Unser täglich Spam

Aus dem Internet frisch auf den Tisch. Köstlich und aromatisch.


Monatsarchiv für September 2008

Deutschland-Restbestand

Mittwoch, 3. September 2008

Es gibt auch in der Werbung so etwas wie einen GAU, einen größten anzunehmenden Unfall. Der setzt zwar keine Strahlung frei, aber ein hämisches und strahlendes Lachen bei allen, die mit den Ergebnissen dieses Unfalls konfrontiert werden.

Als ich noch Kind war, also vor vielen Jahrzehnten, da gab es im hannöverschen Umkreis regelmäßig Postwurfsendungen eines größeren Händlers für Teppichböden, der seine Verkaufsstätte etwas außerhalb der Stadt hatte. Die Texte waren in ihrer Penetranz erstaunlich monoton, nur ein kleiner Bereich mit den Preisen wurde immer an die aktuellen Angebote angepasst. Damit die Monotonie der Texte aber nicht jedem auffiel, gab es eine Handvoll jahreszeitlicher Vorlagen für den Herbst (Preise fallen), Weihnachtszeit (mit üblichem Kitsch), neues Jahr (richten sie sich neu ein), Ostern (finden Sie unsere Eier im Angebot) und so weiter. Eben der ganz normale Stumpfsinn, der jeden Tag Bäume in Altpapier verwandelt.

So ging das ziemlich unverändert über viele Jahre, und diese Routine hatte offenbar auch die Werber ein bisschen stumpf gemacht. Eines Jahres in den frühen Achtzigern geschah es dann, dass in einem recht kalten Dezember in einigen Stadtteilen Hannovers ein buntes Blatt in die Briefkästen flatterte, das auf die aktuellen Ostereier hinwies, die man dortens als frühlingshaftes Angebot finden könne. Es war wirklich zum Brüllen komisch, ein echter Werbe-GAU. Da es sich viele Empfänger dieser Mitteilung nicht nehmen ließen, unter der angegebenen Telefonnummer anzurufen und mitten in der Weihnachtszeit „Frohe Ostern“ zu wünschen, wurde diese Panne leider viel zu schnell bemerkt – und die anderen Stadtteile bekamen dann den wohl von den Werbern flugs und kulant kostenlos gedruckten, richtigen Weihnachts-Papiermüll.

Ich hatte diese kleine Begebenheit eigentlich schon vergessen. Aber eben fiel sie mir wieder ein, als mir in die Hände fiel, was die gehobene Schnellimbiss-Kette Wienerwald zurzeit in der hannöverschen Südstadt in die Briefkästen stopfen lässt, auf dass sich die Menschen gebratene Käfigvögel in den Bauch stopfen mögen:

Wienerwald hendl@home - Wienerwald macht sie zum Deutschlandfan - Wir scheinen ihnen was! - Autofahne gratis! - Ab 20 Euro Bestellwert ! - Oder bestellen Sie sich eine Fahne für 2,95 Euro.

Nein, ich habe das nicht aus den Zeiten der diesjährigen Fußball-Veranstaltung aufgehoben, die gleich nach der dabei umgesetzten Währung benannt wurde, aber zum Glück schon seit Monaten vorbei ist. Es ist kein Wunder, dass sich die Werber damals sehr um ihren Anteil an der ziemlich künstlichen Nationaltümelei gekümmert haben, um Deppen mit der affektiven Kraft dieser Show zu unvernünftigen Kaufentscheidungen zu bringen. Damals hat man auch auf vielen Autos kleine Fähnchen gesehen, die durch den Wind gezogen wurden, weil sich das medial gestützte Geschäft der Sportvermarktung gerade lohnte.

Nein, diese Werbung kommt jetzt, etliche Monate nach dem gescheiterten „Sommermärchen“, in die Briefkästen. Der Scan wurde von einer Reklame gemacht, die gestern in einer Nebenstraße der Hildesheimer Straße eingeworfen wurde. Dieser situative Fehlgriff wirkt beinahe wie eine Osterwerbung zu Weihnachten, einfach nur völlig daneben. Aber der humoristische Erfolg ist grandios! Mehrere Menschen haben mich, der ich in Gesprächen auch immer wieder einmal nach besonders misslungener, peinlicher oder dummer Reklame frage, gestern und heute darauf hingewiesen, lachend und kopfschüttelnd. Und da waren durchaus Leute dabei, die noch vor ein paar Monaten ihre Fähnchen aus dem Fenster gehängt haben. Diese Leute fragen sich angesichts dieser Werbung, wie um alles in der Welt man denn jetzt noch mit einem Fußballfeld im Titel und einer Fahne kommen kann. Es ist eben ein echter Werbe-GAU, der da produziert wurde.

