Diese herzgekrönte Marke vor dem etwas naiv gezeichneten Höflein soll uns nicht etwa einen Urlaub auf dem Bauernhof schmackhaft machen. Nein, sie entstammt einer Postwurfsendung von Aldi, die zurzeit die realen Briefkästen belastet. Dort nimmt sie eine ganze Seite des Prospektes ein, und dort platziert, soll sie den Menschen sabbernden Appetit auf das Skandal-Lebensmittel Nummer Eins machen, auf Fleisch:
In der Tat, das zugeordnete Bild erinnert so wenig an die herzkalten Lebensbedinungungen für die Fleischzwecktiere in der Massentierhaltung und es erinnert auch nicht an monströse, mechanische Schlachthöfe voller todgeweihter Tieraugen, so dass man in diesem Anblick fast schon wieder vergessen kann, wie das Fleisch unter den Bedingungen des derzeitigen gesellschaftlichen Prozesses wirklich produziert wird. Was die Grafik – und damit den am stärksten affektiv wirksamen Bestandteil dieser Massenpest der Briefkästen – betrifft, haben sich die Werber also recht erfolgreich der ihnen gestellten Aufgabe entledigt.
Im gesamten Text dieses Druckwerken ist jedoch den Werbern ein anschauliches Beispiel dafür „gelungen“, wie man auf einer ganzen, aufwändig gestalteten Seite voller vorgeblicher „Kundeninformation“ mit sehr vielen Worten nichts sagen kann. Ja, tatsächlich, der gesamte Text enthält überhaupt keine für den Kunden relevante Information. Dafür enthält der Text jedoch viele Phrasen, die mit geringem Erfolg vorgeben, eine Information zu transportieren.
Eine solche Vorgehensweise ist für die „Informationen“ in der Printwerbung so typisch, dass ich sie an diesem sehr durchsichtigen Beispiel einmal näher betrachten möchte. Wer erst einmal einen Blick dafür bekommen hat, wird die schlichte Vorgehensweise in anderen „informativen“ Texten in der Werbung leicht wiedererkennen.
(Wenn etwas in einer Werbung wirklich informativ ist, wird es in aller Regel klein gedruckt, als müsse man sich dafür schämen und es gewissermaßen flüstern. Auch darin zeigt sich der wahre Charakter einer Werbung als Versuch, die Menschen aus der „Zielgruppe“ übern Tisch zu ziehen.)
Zunächst gibt es einen rot gedruckten Text, der ja durch die Signalwirkung dieser Farbe Wichtigkeit transportieren soll. Er soll näher erklären, was es mit diesem „QS – Ihr Prüfsystem für Lebensmittel“ nun eigentlich auf sich hat.
Das ist auch unbedingt erforderlich, erinnert doch das eigens für diese nicht mehr so frische Werbeidee entworfene Zeichen eher ans Recycling als an Produkte, die man sich mit Genuss in den Mund schiebt. Eine solche Assoziation ist zwar recht passend, wenn man kurz an die Gammelfleisch-Skandale denkt, die vor einiger Zeit zu einem medialen Sturm im Wasserglas geführt haben; sie ist aber überhaupt nicht verkaufsfördernd. Deshalb kommt dazu noch die folgende Erläuterung:
Das übersetzt sich ganz einfach in die deutliche Sprache. Nur Fleisch, dass nach den von Aldi „QS-Kriterien“ genannten Vorgaben produziert wird, trägt auch das „QS-Siegel“, das sich die Werber von Aldi ausgedacht haben. Und deshalb sollen die Käufer auf das originale Aldi-Prüfzeichen achten, wenn es auf Produkte gedruckt wurde. Dort können die Kunden mit Sicherheit einen gewissen Genuss haben.
Bei solchem Text fragt sich der Denkende unwillkürlich, was denn nun diese ominösen QS-Kriterien sein sollen. Der Text gibt vor, darüber Aufschluss zu geben, und das sieht in einer kleinen Stichpunktliste denn so aus:
Wie man sieht, wird für diese „QS-Kriterien“ ganz viel „kontrolliert“. Aber die Tatsache, dass da etwas kontrolliert wird, ist an sich völlig aussagelos, wenn dabei verschwiegen wird, was genau kontrolliert wird und was bei diesen Kontrollen heraus kommt. Der Verweis auf die ominösen QS-Kriterien ohne weitere Information zu ihren Inhalten ist da wenig aufschlussreich. Kurz gesagt, in diesen fünf Punkten steht ein grafisch ansprechendes, mit vielen Worten aufgeblähtes Nichts.
Aber es gibt natürlich auch noch etwas Text.
Na, das ist doch schon etwas kleiner. Deshalb im Folgenden noch einmal zitiert, zum Nachlesen und Genießen. Und natürlich mit ein paar eingestreuten Anmerkungen und mit Fragen, die man an diesen Text stellen sollte.
Frisches Schweine- und Geflügelfleisch der Marke „Bauernglück“ trägt das QS-Prüfzeichen.
Das von Werbern im Auftrage von Aldi ersonnene „Prüfzeichen“ ist also vor allem eine Eigenschaft der Marke? Als solche dient sie also dazu, für die unter dieser Marke angebotenen Waren eine Qualität zu suggerieren?
Das Prüfzeichen wird ausschließlich für Lebensmittel erteilt, deren kontrollierte Herstellung den festen Kriterien aller Produktionsstufen entspricht.
Das von Werbern im Auftrage von Aldi ersonnene „Prüfzeichen“ sichert also zu, dass für den gesamten Prozess der Fleischproduktion kontrolliert wird, ob der Vorgang gewissen, nicht näher genannten und von Aldi ersonnenen „Kriterien“ entspricht? Die vielleicht auch so beschaffen sind, dass die Produzenten keine wirklichen Schwierigkeiten haben werden, diese „Kriterien“ einzuhalten?
Wenn dem so wäre – und so steht es ja im Text – denn wäre auch die Zusicherung gewisser, durchaus sinnvoller Standards für die Durchführung der Kontrollen nicht besonders informativ. Das hält die Werber aber nicht davon ab, mit solchen Zusicherungen eine Menge Platz auf dem Papier zu füllen.
Die wichtigste Information, nämlich, was die bei all diesen Kontrollen kontrollierten Kriterien eigentlich sind, sie fehlt völlig in dem wohl gestalteten Texten einer unbekannten Werbeagentur. Ich glaube, man darf mutmaßen, dass so auffälliges Schweigen in so vielen Worten etwas verdecken soll, was nach Meinung der Auftraggeber einer solchen Werbung besser verdeckt bleiben sollte. Ich glaube ferner, dass es für die Zielgruppe einer solchen Werbung sehr interessant wäre, zu wissen, was hinter diesem Schweigen versteckt werden soll. Aber dazu schweigt sich der Text aus, stattdessen übt er sich im Widerkäuen der wenigen, nichtssagenden Angaben:
Bei frischem Fleisch der Marke „Bauernglück“ erstreckt sich die kontrollierte Erzeugerkette nach den QS-Kriterien vom Futtermittel, über den Stall, die Schlachtung und Zerlegung über die Verarbeitung bis in die Ladentheke.
Wenn man keinen Inhalt für seinen Text hat, muss man eben seine paar dürftigen, aussagelosen Aussagen immer wieder wiederholen. So entsteht im sprachlichen Dampfhammer eines geübten Werbers der rein affektive Eindruck einer „geprüften Qualität“, auf die sich der Werber auch gleich selbst das Siegel gibt. Das fällt besonders leicht, da man ja eh schon mit grafischer Gestaltung druckt; es verursacht keine zusätzlichen Kosten. Und wer sich – wie die Zielgruppe dieser Werbung – keine Gedanken über die anderen Inhalte dieser Werbung macht, fällt gewiss auf solche pseudoseriösen Tricks eines Werbers rein.
Und darauf kommt es dem Werber an. Nur darauf.
Guten Appetit!