Unser täglich Spam

Aus dem Internet frisch auf den Tisch. Köstlich und aromatisch.


Kategoriearchiv „Allgemein“

MySpace Hackers Hell geschlossen

Dienstag, 4. September 2007

Die für Einsteiger und „normale“ Anwender sicherlich beste Quelle zum Thema Spam und Phishing auf MySpace, The Hackers Hell, ist geschlossen und steht jetzt nur noch als Archiv-Version zur Verfügung. Die Macher von Hackers Hell nehmen in einem Blog-Eintrag zu dieser Entscheidung Stellung:

Des Weiteren mussten wir uns über unsinnige Fehltritte von MySpace ärgern und auch oft dafür sorgen, dass wieder alles auf einen Nenner kommt. Kürzlich war dann sogar unsere komplette Webpräsenz dem Erdboden (oder MySpace-Boden) gleichgemacht worden.

Wir fragen uns dann in solchen Situationen: „Was soll das eigentlich und warum reißen wir uns täglich den Arsch für MySpace auf…?“

Anstatt das MySpace sich um sicherheitsrelevante Probleme kümmert […], wird lieber an irgendwelchen dämlichen Extras gebastelt, wie dem „Status und Stimmung“-Feature und dem neuen Design des Posteingangs. Glücklicherweise konnte sich MySpace jedoch kürzlich dazu durchringen, wenigstens einen kleinen Spamfilter an den Start zu führen – auch wenn dieser nicht unbedingt so effektiv ist, wie wir ihn uns wünschen.

Eigentlich könnte man denken, die Kampagne besteht aus drei Zahnrädern: MySpace, THE HACKERS HELL und die User. Die letzten beiden, also die Zahnräder THH und die User sind zwar sauber in einander eingehakt, können aber nicht in die vorgegebene Richtung drehen, weil das Zahnrad MySpace in eine andere Richtung rotiert.

Mit anderen Worten ist das Aus der Kampagne nicht Schuld der User, sondern Verdienst von MySpace!

Zunächst ist dieser Entschluss der Macher bedauerlich. Die von MySpace getroffenen Maßnahmen zur Abwehr von Spam und Phishing sind so gut wie nicht existent. Einfache Anwender stehen hilflos vor Attacken, die zum Teil mit erheblicher krimineller Energie vorgetragen werden. Eine elementare Aufklärung über die Gefahren, die mit diesem „Web 2.0″-Angebot einhergehen, wurde niemals gegeben. Unter diesen Umständen ist es kaum ein Wunder, dass sehr viele Profile von Kriminellen übernommen werden konnten, um mit Spam für schlüpfrige und betrügerische Angebote verseucht zu werden.

Aber der Entschluss der Macher ist eben auch völlig verständlich. Wenn sich Menschen in ihrer Freizeit unentgeltlich hisetzen, um eine Arbeit zu leisten, die eigentlich von MySpace geleistet werden müsste, wenn diese Menschen dabei erleben müssen, wie einladende Probleme bestehen bleiben, während ein „cooles“ Feature nach dem anderen eingebaut wird und wenn diese Arbeit keinerlei Unterstützung von MySpace erfährt, denn stellt sich wohl bei jedem Menschen irgendwann die Sinnfrage. Vor allem, wenn MySpace dabei die Umsätze generiert…

Zu befürchten ist, dass Spam und Phishing anhaltende Probleme auf MySpace bleiben werden, ohne dass sich jemand dagegen richtet und die „normalen“ User in allgemein verständlicher Sprache über die elementaren Zusammenhänge aufklärt. Dies wird zumindest so lange anhalten, bis die Spam so prägend für dieses Angebot wird, dass es nicht mehr für die kommerziellen Absichten taugt. Wahrscheinlich wird das Problem erst in diesem Moment so angegangen, wie es häufig bei IT-Projekten der Fall ist – mit der ganz heißen Nadel werden irgendwelche „schnellen Lösungen“ gestrickt, die nur Teilaspekte des Problems bewältigen. Die User dürfen sich unterdessen über immer mehr „bunte“ Features freuen… und eben auch darüber, dass sich ihre eigenen Profile in Pornowerbung und betrügerische Angebote verwandeln.

Der Spamlink

Mittwoch, 29. August 2007

Bislang habe ich es so gehandhabt, dass ich die Links in einer zitierten Spam entweder unkenntlich gemacht habe oder sie auf eine harmlose Site „umgelenkt“ habe, wenn sie für das zutreffende Zitat der Spam erforderlich waren.

Letzteres fand ich zunehmend unbefriedigend. Es ist ja nicht so, dass ein Link in einer Spam etwas harmloses wäre. Deshalb habe ich jetzt eine spezielle Seite erstellt, auf die ich in Zukunft linken werde, wenn ich den Link einfach umsetze. Ich hoffe, dass diese Seite gestalterisch und inhaltlich völlig unmissverständlich ist.

Bauernglück

Donnerstag, 23. August 2007

Bauernglück

Diese herzgekrönte Marke vor dem etwas naiv gezeichneten Höflein soll uns nicht etwa einen Urlaub auf dem Bauernhof schmackhaft machen. Nein, sie entstammt einer Postwurfsendung von Aldi, die zurzeit die realen Briefkästen belastet. Dort nimmt sie eine ganze Seite des Prospektes ein, und dort platziert, soll sie den Menschen sabbernden Appetit auf das Skandal-Lebensmittel Nummer Eins machen, auf Fleisch:

Sicherheit mit unserem Qualitätsfleischprogramm - Bauernglück

In der Tat, das zugeordnete Bild erinnert so wenig an die herzkalten Lebensbedinungungen für die Fleischzwecktiere in der Massentierhaltung und es erinnert auch nicht an monströse, mechanische Schlachthöfe voller todgeweihter Tieraugen, so dass man in diesem Anblick fast schon wieder vergessen kann, wie das Fleisch unter den Bedingungen des derzeitigen gesellschaftlichen Prozesses wirklich produziert wird. Was die Grafik – und damit den am stärksten affektiv wirksamen Bestandteil dieser Massenpest der Briefkästen – betrifft, haben sich die Werber also recht erfolgreich der ihnen gestellten Aufgabe entledigt.

Im gesamten Text dieses Druckwerken ist jedoch den Werbern ein anschauliches Beispiel dafür „gelungen“, wie man auf einer ganzen, aufwändig gestalteten Seite voller vorgeblicher „Kundeninformation“ mit sehr vielen Worten nichts sagen kann. Ja, tatsächlich, der gesamte Text enthält überhaupt keine für den Kunden relevante Information. Dafür enthält der Text jedoch viele Phrasen, die mit geringem Erfolg vorgeben, eine Information zu transportieren.

Eine solche Vorgehensweise ist für die „Informationen“ in der Printwerbung so typisch, dass ich sie an diesem sehr durchsichtigen Beispiel einmal näher betrachten möchte. Wer erst einmal einen Blick dafür bekommen hat, wird die schlichte Vorgehensweise in anderen „informativen“ Texten in der Werbung leicht wiedererkennen.

(Wenn etwas in einer Werbung wirklich informativ ist, wird es in aller Regel klein gedruckt, als müsse man sich dafür schämen und es gewissermaßen flüstern. Auch darin zeigt sich der wahre Charakter einer Werbung als Versuch, die Menschen aus der „Zielgruppe“ übern Tisch zu ziehen.)

QS - Ihr Prüfsystem für LebensmittelZunächst gibt es einen rot gedruckten Text, der ja durch die Signalwirkung dieser Farbe Wichtigkeit transportieren soll. Er soll näher erklären, was es mit diesem „QS – Ihr Prüfsystem für Lebensmittel“ nun eigentlich auf sich hat.