Und ich kann mir in diesem Zusammenhang einfach die Frage nicht verkneifen, ob der tolle claim „HENDL@HOME“ wohl bedeuten mag, dass die von euch beauftragten Werber einen Vogel hätten. :mrgreen: Oder habt ihr einfach nur noch die Lager voll mit Restbeständen von einem gescheiterten Marketing der letzten Europameisterschaft, und müsst ihr den ganzen Ramsch jetzt irgendwie loswerden? Deutschland ist ein Restbestand, machen wir den Bundesadler zum Grillhähnchen, alles muss raus? Schlecht gemacht… aber wirklich gut verpatzt! 😆

Don´t overpay not losing in quality

Mittwoch, 3. September 2008

Die Überschrift ist der Betreff der Mail. Das haben diese Spammer wirklich genau so geschrieben. Ich weiß gar nicht, wie ich das vergleichbar lächerlich ins Deutsche bringen soll…

Dear client

Hassenswerter Spammer,

nachdem ich schon etliche Deiner Ausflüge in die deutsche Sprache „genießen“ durfte und mich durch manches Radebrechen der Marke „Wir haben ein guter Programms Deutsch“ hindurchkämpfen musste, finde ich deine Idee, jetzt doch einfach einmal eine eher analytische statt einer flektierenden Sprache zu verwenden, durchaus begrüßenswert. Zumal Du ganz offenbar bemerkt hast, dass kleinere Fehler im Englischen im gegenwärtigen deutschen Sprachraume gar nicht auffallen – deshalb „beglückst“ Du ja auch Inhaber von Mailadressen einer de-Domain mit deinen englischen Ausflüssen. Dennoch ist Dir auch die einfachere Aufgabe, einen derartigen Schrotttext in Englisch zu formulieren, nur ansatzweise geglückt. Das ist bedauerlich, vor allem für jene, die Dein miserables Geschmiere ertragen müssen.

Any programs in any language
More cheap and better.

Das beginnt bereits mit dem ersten, fett gesetzten „Satz“ Deiner Müllmail.

Diese Partikel „any“ meint so etwas wie Ähnliches wie „ein Beliebiges aus einer betrachteten Menge“. Das klingt für einen Menschen russischer Muttersprache vielleicht zunächst ein bisschen kompliziert, ist es aber gar nicht, wenn man mal ein paar Beispiele betrachtet. Würde jemand sagen: „I am hungry and I want to eat some food“, so meinte dies, dass er etwas essen möchte. Sagte er hingegen das sehr ähnlich klingende „I am hungry and I want to eat any food“, so meinte es hingegen, dass er wirklich alles fressen würde. Egal, was es ist. Ich habe den Unterschied zwischen diesen beiden Aussagen mit dem kleinen deutschen Unterschied zwischen „essen“ und „fressen“ wiedergegeben – das trifft es im Kontext der Nahrungsaufnahme recht gut. Natürlich spiegelt das auch meine Meinung zu Deinem kriminellen und wenig vortrefflichen Angebot wider.

Natürlich kannst Du in der von mir gemutmaßten Intention deiner Mitteilung schlecht „some“ schreiben, denn die Semantik dieser Partikel ist ja etwas Einschränkendes, das so gar nicht zu deinem Allheitswahn passen will, illegale Kopien fast aller populärer Software in fast jeder Sprache gegen Geld anbieten zu wollen. Um das zu sagen, was du sagen willst, müsstest du deinen ersten Ansatz verwerfen und so etwas wie…

„We offer many different programs in nearly all european languages […]“

…schreiben, was übrigens den großen Vorteil hätte, dass es sich um einen richtigen Aussagesatz mit Subjekt, Prädikat und Objekt handelt.

Ach ja, dieses „more cheap“ heißt übrigens „cheaper“, Du schreibst ja auch nicht „more good“ anstelle von „better“. Generell bildet sich der regelmäßige Komparativ einsilbiger Adjektive durch Anhängen des Suffixes -er, was übrigens so leicht zu beherrschen ist, dass es sogar Achtjährige in Deutschland schon richtig machen. So schwierig sind die paar verbliebenen Flexionen des Englischen wirklich nicht zu meistern.

- All popular softwares for Windows and Macintosh

Dennoch scheinen Dir diese Flexionen Probleme zu bereiten. Da denkst Du „Programme“ und suchst nach einem englischen Wort dafür. Da findest Du denn auch gleich das Wort „software“. Nun willst du auch noch einen Plural von diesem Wort bilden, dass als Sammelbegriff keine Einzelstücke meint und hängst deshalb ein Plural-s daran. Das ist natürlich ziemlich falsch. Wärst Du doch nur bei „programs“ geblieben, das wäre gegangen. Es wirkt übrigens nicht wirklich überzeugend, wenn man in einer Mail lokalisierte Versionen von Computerprogrammen anbieten will und es dabei nicht einmal schafft, sich in der verwendeten Sprache einigermaßen fehlerfrei auszudrücken. :mrgreen:

- All european languages http://salesforda.com

Ah, jetzt doch nicht mehr mit dem „any“-Patzer. Es geht doch! Warum nicht gleich so?

