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Samstag, 18. April 2015, 14:44 Uhr

Spammer's Hall of Shame

In die „Hall of Shame“ kommen nur die ganz Harten. Die, bei denen sich der mutige Einsatz von Technik und das Streben nach gestalterischer Exzellenz mit beklemmenden Hirnmangel paart. Die, bei denen die Worte erst einmal Luft holen müssen, ehe sie das Gesehene beschreiben können. Wenn du hier landen willst, Spammer, denn musst du dir schon eine ganz besondere Mühe bei deiner Müllproduktion geben – oder in deiner Intelligenz mit einem Klebestreifen wetteifern…

Eine Mail nur? Hunderte habe ich schon bekommen! Aber meistens stand da auch ein Text drin, und es war nicht einfach nur eine Frage im Betreff.

Oh, da ist ja noch ein Anhang. Ein JPEG-Bild mit der stolzen Größe von 527 KiB und dem Namen Compliments (punkt) jpg. Dieses… *kicher!*… sehr aufwändig hergestellte Bild von einem Brief einer angeblichen Lotterie sieht so aus:

Verkleinertes Bild des angehängten Bildes

Freude des unbändigen Lachkrampfes können es auch bei Flickr in Originalgröße betrachten und mich darum beneiden, dass ich mal wieder ganz fette 850.000 Dollar in einer Spamlotterie der Vorschussbetrüger gewonnen habe. Aber Vorsicht, besser keine Tischkanten in der Nähe!

Um diesen „Brief“ mit der Benachrichtigung über einen Lotteriegewinn herzustellen, ist der Spammer folgendermaßen vorgegangen:

  1. Er hat einen Hintergrund erstellt, um ein Briefpapier zu simulieren, dass er nicht hatte. Dazu hat er – weil es ja immer wieder hirnt, neue Software zu erlernen – kein Grafikprogramm verwendet, sondern mit Klebestreifen (passend zur Auszahlung in US-Dollar) zwei Union Jacks und ein Logo einer Lotterie auf einem leeren Blatt befestigt, um das Ergebnis seiner Erinnerungen an die Kindergartenzeit einzuscannen. Wie man sieht, hat der Klebestreifen (oben im „Brief“ noch gut sichtbar) nicht geholfen, der Hintergrund ist deutlich schief und die Elemente überlappen sich.
  2. Dieses eingescannte Bild hat er dann in seiner Textverarbeitung geöffnet, um es als Hintergrund für ein Dokument zu verwenden. Ob er es mit den Hausmitteln der Textverarbeitung entsättigt und transparent gemacht hat, oder ob er hierfür noch einen Zwischenschritt einlegte, kann ich dem Bild nicht ansehen.
  3. In diesem Dokument mit diesem lächerlichen Hintergrundbild tippte er dann seinen zugegebenermaßen erträglich formulierten und formatierten, aber inhaltlich dümmlichen „Brief“ mit der Mitteilung eines hohen Lotteriegewinns. Dazu fügte er die üblichen Bullshit-Elemente wie etwa das rote Spamsiegel und vorgebliche Stempel¹ ein.
  4. Da der Spammer nach nur zwei Tagen Computerkurs noch nicht wissen konnte, wie er diesen Brief in ein PDF umwandeln kann, das sich mit einer Mail versenden lässt, druckte er ihn einfach mit einem Tintenstrahldrucker aus, unterschrieb ihn mit einem herumliegenden Kugelschreiber und scannte ihn noch einmal ein, um dann ein paar Millionen Gewinnern diese Grafik ins Postfach zu machen.

Diese Gesamtleistung ist fast schon bundesregierungsverdächtig!

Willkommen in der Schandhalle der Spam!

¹Übrigens: „Despatched“ statt „dispatched“ ist nicht falsch, aber es wirkt sehr altmodisch. Ich habe das seit Jahrzehnten nicht mehr so gelesen. Angesichts der guten Orthografie dieser Spam gehe ich davon aus, dass der Spammer diese Schreibweise absichtlich gewählt hat, um einen Eindruck von Alter, Reife, Seriosität zu erwecken. Wer es gelernt hat, sich von solchen leicht annehmbaren Äußerlichkeiten verblenden zu lassen, wird eben auch leicht zum Opfer von Betrügern.

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