Unser täglich Spam

Aus dem Internet frisch auf den Tisch. Köstlich und aromatisch.


Kategoriearchiv „Print“

Die sparsame Alternative

Mittwoch, 4. Juli 2007

Man kann Menschen eine Menge erzählen, wenn man einen hinreichend großen Etat für Werbung hat. Oft hat diese moderne Fabulier- und Erzählkunst, wenn sie gut durchgeführt wird, sogar eine Wirkung; viel zu häufig glauben Menschen denn, dass es stimme, was da erzählt wird. Man kann den Menschen sogar erzählen, dass etwas „sparsam“ ist – dieses Wort ist ja immer recht relativ zu sehen. Ein Space Shuttle ist zum Beispiel relativ „sparsam“, wenn man ihn dem Konzept einer konventionellen Rakete gegenüber stellt…

Aber um Weltraumfahrt geht es hier nicht, sondern ums Heizen. Man kann den Menschen nämlich auch erzählen, dass elektrisches Heizen eine „sparsame Alternative“ sei – wenn man verschweigt, zu welcher anderen Form es denn nun die Alternative sein soll.

EVO (R) - Die Elektroheizung - Die sparsame Alternative

Es gibt dann vielleicht sogar Menschen, die das glauben, was da als ganzseitige Reklame in der Postwurfsendung „Einkauf Aktuell“ mit mechanischer Routine in den Briefkasten geworfen wird. Diese Menschen fragen sich denn auch nicht mehr, wie es sparsam sein kann, wenn man etwas irgendwo verbrennt, mit einem Wirkungsgrad von weniger als 100 Prozent in Elektrizität umwandelt, unter beachtlichen Verlusten über ein Leitungsnetz transportiert, um es schließlich durch so etwas ähnlichem wie einen Kurzschluss wieder in Wärme zu verwandeln. Diese Menschen fragen sich denn eben so wenig, ob eine direkte Verbrennung – mal so rein logisch betrachtet – nicht vielleicht ein bisschen günstiger und damit sparsamer sein sollte.

Natürlich beugt eine derartige Werbung auch einem solchen Gedanken vor, indem sie entsprechende Symbolbilder einbettet…

Symbolbilder für den elektrischen Strom

…die in ihrem kühlen blauen Farbton und in ihrer Themenwahl jeden Gedanken daran vergessen machen, dass ein erheblicher Teil des elektrischen Stromes immer noch durch Verbrennung erzeugt wird. Auch der nahe liegende Gedanke an die Kernkraft wird von diesen Bildern völlig vermieden. Sonst merkt vielleicht noch jemand, wie absurd die Idee einer elektrischen Heizung ist; ja, vielleicht merkt sogar jemand, dass die postulierte „Sparsamkeit“ und „Alternativität“ einer solchen Heizung sehr relativ – nämlich im besten Falle relativ zu anderen Formen des elektrischen Heizens – zu betrachten ist.

So ein Werber weiß eben, was er tut. Er weiß, was er zu verschweigen hat, und er weiß auch, was er so in Bildern zu sagen hat, dass niemand daraus den Vorwurf irre führender Information herleiten kann. Dass so ein Werber weiß, was er tut, das ist der tiefere Grund dafür, dass ich jeden Werber hasse.

Aber so ein Werber weiß natürlich noch etwas. Er weiß, dass es bei der postulierten Sparsamkeit auch auf ein paar Zahlen ankommt, und unser Werber hat auch ein paar Zahlen ausgegraben und visualisiert:

Elektrisch heizen ist nicht teuer. Dies wird hier mit der Energiepreisentwicklung aus ein paar Zahlen der Europäischen Kommission belegt, die allerdings nur bis zum Jahr 2001 reichen, da leider leider keine offiziellen Zahlen für den Zeitraum von 2002 bis heute vorliegen...

Tja, wenn man so sieht, wie Gas und Öl immer teurer werden, während der Strompreis erfreulich konstant bleibt, denn fragt man sich unwillkürlich, warum einem die Stromkosten in den letzten Jahren langsam auffraßen. Aber zum Glück gibt es da noch etwas Kleingedrucktes, dem man entnehmen kann, dass diese Zahlen nur bis zum Jahr 2001 reichen. Und – welch Jammer! – offizielle Daten der Europäischen Kommission für den jüngeren Zeitraum liegen gar nicht vor. Auf andere offizielle Daten – etwa des Bundesamtes für Statistik – wurde lieber verzichtet, damit der gewünschte EIndruck in dieser Werbung bestehen bleibt.

Und ebenfalls wurde auf jede Erwähnung der Tatsache verzichtet, dass sich die großen Stromkonzerne seit ein paar Tagen – übrigens dank einer europäischen Regelung – ihre Preisgestaltung nicht mehr vom jeweiligen Staat genehmigen lassen müssen. Schließlich ist das hier kein politisches Magazin und auch nicht so recht eine Information für Verbraucher, sondern eine Reklame. Und die weist lieber auf andere Vorzüge hin:

Bei EVO-Elektroheizungen entstehen keine Nebenkosten wie zum Beispiel Bevorratung, Wartung, Reparaturen...

Das ist doch wirklich tröstlich, oder? :mrgreen:

Und deshalb sollen die Menschen jetzt unbedingt damit beginnen, elektrisch zu heizen, egal, ob sie ihren Wohnquader umbauen, renovieren oder gerade neu errichten:

Ideal für Umbau, Renovierung, Neubau.

Gerade bei einem Neubau sollte unbedingt auf ausschließlich elektrisches Heizen gesetzt werden. Die großen Stromkonzerne werden es Ihnen danken.

Gegen Weltmangel

Sonntag, 24. Juni 2007

Wir leiden ja alle darunter, dass uns so schnell die Welt ausgeht . Wie gut, dass die Werber da Abhilfe leisten und uns „jede Woche eine neue Welt“ versprechen:

Tchibo - Jede Woche eine neue Welt - Hier gilt leider nicht die Angebotsgarantie

Der claim von Tchibo ist ja in seiner kecken, geisteskranken Anmaßung, das eigene Tinnef-Angebot mit der Welt zu verwechseln, schon schlimm genug. Aber auch die Einschränkung in diesem speziellen Druckwerk will dazu genossen sein: „Hier gilt leider nicht die Angebotsgarantie“.

Die Werber merken offenbar nicht einmal mehr, was für ein unfreiwillig komisches Gebrabbel aus ihren Texten zu sprechen beginnt, wenn man sie nur liest. Eine Werbe-Realsatire, wie sie einem nur selten aus dem Müll angrinst.

Quelle des Scans: Postwurf-Werbung von Real für die KW 26/2007.

Positronen

Freitag, 8. Juni 2007

Enercity - positive energie - Die Marke der Stadtwerke Hannover AG

Wollen die Stadtwerke Hannover AG jetzt etwa dazu übergehen, an Stelle der bisherigen Elektronen Positronen an die hannöverschen Haushalte zu liefern? Ist das der Sinn des in modernen Kleinbuchstaben gehaltenen Claims „positive energie“? Das würde wegen des hohen technischen Aufwandes einer solchen Auslieferung auch die ansonsten eher willkürlich anmutenden, deftigen Preiserhöhungen dieses Unternehmens erklären. :mrgreen:

Wahnsinn!

Mittwoch, 6. Juni 2007

Ein kleines, dummes Quiz: Was ist wohl das häufigste Wort in diesem Postwurfmüll, den der Billigramscher Discounter Plus mit den glubschäugelnden „kleinen Preisen“ zurzeit auf die hilflosen Briefkästen loslässt?

Wahnsinn

Wahnsinn

Wahnsinn

Wahnsinn

Wahnsinn

Wahnsinn

Wahnsinn

Genug davon, sonst werde ich noch wahnsinnig. Ich wusste ja schon immer, dass der Preisdrückerei um jeden Preis etwas wahnhaftes anhaftet, aber dass ich mal erleben werde, dass das so offen eingestanden wird…

extra extrem!

Montag, 28. Mai 2007

extra extrem!

Dies ist nicht etwa ein extra kreatives Flugblatt, das zu einem extra extremistischen Widerstand gegen den kommenden „G8-Gipfel“ aufrufen will. Nein, es ist der Versuch eines Prospektes von extra, im vom Werbemüll überquellenden Briefkasten ein wenig Aufmerksamkeit an sich zu reißen.

Ob eine solche Wortwahl wohl eine gute Idee des Werbers war?

Ohne Fett

Donnerstag, 24. Mai 2007

Die „Katzen Pfötchen“ der Firma Katjes erfreuen in ihrer Verpackung nicht nur durch ein fröhliches Deppen Leer Zeichen in der Produkt Bezeichnung und das alles in allem zutreffende Versprechen, dass sie „weich und würzig“ seien. Sie haben darüber hinaus auch ein ganz besonders herausragendes Merkmal…

Weich und Würzig und OHNE FETT

…sind sie doch explizit angepriesenermaßen ohne Fett.

Was hat den Werber wohl geritten, der sich die Anpreisung dieses völlig unerwarteten Merkmales auf der Produktverpackung ausdachte? Hat der Werber etwa gedacht, dass Lakritzprodukte wegen ihrer besonderen Fettigkeit gefürchtet seien? Oder hat er einfach nur geglaubt, dass die Konsumenten glauben, dass Fett nun einmal fett mache und deshalb darauf hingewiesen, dass keinerlei fett machendes Fett in dieser verlockenden Tüte sei?

Klar, da kann Mitmensch Verbraucher mit Fettangst gleich mit diesem komischen blauen Smiley grinsen, der ja auch nur die Worte „Ohne Fett“ dort trägt, wo eigentlich ein Gesicht, vielleicht sogar eine Persönlichkeit sein sollte. Da ist kein bisschen Fett drin, so dass man wohl nicht fett davon werden kann.

Ich habe gleich mal nachgeschaut, ob das stimmt. Schließlich müssen in der Europäischen Union ja alle Inhaltsstoffe auf der Verpackung aufgeführt werden, und zwar in der absteigenden Reihenfolge ihrer Anteile am Produkt. Und es stimmt, von Fett ist dort nicht die Rede, sondern von

Zucker, Glukose-Fruktose-Sirup, modifizierte Stärke, Süßholzsaft (7%), brauner Zuckersirup, Salmiaksalz, natürliches Aroma […]

Was lernen wir daraus? Sowohl der Zuckeranteil als auch der Anteil von Glukose-Fruktose-Sirup liegen über sieben Prozent. Es befinden sich allein durch diese beiden Zuckerformen mindestens 14 Prozent Zucker in der leckeren Süßigkeit, dazu kommt noch eine unbekannte Menge braunen Zuckersirups. Die Stärke ist natürlich noch einmal eine Kalorienbombe für sich. Aber wenigstens ist kein fett machendes Fett drin, das ist ja die Hauptsache.

Meinte jedenfalls der Werber beim Entwurf der Verpackung.

Und immerhin, er hat mit seiner Aussage nicht einmal gelogen. Er hat einfach nur desinformierenden Unsinn verbreitet, indem er die Aufmerksamkeit auf eine sinnlose Information richtete.

Telefon-Terror-Bonus

Montag, 14. Mai 2007

Sammeln Sie Bonuspunkte! Telefonterror lohnt sich! Bonus!

Aus einer aktuellen Postwurfsendung von Wienerwald, die zurzeit in Hannover die Briefkästen verstopfen hilft.

Mit „Telefonterror“ ist hier allerdings nicht die unerbetene telefonische Belästigung irgendwelcher Zeitgenossen gemeint, sondern die von den Angerufenen sehr wohl erwünschte telefonische Bestellung des gehobenen Schnellfraßes. Wieso sich das anrufen da lohnt? Weil man voll das dicke Geschenk nach der zehnten Bestellung absahnen kann. Schön auf dem Stuhl festhalten! Es gibt eine „Hendlbox Single“, und zwar ganz für umsonst. Das ist doch umwerfend, oder? 😆

Da haben die sich aber mächtig ins Zeug gelegt, um den Kunden solche Geschenke anbieten zu können. :mrgreen:

Dafür müssen es aber wirklich zehn Bestellungen mit einem Preis von mehr als fünf Euro sein. Diese Bedingung gibt dem Lese- und Zahlenkundigen doch noch eine kleine Frage auf, heißt es doch an einer anderen Stelle des gleichen Werbemülls, dass der Mindestbestellwert bei sechs Euro liege:

Mindestbestellwert 6,- €

Aber auf so einen Lese- und Zahlenkram kommt es in so einem schönen, aufwändig gedruckten und bunten Prospekt gar nicht an. Da müsste man ja auch annehmen, dass die „Zielgruppe“ des Rechnens mächtig wäre.

Wie „schön“ sich doch immer wieder in der Werbung zeigt, wie sehr die Werber die Empfänger ihrer Machwerke verachten.