Ich empfehle Dir übrigens, solche Übersetzungen fortan mit dem Babelfish von Altavista erstellen zu lassen, der macht derart dumme Fehler in der Regel nicht. Allerdings wird Deine kriminelle „Geschäftsidee“, irgendwelchen dummen Leuten Geld für nicht-linzensierte Software-Kopien abzunehmen, auch dann kein bisschen weniger dumm, wenn die von Dir verwendete Sprache nicht mehr so miserabel klingt, dass es nur noch zum Schreien ist.

Bye.

Und tschüss…

If you wanna chat plz send me letter

Dienstag, 2. September 2008

Ach, wie hübsch!Ach, wie schade, dass diese ganzen Frauen gar nicht echt sind, die einem jeden Tag irgendetwas schreiben!

Die letzte dieser „Frauen“ blähte ihre Schrottmail sogar mit einem wirklich hübschen Foto (zum Vergrößern auf das kleine Bild klicken) auf, aber ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass in einer millionenfachen Spam mit gefälschtem Absender ausgerechnet so etwas persönliches wie ein Foto echt sein sollte. Deshalb habe ich da mal einen schwarzen Balken reingesetzt, um die Person zu schützen, deren Foto hier von Kriminellen missbraucht wird.

Wem vom solchem Bilde das Wasser im Munde zusammenläuft, der bekommt auch etwas Text zu lesen:

Betreff: If you wanna chat plz send me letter.

Hallo, my name´s Lauren

Klar, wenn du schon deine Mailadresse fälschst, denn wird dein Name ganz gewiss echt sein.

Im 29, now i live in Ashville NC, USA.

Und alle anderen Angaben wohl auch, oder?

I am woman who’s looking to meet some new people and friends.

Da musst du es aber echt nötig haben, wenn du gleich ein paar Millionen Mailempfänger anschreibst. :mrgreen: Versuch es mal bei MySpace, da kriegst du ganz schnell zehntausende von Freunden, vor allem, wenn es aus dir heraus ein bisschen trieft.

Ach, MySpace bekämpft inzwischen kriminelle Spammer? Na, so ein Pech aber auch…

if you wanna chat plz send me letter.

Klar, ich soll einem Spammer eine Antwort schreiben. Schön doof müsste ich sein.

my personal e-mail: dxxxxxxxxx1978@gmail.com [… Von mir verstümmelt, damit auch wirklich niemand auf doofe Ideen kommt]

Diese Mailadresse wird etwa so „persönlich“ sein wie das Spamskript, das diese Nullmitteilung in Millionen Briefkästen gestopft hat. Und natürlich war es mal wieder so ein total verkacktes Spamskript, dessen Programmierer nicht verstanden hat, was dieses Reply-to im Mailheader zu bedeuten hat. Sonst könnte man die Mail einfach mit der Antworten-Funktion beantworten. Aber warum sollte sich so ein Dummspammer Mühe geben, wenn die Deppen auch so reinfallen.

i´ll be wait 4 your letter with a great impatience

Klar, aber ganz ungeduldig. Du kannst es gar nicht erwarten, allen möglichen Leuten alle mögliche Scheiße unterzujubeln. Zum Beispiel so eine echt „persönliche“ Antwort mit einem Link auf eine „Chatseite“, die so ziemlich jedes aktuelle Sicherheitsloch ausnutzt, um die Rechner von Deppen zu übernehmen.

Lauren

Geh sterben!

p.s Du darfst mir auf dem Deutschen schreiben. Ich verstehe ein wenig Deutsche die sprache.

Egal, in welcher Sprache man schreibt, die Antwort ist ein Angriff auf den eigenen Rechner. In Deutschland scheint sich das ja besonders zu lohnen, hier gibt es wohl eine besonders große Deppendichte unaufgeklärter Netznutzer, die auf jede Scheißspam so reagieren, wie es sich ein krimineller Spammer nur wünschen kann. Da versteht man auch ein wenig Deutsche die Sprache, wenn der für die Mail eingestellte Zeichensatz kyrillisch ist und man damit vorgibt, aus den USA zu kommen. Der Botrechner, mit dem diese Mail versendet wurde, ist übrigens ein Privatrechner aus Dänemark…

So hart, wie es diese „Lauren“ braucht, kann und will ich es ihr gar nicht geben.