Das ist auch unbedingt erforderlich, erinnert doch das eigens für diese nicht mehr so frische Werbeidee entworfene Zeichen eher ans Recycling als an Produkte, die man sich mit Genuss in den Mund schiebt. Eine solche Assoziation ist zwar recht passend, wenn man kurz an die Gammelfleisch-Skandale denkt, die vor einiger Zeit zu einem medialen Sturm im Wasserglas geführt haben; sie ist aber überhaupt nicht verkaufsfördernd. Deshalb kommt dazu noch die folgende Erläuterung:

Nur nach QS-Kriterien produziertes Fleisch trägt das QS-Siegel. Achten Sie deshalb auf die mit dem Original QS-Prüfzeichen gekennzeichneten Produkte. - Mit Sicherheit Genuss!

Das übersetzt sich ganz einfach in die deutliche Sprache. Nur Fleisch, dass nach den von Aldi „QS-Kriterien“ genannten Vorgaben produziert wird, trägt auch das „QS-Siegel“, das sich die Werber von Aldi ausgedacht haben. Und deshalb sollen die Käufer auf das originale Aldi-Prüfzeichen achten, wenn es auf Produkte gedruckt wurde. Dort können die Kunden mit Sicherheit einen gewissen Genuss haben.

Bei solchem Text fragt sich der Denkende unwillkürlich, was denn nun diese ominösen QS-Kriterien sein sollen. Der Text gibt vor, darüber Aufschluss zu geben, und das sieht in einer kleinen Stichpunktliste denn so aus:

Die so genannten QS-Kriterien - Kriterium 1: Kontrollierte Futtermittel - Kriterium 2: Kontrollierte Landwirtschaft - Kriterium 3: Kontrollierte Schlachtung und Zerlegung - Kriterium 4: Kontrollierte Verarbeitung - Kriterium 5: Kontrollierter Handel

Wie man sieht, wird für diese „QS-Kriterien“ ganz viel „kontrolliert“. Aber die Tatsache, dass da etwas kontrolliert wird, ist an sich völlig aussagelos, wenn dabei verschwiegen wird, was genau kontrolliert wird und was bei diesen Kontrollen heraus kommt. Der Verweis auf die ominösen QS-Kriterien ohne weitere Information zu ihren Inhalten ist da wenig aufschlussreich. Kurz gesagt, in diesen fünf Punkten steht ein grafisch ansprechendes, mit vielen Worten aufgeblähtes Nichts.

Aber es gibt natürlich auch noch etwas Text.

Frisches Schweine- und Geflügelfleisch der Marke Bauernglück trägt das QS-Prüfzeichen...

Na, das ist doch schon etwas kleiner. Deshalb im Folgenden noch einmal zitiert, zum Nachlesen und Genießen. Und natürlich mit ein paar eingestreuten Anmerkungen und mit Fragen, die man an diesen Text stellen sollte.

Frisches Schweine- und Geflügelfleisch der Marke „Bauernglück“ trägt das QS-Prüfzeichen.

Das von Werbern im Auftrage von Aldi ersonnene „Prüfzeichen“ ist also vor allem eine Eigenschaft der Marke? Als solche dient sie also dazu, für die unter dieser Marke angebotenen Waren eine Qualität zu suggerieren?

Das Prüfzeichen wird ausschließlich für Lebensmittel erteilt, deren kontrollierte Herstellung den festen Kriterien aller Produktionsstufen entspricht.

Das von Werbern im Auftrage von Aldi ersonnene „Prüfzeichen“ sichert also zu, dass für den gesamten Prozess der Fleischproduktion kontrolliert wird, ob der Vorgang gewissen, nicht näher genannten und von Aldi ersonnenen „Kriterien“ entspricht? Die vielleicht auch so beschaffen sind, dass die Produzenten keine wirklichen Schwierigkeiten haben werden, diese „Kriterien“ einzuhalten?

