Unser täglich Spam

Aus dem Internet frisch auf den Tisch. Köstlich und aromatisch.


Tagesarchiv für den 5. Mai 2007

FREE TODAY

Samstag, 5. Mai 2007

Völlig frei kommt heute wieder die Spam ins Haus. Zum Beispiel dieses großartige Angebot:

we will email advertise your charity web site to 7,500,000 people. FREE TODAY

[… URL von mir entfernt]

Eine Mail ohne Betreff, die hier ohne weitere Worte bis auf den Link vollständig zitiert sei. Warum habe ich kein kotzendes Smiley?! 👿

Immerhin, manche Spam gibt schwachen Grund zur Hoffnung. Etwa dieses todesverliebte Machwerk mit dem Betreff „Your medicine is ready and waiting for you“:

Hello my friend!

I am ready to kill myself and eat my dog, if medicine prices here [… URL einer Hongkong-Domain von mir entfernt] are bad.

Look, the site and call me 1-800 if its wrong..

My dog and I are still alive 🙂

Für den Hund kann ich nur hoffen, dass der Spammer die angegebene Reihenfolge einhält. Und für die Menschheit kann ich nur hoffen, dass der Spammer seinen Freitod auch dann nimmt, wenn seine Spam „bad“ ist. Denn war das nämlich heute seine letzte Netzverseuchung.

Und dann gibt es natürlich auch noch dieses „Casino“ mit dem ständig wechselnden Namen und den ständig wechselnden URLs. Heute nennt es sich mal wieder „Royal VIP Casino“ und bietet seine Bonusse an:

Nur vom nobelsten aller Casinos können Sie ein so vornehmes Geschenk erwarten:

300% Bonus für Ihre erste Einzahlung!

[… Rest von mir entfernt, weil es immer der gleiche Text ist]

Ich habe eben mal diese Mails ausgefiltert und dabei festgestellt, dass diese angebliche Zockhalle im Internet heute die hunderste neue Internetadresse in ihrer dummen und kriminellen Spam angegeben hat. Wer da auf den Link klickt, ist selbst schuld – was man dort bekommt, ist vielleicht aufregend, aber nicht, weil man einen aufregenden Zock erlebt.

Die Krönung des spammenden Unvermögens kommt „heute“ allerdings aus China. Was soll ich schlimmer finden? Ist es die Betreffzeile „EMBROIDERY-Patches * Badges ŠUºØÀ²³¹šëž“ voller wenig schmackhaftem Zeichensalat oder ist es das Datum dieser Mail, der 19. Januar 2038. Man wird ja jetzt schon aus der Zukunft zugespammt, nur weil die Arschlöcher zu blöd sind, es wenigstens fehlerfrei zu machen.

Eigentlich hatte ich gar nicht damit gerechnet, dass in dieser Mail etwas Lesbares zu finden sein könnte. Aber abgesehen von einigen Schwächen und Besonderheiten war sie sogar in verständlichem Englisch geschrieben. Nur – welcher der vielen Spam-Empfänger braucht die darin angebotenen Produkte:

Our products are listed as follows:

Police & Fire patches, Armed forces patches, Lions Club International badges, Rotary International badges, golf club badges, art designs, and a variety of 3D raised embroideries and popular embroideries

Und wer würde auf Grund einer Spam bestellen, wenn doch alles derart kompliziert ist (Hervorhebungen aus dem Original):

Welcome to contact us (but please DO NOT reply this e-mail directly)

Please send your mail to mei0926@ms79.hinet.net

[…]

we will send you our URL index link immediately.

mei0926@ms79.hinet.net?subject=URL-Index-Link

[…]

We sincerely apologize for any inconvenience that this mail may cause to you!

If you don’t want any more mail from us, please click the following link to send us an email.

papa-papa-yak@hotmail.com?subject=Remove-070424

Klar, wenn man keine URL angeben will und seine Spam mit gefälschter Absenderadresse verschickt, wird eben alles etwas komplizierter. Ob man in Taiwan wohl glaubt, dass das einen Eindruck vermittelt, der Lust auf Geschäfte macht?

Betreff: Ihre Mails

Samstag, 5. Mai 2007

Werter Herr Francis Burnett,

wegen des besonderen Charakters unserer Mailkontakte muss ich davon ausgehen, dass dies nicht ihr richtiger Name ist. Aber sie geben diesen Namen als Absender neben einer gefälschten Mailadresse an, und ich weiß mir nicht mit einer anderen Anrede zu behelfen, wenn ich mich mit einer kleinen Frage an Sie wenden will.

Gerne hätte ich den Kontakt zu Ihnen mit einer Mail gesucht. Das ist aber nicht ganz einfach, wenn ich keine Mailadresse von Ihnen habe. Deshalb suche ich Sie über diesen Weg zu erreichen.

Es geht natürlich um die Mails, die Sie im Moment so zahlreich an mich versenden. Allein in der bloßen Anzahl Ihrer Mails ist deutlich sichtbar, dass Sie mir unbedingt etwas mitteilen müssen. Allerdings bleibt völlig im Dunkel, was Ihre wirkliche Intention dabei ist, und das ist doch ein für beide Seiten unbefriedigender Zustand.

Alle diese Mails – und es sind wirklich zu viele, als dass ich sie zählen möchte – haben nämlich einen leeren Betreff und enthalten weder einen Text noch eine andere Form von Nachricht. Sie sind jungfräulich weißes, virtuelles Papier, und eigentlich wären sie eine wohltuende Abwechslung im sonst so aufregenden Internet der heutigen Zeit, wenn sie nicht durch ihre plumpe Häufigkeit die Geduld und die Nerven der Empfänger strapazierten.

Sie können sicher verstehen, dass mir Ihre rätselhaften Mitteilungen zu denken geben. Ich bin mir noch nicht darüber schlüssig geworden, welche Absichten Sie mit Ihren völlig leeren Nachrichten verfolgen, und deshalb kann ich nur versuchen, es zu erraten. Dies sind ein paar unreife Hypothesen, die im Zuge dieses Ratens entstanden – sie haben doch gewiss Verständnis dafür, dass ich bei so geringer Information weitab der Wirklichkeit liegen könnte:

  • Es könnte sich um ein dadaistisches Kunstprojekt handeln. Das Motto der Kunst lautet: Die Nachricht entsteht im Empfänger, auch aus dem Nichts.
  • Es könnte sich um die Tat eines Menschen handeln, der gerne spammen möchte, aber kein Produkt anzubieten hat. Deshalb versendet er Spam, zu der sich jeder selbst einen Inhalt denken kann. Eine völlig neue Form der Interaktivität in der Werbung.
  • Es könnte sich um einen Fehler in einem Spamskript handeln. Dieser technische Fehler kommt mit einem Gehirnfehler beim Spammer zusammen, so dass auf Seiten des Spammers völlig unbemerkt bleibt, dass der Massenversand scheitert.

Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie mich aufklären würden, wie nahe ich mit meinen Spekulationen an die Wirklichkeit Ihrer Absichten gekommen bin. Bitte verwenden Sie einfach die Kommentarfunktion dieses Blogs und sehen Sie von weiteren Mails ab, da ihr persönlicher Stil für mich nur schwierig zu deuten ist.

Unter Erbietung meiner vorzüglichsten Hochachtung verbleibe ich untertänigst als Ihr

Elias Schwerdtfeger
Nachtwächter