Unser täglich Spam

Aus dem Internet frisch auf den Tisch. Köstlich und aromatisch.


Zur richtigen Zeit am richtigen Ort

Freitag, 4. Mai 2007, 3:50 Uhr

Für die Spammer ist man das wohl immer, wenn man gerade irgendwo seine Mails abholt. Deshalb ist der Betreff dieses E-Mülls durchaus passend. Und auch der Text ist mal etwas anderes, weil er die gröbsten Schwierigkeiten mit der deutschen Rechtschreibung vermeidet.

Sehr geehrte Damen und Herren,

wir suchen Menschen mit Weitblick, um die Eröffnung Deutschlands und der ersten 5 Länder in Europa strategisch zu planen. Wir werden gemeinsam mit dieser Firma etwas außergewöhnlich Großes aufbauen.

Diesmal gilt der Spruch: Zur richtigen Zeit am richtigen Ort und die richtige Entscheidung egal was Sie bis jetzt gemacht haben, jetzt zählt es.

Grossindustrielle und Networkprofis sagen „Es ist das professionellste und schnellstwachsende Unternehmen der Welt“.

Schauen Sie sich hier an, um welches Unternehmen es sich handelt.

[… URL von mir entfernt]

Mit freundlichen Grüßen

Michael Schulte-Kump

Herzlichen Glückwunsch, Spammer. Da hast du erfolgreich einen Standard-Brief abgeschrieben und mit ein paar wenig sagenden Phrasen gefüllt. Ein naiver Empfänger – und Naivität ist ja ganz wichtig für euer Geschäft, nicht? – könnte beim Lesen glatt vergessen, dass es sich um kriminelle Spam handelt, die millionenfach auf ein weit gehend wehrloses Internet losgelassen wird. Obwohl es schon sehr auffällig ist, dass derartige Hinweise – wenn sie schon seriös sein sollten – mit der denkbar unpersönlichsten Ansprache des Empfängers daher kommen.

Und wenn der Empfänger diesen Charakter der Spam vergessen hat, denn könnte er auf euren Link klicken, den ich hier natürlich entfernt habe. (Achtung: Auf einen Link in einer Spam klickt man nur mit einen besonders gut gesicherten Browser, und selbst dann kann man noch Übles erleben. Es ist nicht zur Nachahmung empfohlen. Ich weiß, was ich tue.) Und da sieht er denn eine recht ansprechend gestaltete Website, die sogar für „seriös“ gehalten werden könnte, wenn sie nur einen anderen Text hätte.

Wenn ich dich schon nicht verlinke, du krimineller Spammer, denn erlaube ich mir doch wenigstens, dich mal ein bisschen zu zitieren. Du hast doch nichts dagegen, oder? Ach, mich hast du ja auch nicht gefragt, ob ich deinen Müll kriegen will.

Also greifen wir mal fröhlich in den hanebüchenen Unsinn, der wohl nur geschrieben wurde, um ein paar Dumme zu fangen. Deshalb sagt er auch mit so vielen Worten so wenig.

Wir haben im Herbst 2006 die reizvolle Aufgabe übernommen, den schnellstwachsenden Konzern der Welt in Europa einzuführen. Unser Partnerkonzern hat schneller als viele andere gross Unternehmen die erste Umsatzmilliarde erreicht. Es wird nur ein einziges Produkt vermarktet welches an Attraktivität nicht zu überbieten ist.

Wow! Euer Produkt muss so was von gut sein, dass ihr auf eurer „Firmenhomepage“ nicht einmal erwähnt, um was es sich handelt. Wahrscheinlich ist euch einfach nichts eingefallen. Genau so, wie euch einfach nicht eingefallen ist, wie dieser irre schnell wachsende Konzern heißen soll, der dieses Produkt anbietet. Sonst könnte man ja ein bisschen recherchieren und schnell bemerken, dass hinter diesen Worten wirklich nichts steht.

Professionelle PR-Massnahmen , Pressekonferenzen, Film und Sportsponsoring etc. haben dazu beigetragen, dass die„MARKE“ in den USA in nur 4 Jahren zu einem der bekanntesten Trendsetter wurde.

Im Sommer / Herbst 2007 findet die offizielle Eröffnung des deutschen Marktes statt.

Bis dahin befinden wir uns in der Marktaufteilungsphase.

In den nächsten 5 Jahren werden weitere 40 europäische Länder eröffnet.

Und, was ist es nun? Einfach nur „DIE MARKE“? Handelt ihr etwa mit Postwertzeichen? Da müsst ihr aber sehr offensiv vorgehen, da dieser Markt in den ganzen europäischen Ländern, die ihr da „eröffnen“ wollt, schon längst gut bedient ist.

Hierfür suchen wir Personen/Unternehmen mit den dementsprechenden Kontakten um eine perfekte Markteinführung in den einzelnen europäischen Ländern gewährleisten zu können. Das Produkt wird nicht über den herkömmlichen Handelsondern ausschliesslich über ein Netz von unabhängigen Vertriebspartnern platziert.

