Unser täglich Spam

Aus dem Internet frisch auf den Tisch. Köstlich und aromatisch.


Tagesarchiv für den 15. Januar 2016

Neu und super: PayPal als Spamlieferant

Freitag, 15. Januar 2016

Unendlich ist die „Kreativität“ der Spammer zwar nicht beim Formulieren ihrer literarisch ungenießbaren Spams, aber sehr wohl bei der Suche nach neuen Vertriebskanälen oder für den Spamtransport missbrauchbaren Diensten.

Zurzeit scheint es Spammern zu gelingen, PayPal als Lieferanten für ihre asozialen und illegalen „Mitteilungen“ zu missbrauchen (Link auf einen englischsprachigen Text).

Es handelt sich dabei um echte E-Mails von PayPal mit einer Rechnung über null Dollar, in deren Mitteilungsfeld dann der Spamtext nebst Link auf wenig empfehlenswerte Websites zu lesen ist. Hier nur ein schnell (von mir) übersetztes Zitat aus dem oben verlinkten Blogeintrag:

Kurz gesagt, und bislang ohne Reaktion von PayPal oder irgendeinen Beleg für das Gegenteil, schaut es so aus, als diene PayPal als Auslieferungsmechanismus für Spam, die natürlich nicht als Spam erkannt wird, da sie eine „erwünschte“ E-Mail von PayPal ist. Die Mitteilung in der Rechnung ist völlig klare Spam, und das ist so gut wie sicher ein Missbrauch des Rechnungssystems von PayPal.

Ich nehme an, dass entweder für einen Absender keine Kosten anfallen, wenn er eine Rechnung über null Dollar versendet, oder aber, dass diese Kosten niedrig genug sind, dass sich solche Spam dennoch lohnt. Auf jeden Fall sollte PayPal dieses Problem in den Griff bekommen. Hierzu sei es mir erlaubt, einen Vorschlag zu machen: Wenn ein PayPal-Account massenhaft Rechnungen über null Dollar versendet, handelt es sich dabei um etwas, was wohl einen Alarm auslösen sollte!

[Hinweis via @benediktg@gnusocial.de]

Urteil I ZR 65/14 vom 14. Januar 2016

Freitag, 15. Januar 2016

Hier geht es nicht um eine Spam, sondern um ein aktuelles Urteil des Bundesgerichtshofes; der Titel des Postings ist das Aktenzeichen. Vieles an diesem Text ist Rückblick. Und zwar Rückblick in hilflosem Zorn, der mittlerweile Lust an der Zerstörung bekommt, weil andere Abhilfe nicht mehr möglich zu sein scheint.

Facebook hat vor dem Bundesgerichtshof verloren.

Der Bundesgerichtshof hat festgestellt, dass die auch immer wieder gern in fremdem Namen verfasste Spam von Facebook auch tatsächlich illegale Spam gewesen ist.

Welche Folgen hat das Urteil des Bundesgerichtshofes für Facebook?

Für Facebook hat dieses Urteil keine nennenswerten Folgen. Ein jahrelang durchgezogenes, auf klar illegalen (und damit: kriminellen sowie in ihrer Methodik von der organisierten Internet-Kriminalität abgeschauten) und zudem zutiefst asozialen Machenschaften basierendes Marketing führt in der Bundesrepublik Deutschland zu keinerlei Strafbarkeit. Die Gerichtskosten – für „normale“ Menschen sicherlich ein albtraumhafter Betrag – werden „aus der Portokasse“ bezahlt. Und sie werden selbstverständlich von der geringen Steuer abgesetzt, die Facebook in Irland zahlt. Einzige Einschränkung für Facebook: Das Unternehmen darf ab jetzt nicht mehr so vorgehen.

Um dieses Urteil zu fällen, hat das Rechtssystem der Bundesrepublik Deutschland rd. fünfeinhalb Jahre gebraucht.

Es ist im Rechtsraum der Bundesrepublik Deutschland zurzeit möglich, mit klar erkennbar illegalen Praktiken Milliardenumsätze zu machen, ohne dass das irgendeine Folge hat.

Ich finde das zum Erbrechen widerwärtig.

Worum es in diesem Verfahren und in diesem Urteil nicht ging, das sind die Speicherung und weitere Nutzung der klandestin über trojanische Apps ohne Einverständnis der Betroffenen aus Adressbüchern eingesammelten Mailadressen und weiteren personenbezogenen Daten. Diese neben der Spam ebenfalls klar illegale Praxis – zur Besänftigung der Hure Justitia, deren Waagschalen am liebsten durch Geldbündel bewegt werden: Ich bin kein Jurist und äußere diese Bewertung als juristischer Laie – kann fortgesetzt werden, damit ein Unternehmen ohne seriöses Geschäftsmodell, das mit illegalen Mitteln groß geworden ist, bei nächster Gelegenheit eine Zuordnung dieser personenbezogenen Daten zu vorgehaltenen pseudonymen Nutzerprofilen vornehmen kann, die über den so genannten „Facebook-Button“ systematisch erstellt wurden und werden. Diese illegale und zutiefst asoziale Praxis fand im Urteil des Bundesgerichtshofes nicht einmal eine Erwähnung, sie war nicht Verfahrensgegenstand. Sie kann ungestört weitergehen. Wenn irgendwann in rd. fünfeinhalb Jahren (oder vielleicht auch ein paar Jahre später) mal ein höchstinstanzlicher Richter der Bundesrepublik Deutschland feststellt, dass sie illegal ist, wird dieses Urteil ebenfalls keine Folgen haben. Weder für die Täter, noch für die Betroffenen.

