Unser täglich Spam

Aus dem Internet frisch auf den Tisch. Köstlich und aromatisch.


Tagesarchiv für den 18. April 2009

Haben Sie wieder Spaß am Leben!

Samstag, 18. April 2009

So lautete der Betreff der Mail, mit der Leuten ihr Geld für nicht gelieferte Pimmelpillen abgenommen werden soll. Und der Inhalt entspricht auch völlig dem Standard dieses Betruges:

Das Leben ist zu kurz – geniessen Sie das in vollen Zuegen.
Mit Geld kann man nicht alles kaufen! Die Potenz und ueber 20 Minuten Standhaftigkeit schon!

Mit unserem Produkt vergessen die Potenzprobleme und haben wieder Spass am Sexleben. Wir haben genau das Richtige fuer Sie!
Das Geld kommt und geht – unvergessliches Sex-Erlebnis bleibt!

Bestellen Sie jetzt und vergessen Sie Ihre Enttaeuschungen, anhaltende Versagensaengste und wiederholte peinliche Situationen!

Das hat jeder Inhaber einer Mailadresse schon einige hundert Mal sehen können, und ich kenne es auch zu gut. Da ist ja sogar ein gewisses Casino einfallsreicher in seinen Texten.

Doch ich habe ein Angewohnheit, wenn ich solche Mails überfliege – ich scrolle auch dann nach unten, wenn mir der Inhalt allzu vertraut erscheint. Schließlich findet sich dort oft strunzdoofe oder realsatirische Spamprosa, damit der Dreck eine Chance bekommt, durch den Filter zu kommen. So etwas habe ich zwar nicht gesehen, aber dafür den folgenden Abschluss:

Jetzt bestellen und naechste Woche erhalten – 12 Tb. umsonst zum Weihnachten!

http://zbhhuoyo.eu.interia.pl

Frohe Weihnachten

Wir haben immerhin schon Mitte April! Es sind ja nur noch 250 Tage bis Weihnachten! Da weiß man auch gleich, warum man nach der Bezahlung so lange auf die Lieferung warten muss, bei diesen Weihnachtsmännern. :mrgreen:

Traditionell angewendet…

Samstag, 18. April 2009

Manchmal sehen sich Werber vor die leidige Aufgabe gestellt, etwas als wirksam und nützlich anpreisen zu müssen, das objektiv gar nicht als wirksam und nützlich angepriesen werden kann oder darf. Hier findet dann allerlei Blendzauber mit Sprache statt, der sich zum Beispiel auf einer Verpackung so lesen kann:

Heilerde 1 - fein - Pulver zum Einnehmen - Traditionell angewendet als mild wirkende Arzneimittel bei Sodbrennen, säurebedingten Magenbeschwerden, Durchfall

Wenn man dies aus der Blendsprache der Werber in die klare Sprache zurückübersetzt, klingt es etwa so:

Traditionell angewendet – An Stelle einer zugesicherten Wirksamkeit tritt der Verweis auf eine uralte Überlieferung (die im Falle der Heilerde wirklich uralt ist). Der Anwender des Mittels soll glauben, dass diese Überlieferung aus einer Zeit mit weniger Verständnis für die Abläufe im kranken Körper Grund genug ist, eine Wirksamkeit des Mittels zu erwarten. Bleibt nur zu hoffen, dass der Anwender dieses Mittels nicht auch noch zu einem Exorzisten geht – das hat bei vielen Krankheiten ebenfalls eine uralte und in verschiedenen, voneinander unabhängigen Kulturen nachweisbare Tradition.

Mild wirkend – In vielen Fällen nicht wirksamer als ein Placebo, also seid bloß gläubig! Und glaubt daran, dass es natürlich ist, und natürlich kombiniert diesen Glauben mit dem zusätzlichen, durch die New-Age-Ideologie verfestigten Glauben, dass „natürlich“ gleich bedeutend mit „gut“ und „harmlos“ ist; im Gegensatz zu „chemisch“, was gleich bedeutend mit „schlecht“ und „giftig“ ist. Wenn nur fest genug geglaubt wird, denn wird sich die Wirkung ganz sicher noch verbessern.

Arzneimittel – Wenn man es als solches anwendet, kann man es ja auch als solches bezeichnen. Sogar bei homöopathischen Zubereitungen wird von „Arzneimitteln“ gesprochen, obwohl immer noch jeder Nachweis einer Wirksamkeit durch eine saubere Doppelblindstudie aussteht. Ein Nahrungsmittel ist es jedenfalls nicht.

Heilerde fein – Fein gemahlener, steinloser Ton.

Mit diesem ganzen Sprachblendzauber kann man es dann verkaufen.

Und ja: Ich weiß, dass fein gemahlene Tonerde eine chemisch aktive Oberfläche hat und deshalb durchaus über die Fähigkeit verfügt, Magensäure und andere chemische Substanzen an diese Oberfläche zu binden und auf diese Weise zu neutralisieren. Das kann so weit gehen, dass auf diese Weise sogar Wirkstoffe oral eingenommener Medikamente gebunden werden, wer also Tabletten nehmen muss, sollte vor der Anwendung seinen Arzt fragen. Allerdings wird bei Sodbrennen auch das ungleich billiger zu erwerbene Haushalts-Natron eine schnelle Hilfe sein, und zwar ebenfalls auf chemischem Wege. Mein Thema hier ist der Blendsprech der Werber beim Entwurf dieser Verpackung, nicht eine Kritik an der so genannten „Alternativmedizin“ – diese würde sich auch nicht so schnell „abfertigen“ lassen.