Unser täglich Spam

Aus dem Internet frisch auf den Tisch. Köstlich und aromatisch.


Hallo!

Sonntag, 7. Februar 2010, 0:32 Uhr

Angehängtes FotoWas wäre das Leben den Spamempfängers ohne diese tollen Liebesbriefe meist „russischer Frauen“, die mit hingestümpertem Deutsch und entzückenden Fotos um das einsame Herz des Empfängers buhlen. Es wäre doch viel farbloser, bestünde beinahe gänzlich aus Viagra, Roleximitat, nicht lizenzierter Software und den vielen Nachahmungen der Nigeria-Connection. Gut, das Bild ist irgendwo aus dem Internet geklaut, die „Frau“ existiert nicht, der „Liebesbrief“ geht an ein viele zehntausend Empfänger und es geht nur darum, den zwanzig bis fünfzig Hanseln, die darauf hereinfallen, einen Hunnie nach dem anderen mit triefenden Briefen aus der Tasche zu ziehen – aber drauf geschissen! Ohne diese grandiosen Machwerke der Heiratsschwindler würde es kaum noch Spaß machen, einen Blick in das glibberige Sieb des Spamfilters zu werfen.

Wenn ich so etwas wie einen „negativen Nobelpreis“ für maßlos schlechte Werke zu vergeben hätte, diese Liebesbriefe wären mein Spitzenkandidat für die Auszeichnung literarischer Leistungen. Hier finden Form, Inhalt und Sprachgebrauch in einer Weise zusammen, wie man sie nur selten zu Gesicht bekommt und wie man sie eigentlich gar nicht zu Gesicht bekommen möchte. So auch in diesem kleinen Meisterwerk des Herzbetruges, dass mit einem typischen Betreff für solcherart „Mitteilung“ daherkommt, mit einem kurzen „Hallo“, das schon verrät, von welcher Natur der Inhalt sein wird. Angehängt ist ein 48 KiB schweres Portrait einer hübschen Frau, das trotz seiner Artefakte als verlustfreies JPEG gespeichert wurde, um so zwei Dinge auf einmal zu kommunizieren: Den Absendern dieser kriminellen Massenpost ist es scheißegal, wenn sie anderer Leute Postfächer mit so einem Schrott zustopfen, und offenbar haben sie es auch noch nicht geschafft, die Speicheroptionen in ihrem Grafikprogramm zu finden. [Den schwarzen Balken in diesem Bild habe ich hinzugefügt, die arme Frau ist wirklich gestraft genug damit, dass sie von Spammern missbraucht wird.]

Aber wie gesagt – drauf geschissen! Diese Briefe bringen Farbe in das Leben des Spamempfängers.

Guten Tag!

Diese Anrede wurde einige zehntausend Mal mechanisch erstellt und ist daher ohne Namensnennung gültig…

Es ist Uberraschung fur mich, deinen Brief zu bekommen. Ich verwende mein Profil in der Webseite dating nicht mehr.

Tut mir leid, aber das fur mich kein Uberraschung und ich in der Webseite dating niemals gewesen. Wäre ich dort gewesen, könntest du mich wenigstens mit meinem Nick anreden. Aber das kannst du eben nicht.

Ich bin glucklich, deinen Brief zu bekommen! 🙂

Ich gluckse auch vor Lachen.

Wie geht du?

Ich gehen mit Füße und Beine.

Ich tue Abbitte, aber ich kann mich an dich nicht erinnern. Aber ich werde froh sein, die Freunde mit dir zu sein!

Das trifft sich ja gut, denn ich kann mich auch nicht an dich erinnern. Ich glaube, das liegt daran, dass wir uns gar nicht kennen. :mrgreen:

Ich kann nicht verstehen, welchen Namen du hast? Bitte, schreibe mir deinen Namen.

Ja, da musst du eben mal dein Ohr vom Monitor nehmen und dein Auge darauf richten. Diese komischen Kringel darauf, die nennt man Buchstaben. Sie sind Symbole für Laute der Sprache.

Ich hoffe, ich scheine dir schon! 🙂

Und wie du mir scheinst! Aber sowas von! :mrgreen:

Ich spreche deutsch nicht, ich spreche englisch. Du kannst mir englisch schreiben.

Das man merken, aber geschrieben wie diese Zeile? And why do you not simply write your mindless message in English. I‘d assume it was the only language we could use for communication in the past, if you can’t speak German. But you‘re just a mindfucking sockpuppet whore of the Russian advance fee spam-mafia, that’s all. You understand? 😈

Ich heisse Natalya. Ich habe 27 Jahre.

Wie, 27 Jahre hast du für deine Betrugsnummern bekommen? Das ist immer noch zu wenig. :mrgreen:

In welcher deutscher Stadt lebst du?

