Vorab: Diese Mail kommt von keinem Anwalt, sondern von Verbrechern. Sie enthält Schadsoftware im Anhang – oder zumindest einen Versuch, im Anhang Schadsoftware zu transportieren. Den Anhang nicht öffnen! Die Mail löschen! Durchatmen! Lächeln! Es ist ein schöner Sommerabend…
Absender des kriminellen Bullshits ist „Anwalt Christina Müller“ mit der zum Zwecke der Mitteilung eines Juristen wenig überzeugenden Absenderadresse lessthanfrank (at) hotmail (punkt) com
. Die Spam wurde wirklich über eine Microsoft-IP versendet, von daher scheint hier eine Hotmail-Adresse aktiv für Spam missbraucht zu werden. Meine Abuse-Mail an Microsoft ist natürlich schon draußen, aber viele tausend Spams sind wohl auch schon draußen, und das ist ganz sicher nicht die einzige Mailadresse, die von den Spammern benutzt wird. Microsoft hat sich auch schon mechanisch bei mir bedankt… 😉
Guten Tag,
Wir haben keine verdammte Ahnung, wie die Empfänger heißen. Das ist sicherlich etwas erstaunlich, denn wir sind…
unser Anwalt-Büro wurden [sic!] heute am 01.07.2013 vom Unternehmen Apodiscounter Online GmbH AG gebeten Ihre finanziellen Interessen in Ihrem Fall zu schützen.
…ganz wichtige Anwälte (ohne Kanzlei, ohne Homepage, ohne Anschrift), die sicherlich eine Sache gegen eine Person haben und nicht gegen eine Mailadresse. Das eine oder andere Komma fehlt uns auch manchmal, aber das fällt ja kaum noch auf.
Sie erhalten dieses Schreiben als letzte Möglichkeit Ihre ausstehende Rechnung zu begleichen. Danach wird ohne weitere Schreiben ein Gerichtsverfahren gegen Sie angestrebt.
Als so richtig tolle Anwälte wissen wir natürlich nicht, was ein gerichtliches Mahnverfahren ist und sprechen deshalb von einem „Gerichtsverfahren“. Weil wir eben so richtige Spezialexperten sind. Das macht aber nichts, denn die meisten Menschen in Deutschland sind juristisch völlig ungebildet und lassen sich von solchen Ankündigungen auch dann noch erschrecken, wenn der Substanzmangel im betrügerischen Versuch derart gravierend ist, dass man vor Lachen kaum noch atmen kann.
Mit dem online abgeschlossenem Vertrag vom 29.05.2013 haben Sie sich rechtlich verpflichtet [sic!] die Summe in Höhe von 393,00 Euro an Apodiscounter Online GmbH AG zu überweisen. Die Lieferung erfolgte an die angegebene Adresse und ist nachweisbar.
Toll, die haben eine „angegebene Adresse“, aber da ist mein Name nicht dabei. Das muss wohl ein Postfach sein. Aber „nachweisbar“ ist das.
Kosten unserer Beauftragung und die gesetzlichen Verwarnungen:
21,00 Euro (Pauschale nach § 9 Abs. 1 und 2)
17,00 Euro (Leistungen nach 2112)
„Leistungen nach 2112″ finde ich besonders „gut“ gelungen. Was soll das denn sein? Meint ihr vielleicht den §2112 BGB mit dem Verfügungsrecht des Vorerben? Oder ist das so etwas ähnliches wie 4711, nur nicht annähernd wohlduftend?
Die Rechnung haben Sie bis heute nicht an das Konto von Apodiscounter Online GmbH AG übertragen. [sic!] Außerdem sind Sie gezwungen [sic!] die Ausgaben unserer Beauftragung im vollen Umfang zu bezahlen.
Genau richtig für Leute, die Rechnungen nicht bezahlen, sondern einfach übertragen – und aus diesem Grunde weder eine Bankleitzahl noch eine Kontonummer benötigen.
Wir bitten Sie, den fälligen Betrag in Höhe von von 534,79 Euro so bald wie möglich auf das Bankkonto von Apodiscounter Online GmbH AG zu überweisen.
Hui, ein Anwaltsschreiben, das mir ein „Gerichtsverfahren“ androht, aber keine Fristsetzung enthält. Wie überzeugend!
Aber dafür lernen wir jetzt mal, wie diese Spezialanwälte rechnen. Denn das ist ganz großes Kino. Zum Rechnungsbetrag von 393 Euro kommen einmal 21 Euro Pauschale für Bullshit und einmal 17 Euro für 4711 oder eine andere Ziffernfolge. Das wird dann fröhlich in folgender Weise addiert:
393,00
+ 21,00
+ 17,00
--------
534,79
Sollten hier Schüler der dritten Klasse mitlesen, die ihre im Rechenunterricht erworbenen Kenntnisse einmal praktisch einsetzen wollen: Findet den Fehler in dieser Rechnung und führt sie richtig aus. Wenn ihr alles richtig gemacht habt, müsste dabei 431,00
herausgekommen sein. Ihr seid im Rechnen qualifizierter als diese „Anwälte“, die zwar auf einen in Gelddingen machen, aber mit einfachem Addieren so überfordert sind, dass sie sich um 103,79 Euro verrechnen. 😯
Die Kontonummer und weitere Einzelheiten Ihrer Bestellung sind im Anhang. Für den Eingang des Betrags setzten wir Ihnen eine letzte Zeitfrist bis zum 08.07.2013.
Ach, da ist sie ja, die Frist. Wie niedlich, wenn auch etwas sittenwidrig kurz gesetzt. Und alles Weitere gibts im Anhang, den man jetzt möglichst schnell, am besten in gedankenloser Panik, aufmachen sollte. Der besteht übrigens bei meinem Exemplar des Bullshits aus einem ZIP-Archiv, in dem ein kaputtes [!] ZIP-Archiv liegt. Ob hier ein Fehler eines gängigen Unzippers ausgenutzt werden soll, oder ob die Skriptkünste der Verbrecher beim Kampf gegen die Antivirusprogramme einfach mal wieder versagt haben, kann ich natürlich nicht beurteilen. Der für mich völlig funktionslose Müll wird zurzeit nur von einem Zwanzigstel der gängigen Virenchecker als möglicher Schädling erkannt.
Typischerweise kommen solche Mails mit einer ausführbaren Datei für Microsoft Windows im Anhang – und wer die unter Microsoft Windows öffnet, der hat hinterher einen Rechner anderer Leute auf dem Tisch stehen, und diese Leute führen nichts Gutes im Schilde…
Mit verbindlichen Grüßen
Christina Müller Anwalt Buro [sic! Ohne ü.]
Unter Erbietung meiner vorzüglichsten Hochachtung
verbleibe ich als Ihr
Nachtwächter
Nach Diktat verreist
(Deutsche Übersetzung der Grußformel: Leck mich dort, wo die Sonne nicht hinscheint, Idiot!)