Unser täglich Spam

Aus dem Internet frisch auf den Tisch. Köstlich und aromatisch.


Tagesarchiv für den 12. Juni 2017

Rechnung 77405577 – bitte gegenlesen

Montag, 12. Juni 2017

ACHTUNG: Auf gar keinen Fall und unter keinen Umständen den Anhang dieser Mail (oder ähnlicher Mails) aufmachen. Es ist das reinste Gift! Hier gibt es keine Rechnung. Die E-Mail einfach löschen (oder Strafanzeige erstatten)!

Sehr geehrte Kundin, Sehr geehrter Kunde,

Bin ich nicht.

Wo ich Kunde bin, werde ich mit Namen angesprochen.

vielen Dank für Ihren Auftrag, anbei erhalten Sie Ihre Rechnung als Anhang.

Welcher Auftrag? Von wann? An wen? Mit welchem Inhalt? An welchem Tag ausgeführt? Was ist die Auftragsnummer? Alle Fragen, die diese Mail möglicherweise beantworten könnte, wenn sie echt wäre, beantwortet sie nicht. Stattdessen soll ein Mailanhang aufgemacht werden. Es gibt keinen sachlichen Grund, so vorzugehen.

Näheres zum Anhang später.

Bitte beachten Sie unsere neue Bankverbindung und überweisen Sie den Rechnungsbetrag in Höhe von 164,44 EUR

Damit der Anhang auch aufgemacht werde, wird Geld gefordert. Die Bankverbindung wird nicht angegeben. Genau das würde aber jeder tun, der das Geld auch wirklich haben will.

Für weitere Fragen zu Ihrer Rechnung erreichen Sie uns per:

+49 30 40 xx xxx

Die E-Mail zu beantworten ist sinnlos. Der Absender ist gefälscht. (Die Telefonnummer habe ich unkenntlich gemacht, damit nicht die arme Seele zusätzlich gequält wird, die diese Telefonnummer hat.)

Mit freundlichen Grüßen

Ihr Team

Was für ein Team? Handelt es sich um Gebäudereiniger oder um Fußballspieler?

Wer mich hochnäsig schimpfen will, der schimpfe mich hochnäsig, aber ich meine, dass jeder Mensch mit einem kleinen bisschen Erfahrung diese E-Mail sofort als Spam erkennen und löschen muss.

Wer dann aber auch noch den Anhang aufmacht, handelt grob fahrlässig und sollte meiner Meinung nach dafür haftbar gemacht werden.

Der Anhang

Dieser Anhang ist…

$ file 976255919.xls | sed "s/,/\n/g"
976255919.xls: Composite Document File V2 Document
 Little Endian
 Os: Windows
 Version 6.0
 Code page: 1251
 Name of Creating Application: Microsoft Excel
 Create Time/Date: Wed Nov 30 07:48:22 2011
 Last Saved Time/Date: Mon Jun 12 11:19:32 2017
 Security: 0
$ _

…eine 2021 Tage alte Excel-Mappe, die neulich mal wieder kurz aufgemacht wurde. (Nein, wenn man eine Rechnung aus einer Rechnungsvorlage erstellt, steht da nicht die Erzeugungszeit der Vorlage, sondern des Dokumentes drin.) Die Zustellung einer „Rechnung“ in einem Dokumentformat, das jeder Empfänger einfach mit einem Standardprogramm öffnen, bearbeiten und wieder abspeichern kann, ist übrigens eine bemerkenswert sinnlose Idee.

Diese angebliche „Rechnung“ enthält Makros, die beim Öffnen automatisch gestartet werden. Ein sicher konfiguriertes Office-Programm sollte diese Makros gar nicht erst ausführen, sondern eine deutlich formulierte Warnung anzeigen:

Dieses Dokument enthält Makros. -- Makros können Viren enthalten. Die Ausführung dieser Makros wird aufgrund der aktuellen Makroeinstellungen im Menü unter Extras - Optionen - LibreOffice - Sicherheit unterbunden. -- Manche Funktionen stehen daher möglicherweise nicht zur Verfügung. [OK]

Für alle, die es jetzt immer noch nicht verstanden haben, möchte ich gern den wichtigsten Satz aus dem soeben gezeigten LibreOffice-Dialog (Microsoft Office zeigt übrigens recht ähnlich formulierte Dialoge an) noch einmal angemessen hervorgehoben wiederholen:

Makros können Viren enthalten.

