es noch eine Einschränkung, die mich doch lachen machte:
[…] Lieferungen erfolgen, solange der Vorrat reicht […]
Ja, die müssen wirklich Angst haben, dass demnächst für ein paar Wochen die ganze Auflage kostenlos abgegeben wird. 😀
Wie groß dieser „Vorrat“ ist, erfährt man natürlich nicht. Es können zehn, aber auch zehntausend Probeabos sein. Alles in allem ist die Journaille ja in schweren Zeiten, und ich persönlich kenne nur wenig Menschen, die sich den Sonntag mit einem Blatt aus dem Hause Springer vergällen ließen. Das Tolle an diesem Satz ist, dass man jederzeit aus beinahe beliebigen Gründen die Auslieferung verweigern kann, weil ja nichts mehr da ist – ohne, dass eventuell andere Gründe für irgendjemanden transparent werden. Die können sogar nur zwanzig derartige Abos oder im Extremfall auch nur eines raushauen, aber dafür ist ein Reklametext für die „Welt am Sonntag“ neben die gewohnte Kaffeereklame auf einer Melitta-Packung gestempelt worden und als Angebot eines „Geschenkes“ getarnt worden. Und das ist ja schließlich die Hauptsache.
Vermuteter Ursprung
Ein frei erfundenes Gespräch zwischen zwei Werbern, hier einfach Alex und Bernd genannt, um nicht A und B heißen zu müssen.
Alex: „Du, Bernd, ich hab da ein Problem mit diesen ‚Brustkaramellen‘.“
Bernd: „Was denn, Alex?“
Alex: „Na, die sollen ja nur in der Apotheke verkauft werden. Ist ja auch ein toller Trick. Da denkt jeder Depp, dass die gesund sein müssten. Oder doch wenigstens irgendwie helfen. Aber für diese Dinger, die vor allem aus Zucker, Salz und Süßholzsaft bestehen, fällt mir kein Verpackungstext ein, der auch nur halbwegs gesund klingt.“
Bernd: „Schreib doch einfach, dass das Rezept alt ist und vermutlich in einer Apotheke erfunden wurde.“
Alex: „Jau, das mach ich, Bernd. Du bist mal wieder der Größte!“
So eine Realsatire kann man sich mal wieder gar nicht ausdenken. Vielen Dank für die Packung an Claudia.
Kindersaft
Immerhin, es handelt sich hier um einen Direktsaft. Es gab also nicht zwischendurch eine Eindickung zu Kindersaftkonzentrat. Allerdings scheinen Kinder eher ungeeignet für die Versaftung zu sein, wenn gleich sieben dieser Zwerge benötigt werden, um einen Liter Saft zu erhalten.
Fotografiert von Frank
Inklusive dekorativem Servierteller
Ja, ich weiß: Ostern ist jetzt schon ein paar Tage vorbei. Aber dieses Prachtstück kann ich leider erst jetzt bloggen…
Was wäre ich nur ohne die Werber? Unentwegt sind sie darum bemüht, ihre werbenden Botschaften überall draufzudrucken. Wenn Werber nicht die Verpackungen gestalten würden, denn könnte man manchmal vielleicht sogar wissen, was sich in den Verpackungen befindet.
Dies ist eine österliche Zubereitung von schokoladigen Süßwaren, oder, um es mit der Stimme des Werbers zu sagen, ein Schokonest:
Über die Absurdität des Wortes „Schokonest“ will ich mir gar nicht erst Gedanken machen. Wenn ich nur wenig Deutsch könnte, würde ich glatt glauben, dass „Schoko“ der Name eines Vogels sei. Warum auch nicht, das Deutsche kennt viele lustige Namen für Vögel, wie „Kuckuck“, „Trottellumme“ oder „Tafelente“. Da erscheint auch der Name „Schoko“ gar nicht absurd, wenn man es nicht weiß.
Aber ich weiß es ja. Und ich weiß auch, welch seltsame Symbolik mit Eiern und Hasen hier zum Osterfeste üblich ist und einen deutlichen Blick auf die hübschen Fruchtbarkeitsfeste vor der allgemeinen Christianiserung Europas gestattet.
Da interessiere ich mich mehr für die richtigen Zusicherungen auf der Packung. „Ohne Alkohol“ ist für mich eine durchaus wichtige Angabe, wenn mir jemand ein paar Tage nach Ostern so eine Packung in die Hand drückt, denn „mit Alkohol“ wären die Junkfoodeier für mich völlig inakzeptabel gewesen. Und was ich ganz toll finde: Wenn ich den Zusicherungen auf der Packung glaube, kriege ich sogar noch etwas so richtig umsonst dazu, denn diese Packung kommt „inklusive dekorativem Servierteller“. Wenn man diesen Teller so aufstellt, wie es der Werber für „dekorativ“ hält, sieht das ungefähr so aus:
Natürlich muss man sich das noch mit den eingewickelten Schokoeiern an Stelle der leeren Hüllen vorstellen. In der Tat, ein bisschen Dekoration wurde in der Packung angebracht, wie deutlich an dem aufgedruckten Grasmuster zu erkennen ist. Ob der Werber, der diese tolle Produkt- und Verpackungsidee nebst der Zusicherung auf der Packung verzapft hat, allerdings seine eigene Wohnung in diesem Stil „dekorieren“ würde, gehört leider zu den Dingen, über die sich der Text auf der Packung ausschweigt.