Ich muss dir ja echt wenig erzählt haben…

Wir konnen uns in deiner Stadt nach dem Monat treffen, ich kann dorthin ankommen.

Klar, vor allem, nachdem „du“ mir das Geld für die Fahrkarte, den Pass, das Visum, deinen frierenden Vater, deine hungernde Mutter, deine kranke Tochter und eine absolut lebenswichtige medizinische Behandlung aus der Tasche gezogen hast, immer schön über Western Union, weil „du“ so etwas doch lieber nicht in einer Weise abhandelst, die polizeilich ermittelbar ist. Dann kann ich irgendwann vielleicht auch mal am Bahnhof oder Flughafen stehen und auf dich warten – vergebens, versteht sich.

Wenn du die Fragen hast, schreibe mir, werde ich antworten!

Nee, eigentlich habe ich keine weitere Frage.

Bitte, schreibe mir in meinen personlich email die Adresse!!!!

Ich kann dir nur aus der Adresse antworten: natalyaselina9 (at) lavabit.com

Die Mailadress ist natürlich gefälscht, wie immer…

Ich warte deine Antwort und deine Bilder!

Natalya.

Na gut, denn will ich mal… 😉

Ein stark bearbeitetes Bild von Papst Benedikt XVIHallo Natalya,

ganz, wie du es wünschtest, an dieser Mail das Bild von mir. Ich habe es – genau wie du – irgendwo im Netz gefunden, als ich nach dem von mir angestrebten Amt suchte und sage dir einfach, dass ich so aussehe. Weil es sich um ein solches Fundstück handelt, ist es auch so klein. Ich hoffe, es entspricht deiner Vorstellung von einem angemessenen Partner. Auch ich gefalle mir sehr darin, nett zu klingen und böse zu sein.

Ich habe mich wahnsinnig über deinen Brief gefreut. Er war einfach nur schrecklich schön.

Besonders hat es mich vom Hocker gehauen, wie du mich über irgendeine Dating-Site gefunden hast, wo ich doch bei keiner zu finden bin. Ich habe dann aber nicht weiter darüber nachgedacht. Das Wunder der Liebe lässt mich alles vergessen, während der obere Bereich meines Schädels voller verstimmter Geigen hängt. Ich bin einfach total untervögelt, ganz so, wie du es wohl von allen erwartest, die dir antworten.

Ich bin Elijahu, richtig dichter Richtig-Dichter und brotloser Künstler, 43 Jahre alt und lebe dort, wo mein Kadaver gerade vor sich hinwest – das ändert sich öfter, als mir lieb ist. Ein Schwerpunkt meines Wirkens ist rund um Hannover, die harmlose Landeshauptstadt Niedersachsens am Rande der sumpfigen norddeutschen Tiefebene.

Da du mir deutsch geschrieben hast, glaube ich, dass du meine Antwort irgendwie gelesen bekommst. Es gibt ja Übersetzungen von Google und vom Babelfish. Allerdings haben automatische Übersetzer, die im Internet in wechselhafter Qualität angeboten werden und dortens für mancherlei Verwendung und vielfachen Missbrauch zur Verfügung stehen, gelegentlich ein Problem mit meiner überdem stilistisch hoch fragwürdigen Neigung zur Verschachtelung meiner Sätze, wie du sicherlich in diesem Absatz bemerken wirst, wenn du ihn mit einem solchen Programm zu übersetzen suchst; zur weiteren Steigerung der Unverständlichkeit neige ich zum Gebrauche veralteter grammatikalischer Formen und ebensolcher Wörter, welche meinem Texten ein ganz eigenes Gepräge geben – wer mich des Öfteren liest, weiß das zu hassen. Auch du wirst es erst so richtig zu hassen verstehen, wenn wir in einen intensiven Schriftverkehr kommen, bin ich doch in solcherart Sprachgebrauch beinahe beliebig zum absurden Ausbau des sinnlosen Strebens nach unangemessener Form fähig, bis hin zum seitenfüllenden Schachtelsatze unter möglichst weitgehendem Verzicht auf jegliche Form klärender Satzzeichen.

Einem Treffen mit dir sehe ich mit freudiger Erwartung entgegen. Meine vom ständigen Onanieren gelangweilte Hand freut sich jetzt schon auf die Gelegenheit einer laut klatschenden Ohrfeige, die von einigen hundert weiteren Ausprägungen dieser Art des negativen sozialen Feedbacks gefolgt wird. Du kannst es als ein persönliches Glück betrachten, dass es dazu nicht kommen wird.

Geld ist bei mir nicht zu holen.

Bitte antworte mir nicht unter meiner Absenderadresse, sondern sende deine Antwort direkt an die hannöversche Kriminalpolizei.

Mit schmatzendem Judaskuss

Elijahu

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert