Unser täglich Spam

Aus dem Internet frisch auf den Tisch. Köstlich und aromatisch.


Kategoriearchiv „Social Web“

Die Erbschaft

Mittwoch, 29. September 2021

Hier geht es nicht um eine Spam, sondern um einen lesenwerten Artikel bei Tarnkappe.info.

Als unbelehrbarer „Smartphone“-Verweigerer¹ bekomme ich ja nicht mit, was es an täglich frischer Spam in den diversen Smartphone-Messagern gibt. Tarnkappe hat einen schönen Datenabgriff zum betrügerischen Identitätsmissbrauch dokumentiert, der über Telegram eingeleitet wurde, und die Geschichte ist lesenswert und stellenweise lustig. Etwa, wenn jemand, der vor sechs Jahren verstorben ist, im Chat antwortet:

Wenn ich gestorben wäre, könnte ich dir nicht schreiben

Die Geschichten sind genau so wirr wie beim Vorschussbetrug, der mit E-Mail eingeleitet wird. Und es scheint immer noch genug Menschen zu geben, die darauf reinfallen.

Der Aufforderung, doch bitte das Gehirn eingeschaltet zu lassen, wenn man das Internet nutzt, kann ich mich nur anschließen.

¹Ich kann das Wort „Smartphone“ nur in Anführungszeichen schreiben. Erstens wird es kaum zum Telefonieren benutzt, und zweitens ist nichts daran auch nur im entferntesten Sinn des Wortes „smart“, sondern es ist ganz im Gegenteil sogar ausgesprochen dumm, wenn man Geld für gängelnde und technikverhindernde Computer ausgibt, auf denen einem sogar das Recht verweigert wird, selbst darüber zu entscheiden, welche Software darauf ausgeführt wird, man aber dafür werkseitig nicht deinstallierbare Schadsoftware in Kauf nimmt. Aber die Welt ist eben reif. Sie will gepflückt werden.

Pixelfed-Spam

Sonntag, 12. September 2021

Entwurf eines Fediverse-LogosIch habe keine Lust, jetzt ausführlich zu erklären, was das Fediverse ist. Ganz kurz gesagt bildet es „Social Media“ nach, aber mit einer dezentralen Infrastruktur. Wer die Hoheit über seine Daten nicht an ein börsennotiertes Unternehmen ohne seriöses Geschäftsmodell wie Facebook, Twitter und dergleichen übergeben möchte¹, kann sich entweder selbst einen so genannten „Pod“ aufsetzen oder einen bereits bestehenden Pod verwenden, den er vertrauenswürdig findet. Die Pods können untereinander kommunizieren und implementieren die von zentralistisch organisierten Websites bekannten Funktionen in einer dezentralen Weise. Man kann also Nutzern anderer Pods folgen, ihre Beiträge sehen, sie weitertragen, damit interagieren. Diese Verteilung von Beiträgen wird „Föderation“ genannt.

Das hat seine Nachteile und seine Nachteile, aber es funktioniert. Ein sehr bekanntes Beispiel ist Diaspora, das damals als Vorlage für die Entwicklung von Google Plus gedient zu haben scheint. Weniger bekannt, aber deutlich nutzerreicher sind GNU social und Mastodon. Aus den üblichen Wahnsinnsgründen real existierender Softwareentwicklung sind die Protokolle dieser beiden Softwareprodukte inkompatibel zum protokollmäßig eigenbrötlerischen Diaspora, was ich als Diaspora-Nutzer oft ein bisschen schade finde. Aber hey! Facebook und Twitter sind ja auch nicht kompatibel, so dass man mit dem Twitter-Account keinen Facebook-Accounts folgen kann. Und dort, in der Überwachungs-, Gängel-, Zensur- und Reklamehölle, findet das jeder „normal“. Die Nutzer der kommerziellen Angebote haben ja niemals etwas anderes kennengelernt. Und woher sollten sie Vorstellungsvermögen haben? Dafür müssten sie ja wissen, was technisch möglich ist, dafür müssten sie eine gewisses informationstechnisches Grundverständnis haben. Das erhalten sie hier nicht, weder in der Schule noch durch den Journalismus noch sonst irgendwo.