Wenn dem so wäre – und so steht es ja im Text – denn wäre auch die Zusicherung gewisser, durchaus sinnvoller Standards für die Durchführung der Kontrollen nicht besonders informativ. Das hält die Werber aber nicht davon ab, mit solchen Zusicherungen eine Menge Platz auf dem Papier zu füllen.

1. Stufe: Betriebliche Eigenkontrolle: Alle an der Produktion und Vermarktung beteiligten Unternehen unterliegen einem innerbetrieblichen Eigenkontrollsystem nach QS-Vorschriften. -- 2. Stufe: Neutrale Kontrollen: Neutrale Prüfinstitute überprüfen, ob der jeweilige Betrieb die Vorgaben des QS-Systems einhält - 3. Stufe: Kontrolle der Kontrolle: Ein unabhängiges Prüfinstitue oder die QS Qualität und Sicherheit GmbH selbst überprüfen die Funktionsfähigkeit des gesamten Systems durch Auswertung von Prüfberichten und Stichprobenkontrollen.

Die wichtigste Information, nämlich, was die bei all diesen Kontrollen kontrollierten Kriterien eigentlich sind, sie fehlt völlig in dem wohl gestalteten Texten einer unbekannten Werbeagentur. Ich glaube, man darf mutmaßen, dass so auffälliges Schweigen in so vielen Worten etwas verdecken soll, was nach Meinung der Auftraggeber einer solchen Werbung besser verdeckt bleiben sollte. Ich glaube ferner, dass es für die Zielgruppe einer solchen Werbung sehr interessant wäre, zu wissen, was hinter diesem Schweigen versteckt werden soll. Aber dazu schweigt sich der Text aus, stattdessen übt er sich im Widerkäuen der wenigen, nichtssagenden Angaben:

Bei frischem Fleisch der Marke „Bauernglück“ erstreckt sich die kontrollierte Erzeugerkette nach den QS-Kriterien vom Futtermittel, über den Stall, die Schlachtung und Zerlegung über die Verarbeitung bis in die Ladentheke.

Siegel: geprüfte Qualität aus kontrollierter ProduktionWenn man keinen Inhalt für seinen Text hat, muss man eben seine paar dürftigen, aussagelosen Aussagen immer wieder wiederholen. So entsteht im sprachlichen Dampfhammer eines geübten Werbers der rein affektive Eindruck einer „geprüften Qualität“, auf die sich der Werber auch gleich selbst das Siegel gibt. Das fällt besonders leicht, da man ja eh schon mit grafischer Gestaltung druckt; es verursacht keine zusätzlichen Kosten. Und wer sich – wie die Zielgruppe dieser Werbung – keine Gedanken über die anderen Inhalte dieser Werbung macht, fällt gewiss auf solche pseudoseriösen Tricks eines Werbers rein.

Und darauf kommt es dem Werber an. Nur darauf.

Guten Appetit!

Wie man ein Produkt verpackt

Samstag, 18. August 2007

Produktverpackung Markus GoldDies ist ein Beispiel für eine ganz gewöhnliche Verpackung, wie sie sich überall finden lässt, wo anonyme Märkte Waren feilbieten. In diesem Fall handelt es sich um Kaffee, und zwar um die Billigmarke „Markus Gold“ der Discounter-Kette Aldi. Das Produkt ist aber austauschbar, ähnliche Beobachtungen an der Verpackung lassen sich bei fast allen Produkten machen.

Solche Verpackungen sieht jeder jeden Tag beim Einkaufen. Da sich die meisten Menschen eher für den Inhalt interessieren, schenken sie der Verpackung keine besondere Beachtung – ganz anders als die Werber, die diesem Vehikel des Verkaufs sehr viel Beachtung schenken. In der Regel wird dem Käufer nicht bewusst, was auf diesen Verpackungen gedruckt und abgebildet ist. Und. Damit dringt es ins Unbewusste, um dort zu wirken. Ganz, wie es die Werber wollen.