Der Wert der „Freundschaft“

Montag, 30. April 2007

15 Euro - Ihr Gutschein für jeden neuen Kunden - Freunde werben Freunde

Die Frage, welchen Wert so etwas wie Freundschaft haben könnte, haben die Menschen verachtenden und asozialen Werber schon längst für sich entschieden, und zu viele Menschen scheinen dieser Entscheidung zu folgen. Dass Menschen noch so etwas wie Beziehungen untereinander haben, ist aus der Sicht der Werber vor allem ein möglicher und nutzbarer Vertriebskanal. Deshalb dieses exemplarische Angebot eines Gutscheines über 15 Euro, der in hässlichen Tinnef umgesetzt werden kann. Dieses Angebot ist nur ein Beispiel für viele vergleichbare Beglückungsideen aus der Werbung, die vom aufgeschwatzten Zeitungsabo über eingeblendete Werbung in persönlichen Websites bis hin zur Bezahlung für verstecktes Produkt-Blogging reichen. Es stammt aus dem aktuellen Katalog „Die moderne Hausfrau“.

Es handelt sich um eine Aufforderung an die Leser, ihre persönlichen Beziehungen zur eigenen Bereicherung auszubeuten, damit sie in den „Genuss“ eines solchen „Gutscheines“ kommen. Es ist eine Aufforderung, menschliche Beziehungen unter dem Aspekt wirtschaftlicher Vorteile zu betrachten, und dies selbst dann noch, wenn diese Vorteile von lächerlicher Winzigkeit sind. Es ist eine Aufforderung, für einen geringwertigen Lohn zum Schergen von Werbern zu werden, die ihr Menschenbild in solchen Aktionen deutlich genug offenbaren.

Verglichen mit anderen Formen der Werbung kommen auch die Werber in diesem Beispiel sehr günstig weg, da sie nur im Erfolgsfall etwas bezahlen müssen. (Die halbe Seite in einem Katalog hat keine großen zusätzlichen Kosten verursacht.) Und die Bezahlung liegt keineswegs bei 15 Euro, sondern beim viel geringeren Einkaufswert des Tinnefs für einen Großabnehmer – das wird hier als „Gutschein“ verklausuliert, den man natürlich nur beim Anbieter gegen Waren zum dortigen Preis eintauschen kann. Diese Bezahlung wird auch nur dann fällig, wenn aus einem „Freund“ ein „neuer Kunde“ geworden ist.

Für andere Formen der Kundengewinnung müssten die Werber für einen einzigen „neuen Kunden“ ganze Bäume in hochglanzbedrucktes Papier verwandeln, das sie auf allen möglichen und unmöglichen Wegen vor die Augen der Kauftrottel stellen. Oder unter hohen Kosten allgegenwärtige Plakate in die Landschaften stellen. Oder Fernsehwerbung machen und zum hohen Preis ausstrahlen lassen. Eben die normale Schrotmunition verwenden, mit der die Werbung Menschen „erlegen“ will. (Wer das Wort „erlegen“ hier zynisch findet, beachte bitte: Das Wort „Zielgruppe“ ist ein Wort der Werber, die Menschen sind also „Ziele“ wie die gehetzten Jagdtiere oder die Angehörigen feindlicher Truppen.) Die Beziehungen der Menschen untereinander sollen hier als Präzisionswaffe für den gezielteren und treffsichereren und damit billigeren Angriff der Werbung dienen.

Wer darauf anspringt, verkauft das, was hier zum Hohn von den Werbern auch noch „Freundschaft“ genannt wird. Und zwar zu einem äußerst billigen Preis. Er zeigt damit auch, was ihm „Freunde“ wirklich bedeuten.

Dass solche Werbeaktionen immer wieder durchgeführt werden, zeigt, dass viele Menschen zu einem solchen Verkauf bereit sind – sonst gäbe es solche Werbeaktionen nicht. (Es ist in meinen Augen übrigens kein Zufall, dass sich solche Aktionen vorwiegend an weibliche Leser richten und deshalb vor allem in Medien mit weiblicher „Zielgruppe“ auftauchen, aber das ist noch einmal ein ganz anderes, ebenfalls sehr kaltes Feld.) Jede derartige Werbeaktion ist ein trauriges Spiegelbild des gegenwärtig über die Gesellschaft ablaufenden Prozesses, der zu einer Bewertung von Menschen nach ausschließlich wirtschaftlichen Gesichtspunkten führt.