Aber das sind alles ganz andere Themen für einen ganz anderen Text.

Pixelfed ist der Versuch, Instagram – von mir meist liebevoll „Finster-Gram“ genannt – im Fediverse nachzubilden. Ich kenne das originale Instagram nicht und kann daher keinen Vergleich anstellen, auch verwende ich niemals die Filter von Pixelfed, so dass sie nicht beurteilen kann², aber es ist durchaus brauchbare Software, um Bilder zu posten und die Bilder anderer Menschen zu sehen, zu kommentieren, weiterzugeben, oder sie mit einem schnellen Klick aufs ♥️ zu beherzen… tja, wenn doch nur genügend andere Leute dort wären, die es einigermaßen regelmäßig nutzten! Tatsächlich ist die Nutzung eher mau. Sehr viele Leute posten ein oder zwei Bilder und werden nie wieder gesehen. Es gibt halt auch nicht so viel narzissmusaktive Aufmerksamkeit wie bei Finster-Gram. Und noch mehr Leute wissen gar nicht, dass es Pixelfed gibt. Was kein Wunder ist, denn woher sollen sie es erfahren, wenn es ihnen niemand sagt?

Die Tagesschau – nur als ein Beispiel für viele andere journalistische Angebote – ist bei Finster-Gram, Shitter, und Fratzenbuch, den Datenstaubsaugern, Diskurszensoren, Menschenverdatern und Reklameschleudern des 21. Jahrhunderts, aber nicht im Fediverse. Menschen, die sich über journalistische Produkte informieren, bekommen zwar immer wieder einmal vom Onkel Journalist Twitter vorgelesen, um zu erfahren, was „das Internet denkt“, aber sie erfahren niemals vom Fediverse.

Und was die Menschen nicht kennen, das existiert für sie nicht.

Doch inzwischen scheint Pixelfed interessant genug für die Leute zu sein, die unsere Welt mit solchen spammigen Bildern „bereichern“:

BuyYoutubeViews -- Buy YouTube Views in Delhi NCR

BuyYoutubeViews -- Real YouTube Views in India

Ich kann gar nicht genügend Worte finden, um auszudrücken, wie wenig ich in den lezten Jahren Spam im Fediverse vermisst habe! ☹️

Was aber im Kopf eines Spammers vorgeht, der sich an „Social-Media-Flüchtlinge“ im Fediverse wendet, um ihnen künstlich-spammige Relevanzaufwertungen in Googles erfolgreichen Social-Media-Dingens „YouTube“ anzubieten, das ist von so einer beeindruckenden intellektuellen Leere und wahllos fressenden Blödheit, dass ich mich nur noch mit Grauen abwenden möchte. 🤦‍♂️️

Na, vielleicht hat dieser Hirnstummel von Spammer ja beim nächsten Mal ein bisschen mehr Glück beim Denken! 🍀️

¹Die Vergällung erwünschter Kommunikation durch im Regelfall völlig unerwünschte Reklame ist kein seriöses Geschäftsmodell, genau so wenig, wie es Werbeunterbrechungen beim Telefonieren wären.

²Ich habe doch Gimp.

Bester Erfolgs-Trick, den bisher niemand kannte

Samstag, 22. Mai 2021

Spammer's Hall of Shame

Der Twitter-Nutzer @therock79861193@twitter.com (bewusst nicht verlinkt) hat nicht nur eine unfassbar lange Ziffernfolge an seinem Twitter-Handle, die einen vermuten lässt, wie viele wegen Spam gesperrte Accounts er schon verbraten haben mag, er hat auch ein großes Mitteilungsbedürfnis. Allerdings wird er schnell festgestellt haben, dass sich auf Twitter niemand für seine automatisierten, also ohne weiteres Zutun auf das Konto flatternden rd. 9.000 Euro im Monat interessiert. 🤡️