Das sollte für jeden Grund genug sein, sich diese Verpackungen genau anzuschauen. In diesem Beitrag werde ich einige Elemente der Verpackung beleuchten.

1. Die überflüssige Marke

Dieser Billigkaffe ist von der Marke Markus

Die hier wie selbstverständlich angegebene Marke „Markus“ wird außerhalb eines Aldi-Marktes nicht angetroffen. Es handelt sich nicht um eine der künstlich mit allgegenwärtiger Werbung groß gemachten Marken. Es ist eine völlig überflüssige Marke, die dort nur auf die Packung gedruckt wurde, damit auch ein Markenname auf der Packung erscheint – es ist eine Marke als Selbstzweck.

Innerhalb eines Aldi-Marktes werden unter dieser Marke die folgenden Produkte angeboten: Kaffee, Filterpapier, Kaffeesahne. Es handelt sich dabei um „Billigprodukte“, die übrigens durchaus nicht schlecht sind.

Der einzige Grund, warum solche Produkte unter einer zum Selbstzweck gewordenen Marke angeboten werden, ist die von der Werbung geprägte Gewohnheit der Wahrnehmung. Die Marke muss sein, sie macht ein Produkt erst „wertvoll“. Die Marke ist ein Fetisch. Der Fetischismus der Käufer, der mit dieser Marke bedient wird, wurde erst durch Werbung erzeugt; er ist eine pathologische Erscheinung, die durch den gegenwärtig über die Gesellschaften ablaufenden Prozess hervorgebracht wurde.

2. Die große und die unscheinbare Information

Kaffee - was sich in der Packung eben befindet

Klein, unscheinbar und kontrastlos befindet sich auch etwas wirkliche Information auf dieser Packung, nämlich die Angabe des Inhaltes. Dieser Schriftzug ist wirklich so unscheinbar, ich habe hier nicht an der Grafik manipuliert. Das ist erstaunlich, da es sich um den einzigen Text auf der Vorderseite der Packung handelt, der etwas über den Inhalt aussagt.

Das größte Element der Verpackung: Eine dampfende Kaffeetasse

Nun gut, man mag sich auf den Standpunkt stellen, dass diese Information gar nicht erforderlich sei. Das größte und völlig unübersehbare Element dieser Verpackung ist das Bild einer dampfenden Tasse mit brauner Brühe, der allmorgendlichen Droge der Müden und Ermatteten. Somit sollte auch für einen Menschen, der des Lesens unkundig ist, völlig klar sein, was sich in dieser Packung befindet. Eine sehr weise Entscheidung der Werbefirma, ist der Analfabetismus in der BRD doch im Zunehmen begriffen.

Kaffeeschwaden steigen aufUnd nicht nur die allgemeine Art des Produktes wird mit diesem Bild angegeben. Nein, der Werbemensch hat sich alle Mühe gegeben, zusammen mit diesem Bild die Erinnerung an einstmals erlebte sinnliche Erfahrungen zu wecken. Über der abgebildeten Kaffeetasse hat sich der Werbegrafiker ein bisschen ausgetobt. Schwaden steigen aus der Tasse im gesamten Bereich der Packung auf und versprechen auf diese Weise dem Auge einen ermunternd Duft frisch gebrühten Kaffees. Denn die physikalische Wirklichkeit, also aufsteigender Wasserdampf, ist mit diesem Element sicherlich kaum gemeint.

Dieses bildhafte Versprechen des Inhaltes steht in assoziativer Breite und gedruckter Größe in deutlichem Gegensatz zur schwer lesbaren textuellen Bezeichung des Inhaltes. Dieses Versprechen ist es auch, worauf es dem Werber wirklich ankommt, keineswegs die „Information“.

3. Das Edelmetall

Natürlich muss es Gold sein...