Klar, und die findet man mit einer Massenmail! Aber damit jetzt der naivere Leser nicht auf dumme Fragen kommt, sondern den heutigen Tag für seinen Glückstag hält, habt ihr einen Appell an die Gier gleich hinterher geschrieben. Das verblendet Deppen gut, die kommen dann auch nicht mehr auf die Idee, sich zu fragen, was das wohl für ein tolles Produkt sei. Eines, das man „ausschliesslich“ über ein Netz von unabhängigen Vertriebspartnern platziert, und das man dabei nie beim Namen nennt. Mir fällt da eigentlich nur ein Produkt ein, dass auf eure Beschreibung passt: Heroin. :mrgreen:

In den nächsten 4-5 Jahren werden in Europa ca. 2,5 Millionen Verbraucher entstehen, die Monat für Monat unser Produkt konsumieren werden. Die Umsatz und Einkommenszahlen aus bereits eröffneten Ländern liegen weit ausserhalb der herkömmlich verbreiteten Vorstellungskraft. Topleute verdienen nach nur 36 Monaten bereits über 300.000 $ monatlich.

Heroin würde auch recht gut zu den von euch beschriebenen, überall in Europa entstehenden Verbrauchern passen. Obwohl man bei solchen Gewinnen (die Umsätze müssen ja weit höher sein) auch an Kokain als mögliches „Produkt“ denken sollte.

Zur Zeit suchen wir schwerpunktmässig Führungskräfte als Kooperationspartner in Deutschland, sowie für die Ländereröffnungen Österreichs und der Schweiz.

Klar doch, „Führungskräfte“ findet man mit Spam. Das glaubt doch jeder, der auch noch an den Weihnachtsmann glaubt.

Bei Interesse senden Sie uns bitte Ihre aussagefähige Kurzbewerbung an

(Die letzte Zeile ist nicht unvollständig zitiert. Sie ist so unvollständig.)

Oh, da habt ihr in dieser tollen Website doch glatt etwas vergessen, nämlich eure Mailadresse für die Bewerbung. Aber das macht ja nichts, da ist ja noch eine weitere Möglichkeit für naive Menschen, mit Leuten in Kontakt zu kommen, die nicht so ganz koscher sind.

Oder füllen Sie uns online unser Datenaufnahmeformular aus.

Das Datenaufnahmeformular„Datenaufnahmeformular“ ist ein wirklich passendes Wort für das, was ihr den Menschen da anbietet. Natürlich habe ich den Link, den ihr auf dieses seltsam passende Wort gelegt habt, entfernt, sonst klickt da noch jemand und gibt was ein. Aber wer einen Eindruck von diesem Formular zur Aufnahme seines freiwilligen Datenstriptease haben möchte, kann gern mal auf das kleine Bildchen klicken.

Was dort an Eingaben gefordert ist, das ist nicht von schlechten Eltern. Die komplette Anschrift mit Telefonnummer ist eine verpflichtende Eingabe, dazu soll das Opfer angeben, zu welchen Zeiten es am liebsten angerufen wird. Darüber hinaus darf man angeben, was man gerade arbeitet, wie lange man diesem Beruf arbeitet, welche Sprachen man spricht, welche Fähigkeiten man hat. Und natürlich auch, warum man nun gerade nach einer neuen Tätigkeit sucht. Auch die Angabe einer Gehaltsvorstellung ist möglich, nebst der Angabe der Anzahl Stunden, die man in der Woche tätig werden kann. Wem das alles noch nicht genug ist, der kann noch in einem Textfeld freiwillige weitere Angaben machen, schließlich winken ja Einkommen von mehr als einer Viertelmillion Dollar im Monat.

Um es noch einmal klar zu machen: Diese Angaben macht das Opfer, weil es wegen einer Spam mit einer mutmaßlich gefälschten Absenderadresse der Domain x1-tv.com auf eine Website gelangt ist, die nichts substanzielles über ihre Betreiber und das geplante Geschäftsmodell aussagt. Dafür soll das Opfer umso substanziellere Aussagen über sich selbst machen. Die Spammer haben nur eine „Marke“ und ein „Produkt“, ohne diese Begriffe auch nur ansatzweise mit Inhalt zu füllen; der gläubige Idiot soll auf der anderen Seite Angaben machen, die überaus viel sagen.

Die so händeringend mit Spam gesuchten „Führungskräfte“ hätten jedenfalls Hirns genug, um bei einer solchen Zumutung das Fenster zu schließen und sich wieder ernsthaften Dingen zuzuwenden. Was hier auch gesucht wird, sind aussagekräftige Daten von leichtgläubigen (und damit auch leicht abzockbaren) Schwachköpfen.

Ach ja, bevor ich es noch vergesse. Wer bei über 3 Millionen offiziell gemeldeten Arbeitslosen in Deutschland Personal mit einer Spam suchen muss, der hat wohl eine Tätigkeit anzubieten, die ein intelligenzbegabter Mensch nicht für zumutbar hält. Ich glaube ja, dass es hier nur um gezieltes Datensammeln geht, aber sollten die auch Jobs anbieten, denn kann ich nur raten: Finger weg!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert