In die „Hall of Shame“ kommen nur die ganz Harten. Die, bei denen der Verlust der letzten Synapse immer noch nicht zum Zusammenbruch der Spamtätigkeit geführt hat. Die, bei denen die Worte erst einmal Luft holen müssen, ehe sie das Gesehene beschreiben können. Wenn du hier landen willst, Twitterspammer, denn musst du schon einen Müll erzeugen, der nicht mehr vermuten lässt, dass du mehr Gehirn als eine Frisierpuppe hast…
Was würde man naiv vermuten, wenn einem auf Twitter jemand mit dem Nick „ProMusik2″ folgt? Man würde denken, es habe irgend etwas mit Musik zu tun, nicht? Vielleicht fragte man sich, warum der folgt, wenn man doch selbst keine Musik macht (oder zumindest nicht darüber twittert) und wenn man auch sonst keinen besonderen Musik-Schwerpunkt in seinem Gezwitscher zeigt. Wenn dann auch noch in der Biografie bei Twitter folgendes steht: „Hier dreht es sich hauptsächlich um Musik aber auch um andere Unterhaltung und Infos. Hauptsache es macht Spaß“, denn schüttelt man sich vielleicht wegen der vermissten Kommata, aber es passt noch zum Nick. Sicher, etwas stutzig macht schon die angegebene Homepage, die ohne besondere Not mit bit (punkt) ly
gekürzt wurde, dies ganz offenbar nur zu dem Zweck, die Internetadresse ein bisschen zu verschleiern. Musik ist ja rhythmisch und harmonisch, und in einem etwas schrägen Sinn trifft das auch für den „inhaltlichen“ Schwerpunkt dieser Timeline zu:
Erst neunzehn Fiepserchen, und alle gehen nur um das Eine: Obskure Links auf Websites, die so tun, als hätten sie mit Dating zu tun und die über derartige Spam bekannt gemacht werden müssen, weil sie auf normalen Wege wohl eher unbeachtet blieben. Folgen tut dieser Spammer recht wahllos, damit auch viel zurückgefolgt wird, so dass eine ordentliche Echokammer für sein idiotisches Gezwitscher entsteht. Leider wird trotz der völlig offensichtlichen Spam von vielen zurückgefolgt, was das Zeug hält, und deshalb hat diese brotdumme Spam schon ein beachtliches Auditorium. Ob die Follower sich alle von dem Nick blenden ließen und dachten, dort gäbe es etwas mit Musik? Und ob diese Follower, die so überrumpelt wurden, wohl ein besonderes Interesse an dem Spamdreck entwickeln werden, der auf diese Weise transportiert werden soll?
Einige leider schon… und die sind hinterher die Betrogenen. Spam wird nicht zum Vergnügen produziert, sondern um arglose oder unerfahrene Menschen zu betrügen – meist um ihr Geld. Das gilt auch für die Twitter-Spam.
Aber der andere Follower des heutigen Tages ist vielleicht besser. Der nennt sich „Musik_Plus“, hat also auch etwas mit Musik in seinem Nick. Natürlich hat er seine Homepage ebenfalls ohne Not über bit (punkt) ly
verschleiert, und auch ansonsten tritt hier das richtige Déjà vu auf – sogar die Anzahl der Tweets stimmt überein:
Es ist wirklich schwierig, zu sehen, dass es sich hier um Spam handelt, und zwar um genau die gleiche. Man muss dafür immerhin hinschauen. Wieder wird ein völlig irreführender Nick verwendet, und wieder gehts nur um Links auf obskure Websites zum Thema Dating, die über diese Form der Spam bekannt gemacht werden – und mit Sicherheit sehr unerfreuliche Absichten verfolgen.
Aber immerhin, dieser sich auf Twitter austobende Spam-Idiot hat doch eine gewisse „Kreativität“ entwickelt. Er macht nicht nur „mit Musik“, sondern sogar mit den Grundrechenarten, wenn er seinen schafdoofen Opfern mit seinem an die X-Akten erinnernden Avatar die Informationen über das Einmaleins verspricht:
Davon abgesehen sieht man wieder nur beim Hinschauen, dass es genau der gleiche Dumpfmeister der Twitterspam ist, der sich dort austobt – und selbst die Anzahl der Tweets liegt wieder bei 19. Ich kann regelrecht die crontab
¹ vor mir sehen, die diesen Müll erzeugt.
Ein mal eins ergibt eins – da kommt nichts mehr dazu. Das dürfte eine gute Vorwegnahme dessen sein, was einem einsamen Menschen blüht, der auf diese Dating-Spammer reinfällt. Insofern ist „Ein mal eins“ eine wesentlich passendere Metapher für diesen Dreck als „Eins plus eins“. Aber dieser Schein von Klarheit und Weisheit ist dem vollenthirnten Spammer nur versehentlich rausgerutscht, der denkt gar nicht groß über seine Nicks nach.
Wenn irgendwann in vermutlich nicht mehr so ferner Zukunft die Twitter-API abgeschafft oder drastisch eingeschränkt wird und Twitter nicht mehr vollständig mit beliebigen Anwendungen bedient werden kann, dann liegt das nicht nur daran, dass Twitter Geld mit Reklameeinblendungen verdienen will, sondern auch am massenhaften Missbrauch der API durch solche Enthirnungsreste wie diesem einen Spammer in Kombination mit dem Unwillen der meisten Twitter-Nutzer, solche Spammer einfach als Spammer zu melden, damit Twitter reagieren kann und so der durch Spam angerichtete Schaden begrenzt bleibt. Twitter hat inzwischen ein ernsthaftes Spamproblem und ist schon von seiner Natur her ein ideales Biotop für Spammer.
Wenn doch von den vielen Menschen, die sich durch ihren reflexhaften und unreflektieren Follow dieser Spam ausgesetzt haben, wenigstens ein Zehntel die Option „Blockieren und als Spam melden“ bei Twitter finden würde! Dann hätte ich heute vermutlich nicht diese drei gnadenlos dummen Timelines unter meinen Followern gehabt. Ich vermute übrigens, dass es verblüffend ähnliche Timelines zurzeit zu Hunderten, wenn nicht gar zu Tausenden gibt, denn dieser Spammer setzt ganz klar auf mechanisch produzierte Schrotmunition.
Aber wer mir mit so einem Kommunikationsschrott folgt, bekommt wenigstens eine Gemeinsamkeit mit einem zwitschernden Vogel: Er fliegt. Bitte nachahmen!
Nachtrag: Ich habe eben gerade fünf weitere Follower der genau gleichen Machart und mit gleichen „Inhalten“ entfolgt und als Spam gemeldet, und ich befürchte, da kommen noch hunderte.
¹Eine crontab
ist eine Konfiguration für den Unix-Dämon cron
(auf einigen Systemen auch crond
). Dieser trägt dafür Sorge, dass zu bestimmten Zeiten festgelegte Programme ausgeführt werden und ist unendlich praktisch.