Zu dieser Bezeichung eine schelmische, rhetorische Frage: Könnte hier auch „Silber“ stehen? Oder gar „Bronze“? 😉

Nein, es kann natürlich nur Gold sein, der gefühlte Superlativ unter den Metallen. Dabei ist Kaffee doch gar nicht recht gülden, sondern eher braun. Zum Glück für die nicht ganz so kaufkräftigen Müden, die jeden Morgen ihres Aufputschmittels bedürfen, ist der Stoff auch deutlich preisgünstiger als das hier durch den großen Schriftzug proklamierte Edelmetall. Und zum Unglück für die nicht ganz so kaufkräftigen Müden auch deutlich weniger beständig und schon gar nicht anhaltend wertvoll. Nein, der Kaffee ist in Wirklichkeit für die direkte Konsumption bestimmt und wird nach einmaligem Aufbrühen wertlos, er verfügt nicht über die Eigenschaft der Beständigkeit, die man dem Golde zuspricht.

Dennoch: Der große, weiße, kontrastreiche und wenig informative Schriftzug „Gold“ steht im Gegensatz zum kleinen, kontrastarmen und zutreffend informierenden Schriftzug „Kaffee“. Letzterer gibt ja auch die Wirklichkeit des Produktes an, während der Text „Gold“ eine dreiste Lüge ist, die nicht einmal näherungsweise den Inhalt beschreibt.

Der Zweck dieser Lüge ist klar. Es geht dem Werber um die rein affektive Aufladung eines Produktes. In psychonanalytischer Sprache soll hier der Kaffeekäufer zu einer Verschiebung bewegt werden, er soll die Eigenschaften des Goldes in magischer oder infantiler Weise psychisch auf den Inhalt der Packung übertragen. Dieser hinterhältige Trick der Werber lässt sich übrigens bei beinahe jedem beworbenen und verpackten Produkt beobachten – und er ist offenbar sehr wirksam. Auch bei Menschen, die hochmütig daran glauben, dass sie auf derartige Mechanismen nicht hereinfallen.

Niemand kann sich bewusst genug über die Wirksamkeit solcher Appelle an das Unbewusste sein, die einen modernen, konsumistischen Aberglauben zum Vehikel des Verkaufs machen.

4. Aussagelose Zusicherungen

Es gibt noch weitere Zusicherungen auf dieser Verpackung, die völlig aussagelos sind. Sie vermitteln die Eindruck einer Qualität, dieser Eindruck ist jedoch in keiner Weise falsifizierbar.

Die Texte können inhaltlich auch gar nicht anders lauten:

Kaffeegenuss der Spitzenklasse

Klar, was sollte hier auch sonst stehen? „Das Aufputschmittel der gesellschaftlichen Unterklasse“ wäre zwar wahrer, aber nicht gerade verkaufsfördernd. Also müssen ein paar unüberprüfbare Blähwörter Großes versprechen.

Premiumqualität

Eine weitere nichtsige Aussage, deren einzige Aufgabe darin besteht, den Eindruck einer Qualität zu vermitteln, ohne dass die gegebene Zusicherung überprüfbar wäre.

5. Ein paar Worte zum Abschluss

Es handelt sich um die Verpackung eines „Billigproduktes“, nämlich eine Packung Aldi-Kaffee. Aber die an diesem Beispiel aufgezeigte Vorgehensweise bei der Verpackung eines Produktes lässt sich natürlich überall finden, wo werbend um die Aufmerksamkeit der potenziellen Käufer gerungen wird:

  • Bedienung eines Markenfetischs, der zu den eigentlichen Eigenschaften des Produktes nichts beiträgt.
  • Verbergen der wirklichen Produktinformation, an ihre Stelle treten affektiv besetzte Bilder, die ein sinnliches Erleben versprechen.
  • Gezielter Missbrauch von Sprache beim Produktnamen, um mit geschickter Lüge einen hohen Wert des Produktes vorzutäuschen.
  • Gezielter Missbrauch von Sprache bei weiteren Angaben, um mit unüberprüfbaren Angaben eine hohe Qualität des Produktes vorzutäuischen.

Auf einige wichtige Einzelheiten bin ich hier noch nicht einmal eingegangen. Ich habe weder die verwendeten Schriftarten noch die Farben einer Betrachtung unterzogen, auch war mir die Aufteilung des gestalteten Raumes gleichgültig. Zu den beschriebenen groben Formen der Manipulation von Kaufentscheidungen gesellen sich natürlich auch subtile Formen, die teilweise schwer zu fassen und zu benennen sind.

Sicher ist nur eines: Alle diese Formen der Manipulation sind wirksam. Selbst bei billigen Produkten wird ein hoher und kostenintensiver Aufwand damit betrieben. Wenn dieser nicht wirksam wäre, würde er ausbleiben, um mit dem so eingespraten Geld den Gewinn beim Verkauf der Produkte zu erhöhen.

Die immer wieder gehörten Blendreden vom homo oekonomicus, der mit seinen gleichermaßen egoistischen wie vernünftigen Kaufentscheidungen am Markt einen gesellschaftsstiftenden Prozess befördern soll, fallen angesichts der gezielt durch Werbung hervorgerufenen Irrationalität fast aller Kaufentscheidungen in sich zusammen. Der Markt handelt schon längst keine Produkte mehr, sondern quasi-magisch an die angebotenen Produkte gekoppeltes psychisches Material. Kein Wunder, dass sich die Menschen unter solchen Bedingungen jeden nichtswerten Tinnef und jede fragwürdige Beglückungsidee andrehen lassen.

Jeder Leser fühle sich eingeladen, in Zukunft etwas genauer und bewusster das zu betrachten, was er bislang eher bewusstlos in seinen Einkaufswagen geworfen hat.

Werbung funktioniert nicht?

Dienstag, 7. August 2007

Zur Überheblichkeit vieler Menschen in der heutigen Zeit gehört der Irrglaube, dass Werbung gar keine richtige Wirkung habe, und schon gar nicht auf sie selbst. Wer sich schon nicht durch die offenbare Tatsache, dass gewaltige Beträge in die immer weiter ausgedehnte Allgegenwart der Werbung gesteckt werden, von diesem falschen Glauben abbringen lässt, der sollte einmal einen Blick auf eine aktuelle wissenschaftliche Studie werfen.

Kindern schmeckt gemäß dieser Studie das Essen subjektiv besser, wenn es mit einem Logo von McDonalds versehen wird. Dies gilt auch für solche Lebensmittel, die bei McDonalds gar nicht in dieser Form erhältlich wären und zudem häufig von Kindern verschmäht werden, etwa für Karotten oder Milch. Wird den Kindern der McDonalds-Fastfood in der typischen Verpackung angeboten, so schmeckt er den Kindern besser, als wenn er ohne diese Verpackung dargeboten wird.

Die folgende Übelsetzung einer Passage der CNN-Meldung zu dieser Studie ist von mir:

Der Autor der Studie, Dr. Tom Robinson, teilte mit, dass die Wahrnehmung des Geschmacks durch die Kinder „physikalisch durch die Verknüpfung mit einem Markenzeichen verändert“ sei. Nach Aussage des Forschers der Universität zu Stanford sei es bemerkenswert, in wie starker Weise selbst junge Kinder bereits durch Werbung beeinflusst sind. Die Studie wurde unter 63 Kindern zwischen drei und fünf Jahren aus gering verdienenden Schichten durchgeführt […] Dr. Robinson ist der Meinung, dass die Ergebnisse bei Kindern aus besser gestellten Familien ähnlich sein werden.

Ein bloßer, von Werbung transportierter Vorstellungsinhalt führt also zu einer nachweisbaren Veränderung der Wahrnehmung. Man könnte auch etwas weniger neutral sagen, dass Werbung zu einer Störung der Wahrnehmung führt, die den davon Betroffenen kaum bewusst ist. Genau das ist der Grund, warum so viel Geld für Werbung ausgegeben wird – und genau das ist der Grund, warum man gegenüber der allgemeinen Durchwirkung des öffentlichen Blick- und Hörraumes mit dieser einseitigen, dummen und manipulativen Form der „Kommunikation“ gar nicht kritisch genug sein kann.