Es ist so schade, dass keiner Interesse an Geld hat. 🤭️

Und deshalb ist dem Nutzer mit dem langen, ziffernreichen Handle nach seiner Geldmachidee eine weitere Idee gekommen, wie er denn jetzt ein bisschen Aufmerksamkeit für seine Geldmachidee erzeugen kann. Er nimmt einfach eine Liste größerer Städte der BRD und hängt die als Hashtags an seine Twitter-Spam. Für die ganzen Leute, die auf Twitter nachschauen, was in ihrer Stadt gerade so los ist. Das sieht dann so aus:

Zwei Tweets von @therock79861193@twitter.com, die einen Thread bilden -- #income #per #click = #endless #traffic = https://tinyurl.com/r4fte5eb ! !"So baust du dir trotz Krise ein automatisiertes Einkommen auf!" #Berlin #München #Hamburg #Dresden #Leizig #Hannover #Bremen #Kiel #Halle #Rostock #Hagen #Frankfurt #Oberhausen #Köln #Memmingen #Lindau weiter -- WELTNEUHEIT - noch nie dagewesen: "BESTER ERFOLGS-TRICK DEN BISHER NIEMAND KANNTE" Einer der erfolgreichsten Experten verrät, wie du locker bis zu 300,-€ pro Tag verdienst: "So baust du dir trotz Krise ein automatisiertes Einkommen auf!" #Tegernsee !! = https://tinyurl.com/r4fte5eb

Es ist so schade, dass dieser Geldverdienexperte mit seinem „automatisierten Einkommen“ so etwas nötig hat. 😁️

Übrigens kann dieser Geldverdienexperte auch eine Webseite vortrefflich und seriös ausschauend gestalten, und die sieht dann so aus:

Screenshot der Seite, die in der Spam verlinkt wurde -- Weltneuheit - noch nie dagewesen: "Mein bester Erfolgs-Trick den bisher niemand kannte" -- Einer der erfolgreichsten YouTube-Experten verrät, wie du locker bis zu 300 € am Tag verdienst. -- Geld verdienen mit Traffic! -- So baust du dir trotz Krise ein automatisiertes Einkommen auf!" -- [Ja, ich will Geld verdienen] -- Jetzt für nur 1 € + Gratis E-Book -- 14 Minuten, 28 Sekunden (heruntertickend) -- Logos von YouTube, Facebook, Instagram, Digistore 24, Amazon

Die zur Stresserzeugung langsam heruntertickende Uhr – ein reiner Javascript-Trick, mit dem man nur Unwissende beeindrucken kann – wird übrigens nach Ablauf der Zeit durch den Text „Wenige Plätze sind noch verfügbar!“ ersetzt. Nicht, dass noch jemand aus der Zielgruppe denkt: „Oh, jetzt habe ich in den fünfzehn Minuten immer noch nicht den großen Klickeknopf mit dem Mauszeiger getroffen, jetzt gibt es gar kein kostenloses Geld mehr für mich“. 🎯️

Natürlich haben weder YouTube, noch Facebook, noch Instagram, noch sonstwer, dessen Logo hier einfach benutzt wird, etwas mit dieser Seite zu tun. Aber sie müssen mit ihren flugs von einem Spammer und Betrüger von irgendwo aus dem Internet mitgenommenen Logos die Seriosität hergeben, die ansonsten „ein bisschen“ fehlen würde. 🤑️

Ich wünsche den Rechtsabteilungen der Unternehmen, deren Marke hier missbraucht und von einem Twitter-Spammer in den kriminellen Dreck getreten wurde, von ganzem Herzen viel Glück dabei, diesen bislang völlig unbekannten, aber lauthals auf Twitter piepsenden Tippgeber an der Reichwerdfront mit seinen ganz geheimen Geheim-Geldverdientipps nebst „Gratis“ E-Books für einen Euro dingfest zu machen. Macht es bitte nicht zu billig! 👍️

Ich befürchte allerdings, dass der Zugriff unter der Anschrift aus dem Impressum nicht ganz so einfach wird. Dort in Panama City sah es übrigens im Mai 2020 so aus:

Das Gebäude an der Anschrift in Google Street View

Die Vermutung, dass jemand in diesem idyllisch an der als Schnellstraße ausgebauten Avenida Domingo Diaz liegenden Gebäude ein paar Briefkästen an jeden vermietet, der dafür bezahlt, kommt mir jedenfalls nicht abwegig vor. Wenn diese Angabe im Impressum überhaupt stimmt. Was ich nicht glaube. Denn ich habe es mit Spam zu tun. 💩️

Übrigens sollte dieses Zitat aus dem Impressum für eine Seite aus Panama auch ein wenig skeptisch machen:

Die durch die Seitenbetreiber erstellten Inhalte und Werke auf diesen Seiten unterliegen dem deutschen Urheberrecht

Aber wer sich zum Impressum durchklickt, um mal zu schauen, mit wem er es überhaupt zu tun hat – es geht ja immerhin um Geld – ist vermutlich schon viel zu schlau für die Nummer, mit der dieser spammige Geldmachexperte wirklich sein Geld machen will. 🔍️

Eine Sache sollte aber jeden Menschen, auch einen sehr dummen und leichtgläubigen Menschen, sofort warnen. Warum? Weil sie so unfassbar lächerlich und dumm ist: Wer gibt hier die tollen Tipps zum automatischen Geldmachen? Es steht da ja. Einer der erfolgreichsten YouTube-Experten macht es. Und wo macht er das? Etwa auf YouTube, wo er schon erfolgreich ist und sicherlich ganz leicht eine Million Abonnenten einsammeln und betexten kann? Aber nein doch, er macht es mit billigsten Spamtricks auf Twitter. 🤣️

In die „Hall of Shame“ kommen nur die ganz Harten. Die, bei denen sich der mutige Einsatz von Technik und das Streben nach gestalterischer Exzellenz mit unfassbarer Blödheit paart. Die, bei denen die Worte erst einmal Luft holen müssen, ehe sie das Gesehene beschreiben können. Wenn du hier landen willst, Spammer, denn musst du dir schon Mühe bei deiner Müllproduktion geben…

Reichwerdspam in „gesponserten Tweets“ auf Twitter

Donnerstag, 25. Februar 2021

Geht das denn schon wieder los? 😩️

Tweet von @topinvertir, gesponsorter Tweet (also vom Verfasser bezahlte Reklame): So erzielt man ein zweites Einkommen mit einer Investition von €250 -- Über den URL-Kürzer Bitly gekürzter Link

Screenshot via @benediktg5@twitter.com.

Dieses Twitter scheint ja nicht mehr sehr wählerisch zu sein, wenn es um die Auswahl von Reklame geht, mit der die Twitter-Nutzer belästigt werden. Aber hauptsache, die Menschen, die Twitter nutzen, verbreiten keine „fake news“, denn das soll der Reklame vorbehalten sein. Möge der Pleitegeier schon bald sein Fresschen kriegen, und möge er von Twitter nichts übrig lassen! ⚰️

Übrigens, Twitter: Reklame, die ihr für eine Handvoll Geld euren Nutzern in die Timeline kippt, damit sie sehen, was sie gar nicht sehen wollen, wird kein bisschen weniger reklamig, wenn man sie als „Gesponsorter Tweet“ bezeichnet. Aber dafür zeigt dieser Schönsprech von euch sehr deutlich, wie sehr ihr die Intelligenz eurer Nutzer verachtet. 💩️

Übrigens wird die Reichwerdspam zurzeit durch Telefonspam ergänzt. Wenn jemand ungebeten anruft, ist das keine Spur seriöser als eine Spam im Posteingang. Bitte niemals darauf reinfallen! ☎️

Im Fediverse angekommen: Spam

Sonntag, 30. August 2020

Aufgrund einer Spam-Welle haben wir temporär die Federation-Verbindung zu diasporing.ch abgebrochen. Wir haben die betroffenen Accounts der Betreiberin gemeldet und warten auf Feedback zur vollständigen Analyse und Behebung. Leider blockiert das mit Sicherheit nun auch echte Accounts und Inhalte werden deswegen nicht/deutlich verspätet ankomme – aber wir können nicht den ganzen Tag nur Spam löschen.