Fitness Waffeln
Ja, ist schon gut Werber, ich verstehe das. Wenn man in zuckrigen junk food also ein bisschen Vitamin C, Calcum und obendrauf ein bisschen Aroma von Kirschen und Joghurt tut, denn ist dieser junk food auf einmal etwas für die „Fitness“. Doch, ich glaub dir das. Echt. Das Zeug macht ganz bestimmt fitt, fast schon, als ob einer Sport triebe. Ist auch ganz bestimmt gesund, ist ja Vitamin drin. Und Calcium. Nee, echt jetzt, Werber, ich glaub dir alles. So, und jetzt nimm mal ganz brav deine Tabletten und wehr dich nicht mehr gegen die Zwangsjacke. Das mit der Spritze muss doch jetzt nicht sein. Nein, ich glaube dir. Ganz ganz echt und wirklich. Und jetzt die Tablette…
Gesehen und geknipst in einer Aldi-Filiale
Traditionell angewendet…
Manchmal sehen sich Werber vor die leidige Aufgabe gestellt, etwas als wirksam und nützlich anpreisen zu müssen, das objektiv gar nicht als wirksam und nützlich angepriesen werden kann oder darf. Hier findet dann allerlei Blendzauber mit Sprache statt, der sich zum Beispiel auf einer Verpackung so lesen kann:
Wenn man dies aus der Blendsprache der Werber in die klare Sprache zurückübersetzt, klingt es etwa so:
Traditionell angewendet – An Stelle einer zugesicherten Wirksamkeit tritt der Verweis auf eine uralte Überlieferung (die im Falle der Heilerde wirklich uralt ist). Der Anwender des Mittels soll glauben, dass diese Überlieferung aus einer Zeit mit weniger Verständnis für die Abläufe im kranken Körper Grund genug ist, eine Wirksamkeit des Mittels zu erwarten. Bleibt nur zu hoffen, dass der Anwender dieses Mittels nicht auch noch zu einem Exorzisten geht – das hat bei vielen Krankheiten ebenfalls eine uralte und in verschiedenen, voneinander unabhängigen Kulturen nachweisbare Tradition.
Mild wirkend – In vielen Fällen nicht wirksamer als ein Placebo, also seid bloß gläubig! Und glaubt daran, dass es natürlich ist, und natürlich kombiniert diesen Glauben mit dem zusätzlichen, durch die New-Age-Ideologie verfestigten Glauben, dass „natürlich“ gleich bedeutend mit „gut“ und „harmlos“ ist; im Gegensatz zu „chemisch“, was gleich bedeutend mit „schlecht“ und „giftig“ ist. Wenn nur fest genug geglaubt wird, denn wird sich die Wirkung ganz sicher noch verbessern.
Arzneimittel – Wenn man es als solches anwendet, kann man es ja auch als solches bezeichnen. Sogar bei homöopathischen Zubereitungen wird von „Arzneimitteln“ gesprochen, obwohl immer noch jeder Nachweis einer Wirksamkeit durch eine saubere Doppelblindstudie aussteht. Ein Nahrungsmittel ist es jedenfalls nicht.
Heilerde fein – Fein gemahlener, steinloser Ton.
Mit diesem ganzen Sprachblendzauber kann man es dann verkaufen.
Und ja: Ich weiß, dass fein gemahlene Tonerde eine chemisch aktive Oberfläche hat und deshalb durchaus über die Fähigkeit verfügt, Magensäure und andere chemische Substanzen an diese Oberfläche zu binden und auf diese Weise zu neutralisieren. Das kann so weit gehen, dass auf diese Weise sogar Wirkstoffe oral eingenommener Medikamente gebunden werden, wer also Tabletten nehmen muss, sollte vor der Anwendung seinen Arzt fragen. Allerdings wird bei Sodbrennen auch das ungleich billiger zu erwerbene Haushalts-Natron eine schnelle Hilfe sein, und zwar ebenfalls auf chemischem Wege. Mein Thema hier ist der Blendsprech der Werber beim Entwurf dieser Verpackung, nicht eine Kritik an der so genannten „Alternativmedizin“ – diese würde sich auch nicht so schnell „abfertigen“ lassen.