Via Fefe’s Blog

„Spamford“ Wallace…

Sonntag, 29. Juli 2007

…ist von MySpace ausgeschlossen worden. Und anders als bei kleinen Privatpersonen mit ihrem Profil konnte das nicht etwa von MySpace selbst entschieden werden, sondern es wurde ein Gericht angerufen – schließlich hat Spamford Sanford ja Geld und eine ordentliche Abzock-Mafia hinter sich. Aber bei so eindeutiger Lage…

[…] habe er etwa 11 000 Profile und Gruppen angelegt, um darüber Werbebotschaften zu verschicken […] soll […] mindestens 320.000 Konten unter seine Kontrolle gebracht haben, um damit darüber 400.000 private Nachrichten und fast 900.000 öffentliche Kommentare abzusetzen, die auf seine eigenen Online-Casinos verwiesen.

…ist sogar die ansonsten geldgeblendete Justizia kaum zu einer anderen Beurteilung fähig – eine einstweilige Verfügung verbietet diesem Großverbrecher der Neuzeit den weiteren Missbrauch von MySpace.

Das ist aber keine Entwarnung, denn er tummelt sich auch andernorts herum. Die Spam hört nicht etwa durch ein paar Gerichtsurteile auf, ein lohnendes Geschäft zu sein; dazu bedarf es der Intelligenz der Empfänger. Erst, wenn fast alle Menschen gar nicht erst auf eine Spam anspringen, wird dieser lästige Müll aus dem Internet deutlich reduziert werden. Jede ungelesen gelöschte Spam ist ein Stück Wohltat für alle Internet-Nutzer.

Der Software-Enveloper

Donnerstag, 19. Juli 2007

So leicht wird das moderntümelnde und unfühlsame Englisch in den deutschen Wortschatz übernommen, dass sich niemand mehr Gedanken um die Bedeutung der übernommenen Wörter macht. Dabei spiegelt sich in diesem aufgeblähten Blah so viel vom Prozess, der gegenwärtig über den Gesellschaften abläuft.

So gibt es etwa ein gut verständlich und deutsches Wort zur Bezeichnung des Berufes eines Menschen, der Computer programmiert: Es handelt sich um einen „Programmierer“. Dieses Wort ist offenbar zu deutlich, es hat in seiner Verständlichkeit nichts Mystifizierendes und damit zu wenig Mana für den allgemeinen wirtschaftlichen Geldzauber, deshalb haben sich andere Bezeichnungen für diesen Beruf durchgesetzt. Man benennt Menschen, die Computerprogramme erstellen, in Deutschland mit dem undeutschen Wort software developer.

Nimmt man dieses Wort einmal wörtlich, so ist ein Programmierer also jemand, der weiches Zeug auswickelt. Und in der Tat, das passt. Das, womit sich ein Programmierer jeden Tag beschäftigen muss, erinnert durchaus an eine Substanz von eigentümlich weicher Konsistenz – und recht markantem Duft.

Aber noch eine Wahrheit ist in diesem Wort verborgen, so man es wörtlich nimmt, nämlich der Hinweis auf den anderen, den gegenteiligen Prozess. Wo es jemanden gibt, der weiches Zeug auswickelt, da muss es auch jemanden geben, der das weiche Zeug einwickelt, einen software enveloper. Und in der Tat, diesen Beruf gibt es, er wird nur nicht so genannt. Es handelt sich um den Werber, der die häufig ohne besondere Sorgfalt und unter Stress und Zeitdruck erstellte Scheiße in eine hübsche Verpackung steckt und mit tollen Worten anpreist, auf dass sie auch gekauft werde. Marketing ist eine Methode, minderwertige Dinge ansprechend zu verpacken und damit marktfähig zu machen.