Due to a wave of spam, we temporarily blocked inbound federation connections form diasporing.ch. We’ve reported the issue to the podmin, and are awaiting feedback. We’ll unblock the connection once the podmin has signaled they fixed the issue. Sorry to the real accounts that can now currently no longer communicate with Geraspora users, but we can’t sit here and remove spam all day long.

Mitteilung der Betreiber des Diaspora-Pods Geraspora vom heutigen Tag.

Spammer machen alles kaputt. Und es ist ihnen egal. 🙁

Leseempfehlung

Donnerstag, 23. Juli 2020

Keine Spam, nur eine kurze Leseempfehlung.

Wenn man ans Geld denkt, kommt meist das kritische Denken zu kurz. Geld ist eine Art Gift für Gehirn und Psyche. Bei Heise Online gibt es ein schmerzhaftes und hoffentlich abschreckendes Beispiel. 🤑

Bitcoin-Betrugsopfer:
„Bei ‚Elon Musk‘ waren alle Warnlampen aus“

[…] hat meine Kreditkarte nicht mehr als 2.500 Euro zugelassen. Wären 10.000 Euro möglich gewesen, hätte ich auch 10.000 Euro hergegeben […]

Bitte in diesem kalten Zeitalter der Empathielosigkeit nicht vorschnell lachen! Wenn die passenden psychischen Knöpfchen im richtigen Moment gedrückt werden, können erstaunlich viele Menschen von ihrem Geld getrennt werden, darunter auch formal gut gebildete Menschen. Ein hochmütige Haltung „So etwas könnte mir nie passieren, ich bin doch kein Idiot“ verbessert sogar die Chancen der Betrüger¹… und ein geschickt vorgetragener Betrug sieht für sein Opfer anfangs immer seriös aus. Nicht alles ist so plump und an Naive und Dumme gerichtet wie der Vorschussbetrug aus der täglichen Spam, den ich hier so gern verspotte. Nicht die Opfer eines Betruges gehören verurteilt und bloßgestellt, sondern die Täter. Denn diese sind asozial, egoistisch und widerlich.

Immer, wenn das Angebot angeblich knapp ist, wenn man unter Zeitdruck handeln soll, wenn man im Voraus bezahlen soll und es dafür etwas umsonst oder ungewöhnlich billig gibt (im Härtefall gibt es Geld, aber es werden auch teure Güter für einen solchen Betrug verwendet), hat man es mit wenig erfreulichen Machenschaften zu tun. Wenn auch noch ein anonymisierendes technisches Medium dazu kommt, kann ich nur raten: Finger weg! Mit Geld kann man schönere Dinge anfangen, als Kriminellen ihren verfeinerten Lebensstil zu finanzieren.

¹Was die Chancen eines Betrügers verschlechtert, ist ein stets am Denken beteiligtes Wissen, dass Geld ein Gift für Gehirn und Psyche ist – und größtmögliche Skepsis, wenn unter Zeitdruck für einen angeblichen Vorteil Vorleistungen erbracht werden sollen. Es schützt übrigens auch vor so mancher Reklamemasche. Werbung und Betrug sind in ihrem Sein und in ihrer Wurzel so wesensverwandt, dass ziemlich ähnliche Techniken angewendet werden.