Das der Empfänger so vor einem verbrecherischen Angriff gewarnt wird, wissen die Verbrecher natürlich auch, denn sie leben ja davon, dass ihre verbrecherischen Angriffe funktionieren. Deshalb sieht die Rechnung folgendermaßen aus:

Screenshot der angeblichen Rechnung

Das ist nun eine tolle „Rechnung“, denn in ihr steht im „schönsten“ Layout der frühen Neunziger Jahre nichts. Die einzige Zahl, die ich ausmachen kann, ist der Mehrwertsteuersatz von 9,5% – das waren noch Zeiten! 😀

Der Zweck dieses Mummenschanzes ist es aber, den Anwender dazu zu bringen, dass er die Ausführung von Makros zulässt, damit die Verbrecher den Computer übernehmen können (zum Beispiel, um einen Verschlüsselungstrojaner darauf zu installieren). Denn in der Tabellenkalkulation ist ganz oben eine Zeile hinterlegt, die nicht gedruckt wird:

Sie auf der gelben Statusleiste auf Inhalt aktivieren klicken, um den Inhalt zu aktivieren

Wer in der Hoffnung, dass die Rechnung dadurch lesbarer würde, dieser patzig formulierten Aufforderung folgt, startet ein Programm, dass ihm Verbrecher mit einer E-Mail zugestellt haben. Der Computer auf dem Schreibtisch ist in weniger als einer Sekunde ein Computer anderer Leute, und diese Leute wären wesentlich besser mit Handschellen und einer Gefängniszelle als mit einem weiteren Computer bedient. Wenn eine für einen Wurm ausnutzbare Sicherheitslücke hinzukommt, kann mit diesem einen Klick ein ganzes Unternehmensnetzwerk an Kriminelle übergeben werden – so, wie dies neulich auch medial breit rezipiert im Fall von „WannaCry“ geschehen ist.

Und deshalb…

  1. …klickt man nicht in E-Mails, die nicht zuvor über einen anderen Kanal als E-Mail ausdrücklich vereinbart wurden;
  2. …öffnet man erst recht keine Anhänge von unvereinbarten, anonym und völlig nichtssagend formulierten E-Mails;
  3. …ist man sich immer der Tatsache bewusst, dass E-Mail ein zwar praktisches, aber auch gefährliches Medium ist, das Verbrechern ermöglicht, Dateien und Programme unter gefälschtem Absender auf die Computer anderer Menschen zu befördern;
  4. …öffnet man eine unabgesprochen zugestellte E-Mail auch dann nicht, wenn sie auf dem ersten Blick völlig legitim erscheint, sondern fragt im Zweifelsfall einmal telefonisch nach; und
  5. …richtet sein Office-Programm so ein, dass es niemals automatisch Makros ausführt und schaltet die Makroausführung auch dann nicht frei, wenn jemand anders darum bittet. Es ist niemals nötig, für den Dokumentenaustausch Programme auf den Rechnern der Empfänger auszuführen. Wer dies dennoch einfordert, ist mit Sicherheit jemand, der nichts Gutes im Schilde führt.

Meiner bescheidenen Meinung nach sollte das jeder Mensch wissen, der in seine Bewerbungen und in seinen Lebenslauf reinschreibt, dass er Computerkenntnisse auf Anwenderniveau hat – wenn ich Chef wäre und es käme in meinem Betrieb zu einer kriminellen Übernahme von Rechnern, weil einer meiner bezahlten Mitarbeiter mit zugesicherten „Computerkenntnissen“ willentlich und mit eigenhändigem Klick Software aus einer anonym formulierten E-Mail ausgeführt hat, würde ich diesen Mitarbeiter vollumfänglich für den von ihn angerichteten Schaden haftbar machen und ihm wegen seines Vertrauensmissbrauches fristlos kündigen. Denn entweder hat er es vorsätzlich getan, oder aber die Angaben in Lebenslauf und Bewerbung waren eine vorsätzliche Lüge. (Und ja, zur Absicherung dieses Standpunktes würde ich meine Mitarbeiter unterschreiben lassen, dass sie dies zur Kenntnis genommen haben.)

Früher, als ich noch naiv war, habe ich ja auch mal geglaubt, dass Menschen aus Eigeninteresse halbwegs vernünftig und informiert handeln, aber dann habe ich nach und nach die ganzen Dummen und Bequemen kennengelernt, die nur unter Schmerzen widerwillig ihr Gehirn benutzen… 🙁

Nachricht von Emma erhalten: Morgen Abend schön fic… ?

Montag, 12. Juni 2017

Ich kenne keine Emma. Und ich habe kein Interesse am Fichtenpflanzen. :mrgreen:

Hallo Eli,

Nein, der Name stimmt nicht so ganz. Man hat eben manchmal nicht so viel Glück, wenn man einfach den Nick aus einem gecrackten Webforum als Anrede verwendet.

Du hast eine Nachricht von Emma erhalten – Betreff: „Morgen Abend schön fic…“.

Und, warum schreibt mir diese bummsfidele Emma keine verdammte E-Mail, sondern gibt meine Mailadresse irgendeinem Spam-Dienstleister? Ach ja, damit…

Um sie zu beantworten oder das Profil von Emma anzusehen, klicke hier:

http://www.wahrzeichen2.cricket/[ID entfernt]/

…ich beim „Click here“ klicke, um zu lesen, was wohl mit dem abgebrochenen Wort „fic“ gemeint sein könnte. Denn in eine Spam klicken ist das neue „Beantworten“ von E-Mail¹.

Natürlich ist der Link nicht direkt gesetzt. Es ist eine asoziale und kriminelle Spam. Diese Domain mit dem Wahrzeichen und dem Cricket ist eine Wegwerfdomain, die nicht mehr benutzt wird, wenn sie erst einmal auf allen Blacklists dieser Welt steht.

$ mime-header http://www.wahrzeichen2.cricket/
http://www.wahrzeichen2.cricket/
  HTTP/1.1 301 Moved Permanently
  Date: Mon, 12 Jun 2017 11:39:35 GMT
  Server: Apache/2.2.15 (CentOS)
  X-Powered-By: PHP/5.3.3
  Location: http://www.datingfun24.info
  Connection: close
  Content-Length: 3
  Content-Type: text/html; charset=UTF-8
$ _

Es geht also zu datingfun24 (punkt) info, was einem Spamgenießer vertraut klingt. Aber eines ist diesmal anders als sonst: Man sieht nicht wie gewohnt die tolle Anpreisung eines Tricks, wie man jeden Tag eine andere knallen kann (wer darauf reinfällt, ist hinterher bei einem halbseidenen Anbieter kostenpflichtiger Chats registriert und der Spammer kassiert Affiliate-Geld dafür), sondern man sieht das andere, ebenfalls unveränderte Design Ficki-Berater:

Screenshot der betrügerischen Dating-Site

Ich würde ja gern mal einen neuen Screenshot machen, aber dieses auf häufig wechselnden Domains präsentierte Design ist seit dem 13. Februar letzten Jahres unverändert – einschließlich des fehlenden dritten Bildes in der dritten Reihe. Warum sollten sich die Verbrecher auch Mühe geben? Da könnten sie ja gleich arbeiten gehen…

Liebe Grüße,
Deine Inkognito-Nachrichten-Zentale

Ach, so nennt man über Botnetze versendete Spam mit gefälschtem Absender heute! :mrgreen:

Impressum:
Jens Bxxxxxxh
Kxxxxxxx Strasse 60
63xxx Nxxxxxburg
E-Mail: info@wahrzeichen2.cricket
http://www.wahrzeichen2.cricket/abm/6ZHmRwRClE8B/

Name und Anschrift sind von mir unkenntlich gemacht.

Als abschließender Hinweis an alle, die darüber nachdenken, auf einer spambeworbenen Website persönliche Daten einzugeben: Diese Daten werden von den Spammern in Spams verwendet. Deshalb gibt man Spammern keine Daten!

¹Niemals in eine E-Mail zu klicken, wenn diese nicht vorher über einen anderen Kanal als E-Mail vereinbart wurde oder wenn deren vertrauenswürdiger Absender nicht anhand einer digitale Signatur überprüfbar ist, das ist die zurzeit wichtigste Vorsichtsmaßnahme, um nicht zum Opfer der Internetkriminalität zu werden.