Bislang haben die Spammer auf Twitter ja vor allem versucht, viele Follower zu sammeln. Sie haben das getan, indem sie selbst vielen (echten) Twitterern folgten (hierfür gibt es praktische Hilfsmittel) und dabei darauf spekulierten, dass das bei vielen Teilnehmern dazu führt, dass sie ihrerseits auf Follow klicken. Wie man an den typischen Follower-Zahlen dieses dummdreisten und vollständig uninteressanten Maschinenzwitscherns sehen kann, ist das leider ein Erfolg versprechendes Modell – nicht wenigen Twitter-Teilnehmern scheint es für den Selbstzweck einer großen Zahl vollkommen egal zu sein, womit sie es eigentlich zu tun haben.
So weit das vertraute Muster.
Neuerdings sieht man jedoch immer wieder einmal eine neue Masche, die Spam unter die Leute zu bringen. Es haben wohl doch zu viele bei Twitter die Option „Blockieren und als Spam melden“ gefunden, wenn sie mit so einem Müll konfrontiert wurden – vor allem, wenn durch den Follow immer wieder neuer Müll dazu kam.
Die neuen Twitter-Spammer zwischern zwar viel, aber folgen niemanden und haben meist nur sehr wenig Follower:

Dafür erfreuen sie mit dem massenhaften und mechanischen Versenden scheinbarer @-Antworten:

Zu was für tollen Websites die so unters Volk gebrachten, twittertypisch bis zur Unkenntlichkeit runtergekürzten Links gehen, brauche ich hoffentlich nicht weiter zu erläutern. Ich selbst habe es nur mit zwei Links ausprobiert. Der erste brachte mich auf eine Seite, die einen vorgeblichen „Virustest“ bei mir machte und in liebevoll nachgemachtem Windowsstil darauf hinwies, dass ich doch einen total virenverseuchten Rechner hätte und mir ganz schnell die neueste Schadsoftware der Spammer installieren soll (aber wenigstens war das Deutsch inzwischen etwas besser als im letzten Jahr), der zweite Link ging auf den üblichen Casino-Beschiss.
Ich weiß natürlich nicht, wie so ein Spammer denkt – und ich glaube oft, dass ein Spammer gar nicht mehr denkt, denn sonst wäre er kein Spammer. Meiner Meinung nach besteht die Motivation für diese etwas veränderte Art, Spam über Twitter zu transportieren, darin, dass die meisten Betroffenen nur eine derartige Spam zu Gesicht bekommen und nicht diesen Strom von Scheiße, den man sieht, wenn man einem Spammer folgt. Demnach dürfte es für viele ein zu großer Akt gegen die eigene Bequemlichkeit sein, so etwas als Spam zu melden, und somit lassen sich die Accounts länger von den Spammern benutzen. Und dass für diese Art von Spam sehr viele Accounts verwendet werden, versteht sich von selbst – es ist ja wegen der geringeren Reichweite der einzelnen Spam erforderlich.
Für mich ist es sehr interessant, was sich die Leute bei Twitter gegen diese Art des Missbrauchs einfallen lassen werden. Sie werden sich etwas einfallen lassen, das ist sicher. Meine Idee wäre eine einfache Heuristik, die potenzielle Spammer an diesen Merkmalen identifiziert:
- Es gibt keinen Follow und und wenig Follower;
- dennoch werden jede Menge „Antworten“ an wahllos ausgewählte Twitter-Nutzer gesendet; und
- das ist die einzige Nutzung des Accounts, es kommt niemals zu einem eigenen Tweet.
Klar, dass dann auch die Spammer ihre Vorgehensweise etwas anpassen würden und sogar ein bisschen mechanisch „so tun lassen“, als würden sie „richtig twittern“. Letztlich werden Menschen die undankbare Aufgabe übernehmen müssen, automatisch vorgefilterte Accounts zu beurteilen. Das Spam-Problem ist für Twitter inhärent. Die technisch erzwungene Kürze des Mitgeteilten und die Formlosigkeit ist eine große Erleichterung für Spammer. Die vor allem, weil URL-Kürzungsdienste verwendet werden müssen, um einen Link zu transportieren – und dahinter kann sich jede nur erdenkliche Site verbergen, ohne dass auf dem ersten Blick klar ist, was man davon zu halten hat. Aber auch, weil sprachliche Aussagen mit einer gewissen Kryptik und rauen Kanten nicht sofort für Alarmstimmung sorgen, sondern bei Twitter durchaus üblich sind. Die Kombination dieser beiden Merkmale schafft ein ideales „Biotop“ für die asoziale, dumme und kriminelle „Kommunikationsform“ eines Spammers.