Vorschussbetrugseinleitung des Jahres

Donnerstag, 16. Juli 2020

Tweet von @TwitterSupport@twitter.com, verifizierter Kanal, vom 15. Juli 2020, 23:45 Uhr – der Original-Tweet ist inzwischen gelöscht:

 -- I am giving back my community due to Covid-19! All Bitcoin sent to my address below will be send back doubled. If you send $1000, I will send back $2000! -- Bitcoin-Adresse -- Only doing this for the next 30 Minutes! Enjoy!

Der überlagerte Schriftzug „SPAM“ ist natürlich von mir, um die Verwendung dieses Screenshots in einem immer noch laufenden Vorschussbetrug zu erschweren. Ich bin nicht so gern Bildhoster für Verbrecher. 😉

Wer hätte gedacht, dass die Zentralisierung der Kommunikation über die Websites irgendwelcher Unternehmen ohne seriöses Geschäftsmodell eine ganz schlechte Idee ist? Doch nur ein Mensch mit Gehirn. Ohne Gehirn kann man da ja gar nicht drauf kommen. Wenn Social-Media-Websites gecrackt werden – von Crackern natürlich, denn ihr wisst ja, die cracken nun einmal – dann bieten eben auf einmal Bill Gates, Elon Musk, Jeff Bezos, Apple und Uber eine leicht zu nutzende Geldsteckdose zum Verdoppeln von Bitcoin an. Natürlich stimmt das nicht, und natürlich handelt es sich bei diesen Tweets um Fälschungen eines Kriminellen, der bis jetzt allein über diesen Angriff einen sechsstelligen Dollarbetrag erschwindelt hat. Was er an weniger auffälligen Angriffen laufen hat, weiß ich nicht, aber dass dieser Kriminelle beinahe Vollzugriff auf Twitter hat, ist wohl offensichtlich, und er wird schon etwas damit anzufangen wissen.

Welche teilweise weit in die Privat- und Intimsphäre ragenden Daten bei diesem Angriff auf Twitter mitgenommen wurden, erfahren wir wohl erst in den nächsten Tagen. Oder es wird verschwiegen. Jenen, die das Versprechen Twitters von „sichereren Twitter“ dank Zwei-Faktor-Authentifizierung geglaubt haben und die brav ihre Telefonnummer angegeben haben, gratuliere ich recht herzlich. Wie man an den Übernahmen verifizierter Accounts sehen kann, hat die Zwei-Faktor-Authentifizierung nicht vor einer kriminellen Übernahme des Accounts geschützt, sondern nur eine Telefonnummer gegenüber einem datensammelnden Dritten in börsennotierter Reklamevermarktungslogik preisgegeben. Ist ja schön, wenn mal wieder jemand anruft. Und mit einen bisschen Glück sind die ganzen vom Wischofon mitgenommenen Daten – ihr habt ja alles nichts zu verbergen gehabt und hattet deshalb niemals Probleme mit trojanischen Apps wie der Twitter-App – ebenfalls in den Händen von Verbrechern und werden sicherlich demnächst auf den üblichen Marktplätzen für Verbrecher verhökert. Tja, wenn euch doch nur vorher jemand gewarnt hätte! Und die Smartphones sind ja so toll. Wenns Internet im Handy ist, ists Gehirn im Arsch. 📱🧠🔥

Ich finde es übrigens schade, dass beim Vorschussbetrug nicht für unterschiedliche Twitter-Kanäle unterschiedliche Bitcoin-Wallets verwendet wurden. Eine kleine Statistik aus der Alltagspraxis, wessen Follower wie naiv und leichtgläubig sind, wäre schon sehr interessant gewesen – und nicht besonders schmeichelhaft für Apple, nehme ich mal an. :mrgreen:

Den USA wünsche ich viel Spaß bei ihrem Twitter-Wahlkrampf zur Präsidentenwahl im November. Angesichts des sehr banalen Betruges kann der Crackerangriff auf Twitter wohl nicht so schwierig gewesen sein… und inzwischen läuft ja auch ein Großteil der politischen Kommunikation über diese Social-Müll-Dienste. :mrgreen: