Man sieht es euren Prospekten im Moment so richtig an. Es muss euch so richtig zu Herz und Hirn gestiegen sein, dass ihr ausgerechnet das Wort „Wahnsinn“ zum häufigsten Wort in den „Plus“-Prospekten machen wolltet. Überall habt ihr Wahnsinn hingeschrieben. Mal in dicken Lettern als Überschrift der Einzelseiten, mal kleiner im Text und zierhaften Textelementen versteckt, und zusätzlich noch einmal über jedem einzelnen Preis. Eure Prospekte waren in letzter Zeit voller WAHNSINN, der gebieterisch in dicken, roten Lettern den Leser anschrie.
Klar, dass das irgendwie rückwirkt, wenn man sich als Werber immer wie ein Wahnsinniger aufführen muss. Auch klar, dass man dabei ein bisschen den Bezug zur Wirklichkeit verlieren kann. Das bringt der Wahnsinn eben so mit sich.
Aber das hätte euch jetzt wirklich nicht passieren müssen. Schaut denn keiner mehr nach, was ihr Werber für einen geisteskranken Strunz produziert? Versucht denn niemand mehr, die schlimmsten Peinlichkeiten zu verhindern? Ist denn allen Verantwortlichen bei „Plus“ die Zielgruppe inzwischen so richtig scheißegal geworden? So wumpe, dass man dort die Verachtung auch ruhig ganz offen zeigen zu können glaubt?
Oder warum gibt es jetzt bei euch überall solche Advents-KNALLER über den Preisen?
Wahrscheinlich bedürft ihr Reklameheinis ein bisschen der Aufklärung. Ihr habt wohl einfach inzwischen ein kleines Problem mit der Realtität. Das ist ja auch kein Wunder, wenn man ein Leben zu führen scheint, das vor allem aus Kokain und Lügen besteht. Und unter diesen wenig erquicklichen Umständen immer wieder ganz „wahnsinnige“ Slogans finden muss.
Deshalb meine kleine Erklärung für euch.
Das Fest mit den Knallern, das ist Sylvester. Das kommt nach Weihnachten, und der Advent ist da schon lange vergessen. Da setzen sich die ganzen Leute hin, hören ungesunde geistlose Musik, trinken ungesunde Mengen geistiger Getränke und machen eine Riesen-Sause daraus, dass sie in ein paar Stunden einen neuen Kalender kaufen müssen. Und wenn es denn so weit ist, denn sind sie alle bemüht, den Moment des Zeigersprungs nicht zu verpassen, denn den halten sie für wichtig. Da müssen sie ihren Zauber machen, um mit der Kraft dieses Zaubers dafür zu sorgen, dass das neue Jahr gut verläuft. Deshalb nehmen sie die Knaller. Um den Geist die bösen Geister zu vertreiben. Monströse Mengen pyrotechnischer Produkte werden durch die Hände völlig betrunkener Menschen zur Detonation gebracht, dem Ohr zur Qual und den plastischen Chirurgen zur Freude – denn ohne Unfälle geht das nie ab. Aber auch wenn alles gut verlaufen ist, beginnt das neue Jahr oft mit einem schrecklichen Kater.
Advent, das ist etwas völlig anderes. Obwohl es auch irre ist. Da knallt man aber zum Glück noch nicht. Da stellt man nur Kerzen und blinkende Lichter auf, die leider nicht ganz so häufig explodieren. Da bereiten sich die ganzen Leute auf ein ganz großes Fest vor, bei dem sie die Geburt des Weihnachtsmannes oder irgendeiner anderen wichtigen Person feiern. Und um sich darauf so richtig vorzubereiten, führen sie sich gut sechs Wochen lang wie tollwütige Deppen auf, rennen in die Einkaufszentren und kaufen allerlei Tinnef für andere Menschen. Denn kommt endlich der große Festtag, alle stellen sich einen Baum mit Osramkerzen in die Bude und versuchen, den großen Frieden und freundschaftliches oder familiäres Miteinander zu zelebrieren und sich gegenseitig den gekauften Tinnef zu schenken. Klappt natürlich nicht, und das besinnliche Fest endet in Streit, Magenverstimmung, Besäufnis und idiotischem Fernsehkonsum. Und der ganze ausgetauschte Tinnef wird nach dem Fest wieder in die Innenstädte zurückgebracht, um gegen anderen Tinnef umgetauscht zu werden. Da haben zwar alle einen Knall, aber an Knaller denkt dabei keiner. Nicht einmal der Irrste unter den Konsumdeppen.
Merkt euch das bitte, werte Werber! Und passt eure Reklameideen bitte schnell an die Wirklichkeit an! Erspart euch und „Plus“ und mir die schmerzhafte Peinlichkeit, dass ihr nach den Adventsknallern von einem Silvesterbaum oder einem Neujahrsmann sprecht!
Mit freundlichen Grüßen
Euer Nachtwächter
(immer noch nicht verblödet genug für Werbung)