Wer bei Facebook ist, ist Partner und Adressmateriallieferant eines illegal vorgehenden Unternehmens, dass aus einem durch Richterrecht geschaffenen rechtsfreien Raum heraus die Privat- und Intimsphäre von Menschen mit Füßen tritt. Ja, ich habe „Intimsphäre“ geschrieben. Das Wissen um geschäftliche und persönliche Kontakte ragt sehr weit ins Leben hinein.

Worum es in diesem Verfahren und in diesem Urteil ebenfalls nicht ging, ist die unternehmerische Ausspähung des Privatlebens von Menschen durch zur Installation angebotene (oder bei bereits bestehender Marktmacht: auf persönlichen Computern unlöschbar vorinstallierte) trojanische Apps. Es geht ebenfalls nicht um vergleichbare Machenschaften anderer Webanbieter, die vergleichbar asozial und illegal Postfächer mit Spam zuscheißen, um ihr unseriöses und menschenverachtendes „Geschäftsmodell“ voranzutreiben. Mir ist da vor allem LinkedIn sehr unangenehm aufgefallen. Auch diese Machenschaften werden also weitergehen. Nach dem gestrigen Urteil des Bundesgerichtshofes ist ja jedem klar, dass auch jahrelanges klar illegales Vorgehen keinerlei Konsequenzen haben wird.

Dieses Urteil ist ein Signal. Es sagt: Wenn du ein Unternehmen bist, das asoziale und illegale Spam als Bestandteil seines „Geschäftsmodells“ sieht, dann ist das zwar nicht gestattet, aber ansonsten zunächst völlig folgenlos. Eine Einzelfallklärung dauert viele Jahre. Ihr Ergebnis führt zu keiner Strafe, zu keiner Haftung und zu keiner nennenswerten Auflage (wie zum Beispiel einer erzwungenen Datenlöschung) und damit Einschränkung der weiteren geschäftlichen Tätig- und Tätlichkeit. Wie Unternehmen – insbesondere S/M¹-Unternehmen ohne seriöses Geschäftsmodell – mit dieser durch Richterrecht geschaffenen Rechtslage umgehen werden, ist absehbar. Wenn nicht ein Hauch lobenswerten Anstands durch die Addiermaschine weht, die dort zu sitzen scheint, wo richtige Menschen ihr Gehirn haben, ist zum Beispiel die Fortsetzung der systematischen Spamwerbung durch LinkedIn eine sichere Wette.

Dieses Urteil hat Spam und vergleichbar klar illegale Formen der Reklame im Internet gesellschaftsfähiger gemacht. Das ist eine Wirkung, die sich niemand wünschen kann.

Ich finde das – ja, ich wiederhole mich – zum Erbrechen widerwärtig.

Wer eine Welt mit weniger (oder ohne) Spam haben möchte, statt eine Welt mit immer mehr Spam, der hat in dieser vom Bundesgerichtshof hergestellten Situation nur eine Möglichkeit: Die vollständige und ausnahmslose Ächtung aller Unternehmen, die auf Spam setzen oder auf Spam gesetzt haben sowie die vollständige und ausnahmslose Ächtung aller Menschen, die diese Unternehmen mit Adressmaterial und Daten beliefert haben und weiterhin beliefern. Letzteres ist kaum durchführbar. Es bedeutet Kontaktabbruch zu jedem Nutzer eines Smartphones.

Durchführbar ist es aber, die Accounts bei Unternehmen zu löschen, die klar auf illegale und asoziale Spam als Reklamemittel gesetzt haben. Mir fallen da Facebook und LinkedIn ein. Es sind die einzigen derartigen Unternehmen, von denen ich jemals solche Spam bekommen habe.

Ich fordere jeden Menschen dazu auf, Accounts bei den Spammern Facebook und LinkedIn zu löschen, und zwar am besten genau jetzt, in diesem Moment! Wer das nicht tut, ist ein Komplize von Spammern und damit genau so schlimm wie die Spam selbst.

Facebook-Nutzer, du bist die Spam! Wenn du das nicht sein willst, hast du es in der Hand, etwas Erfreulicheres zu werden. Anleitungen, wie man den Account löscht, findest du in diesem Internet. Facebook ist da eher weniger behilflich, habe ich mir sagen lassen…

LinkedIn-Nutzer, du bist die Spam! Wenn du das nicht sein willst, hast du es in der Hand, wieder in Anstand, Würde und Ehre zu leben. Anleitungen, wie man den Account löscht, findest du in diesem Internet.

Vom Recht haben wir jedenfalls nichts mehr zu erwarten.

(Und nein, nicht ein Wort in diesem Text ist satirisch gemeint.)

¹S/M ist übrigens meine Abk. für „social media“. Aus Gründen. Wer dabei spontan BDSM assoziert, hat meine Gründe verstanden.