Unser täglich Spam

Aus dem Internet frisch auf den Tisch. Köstlich und aromatisch.


Hi!

Freitag, 16. Juni 2017, 13:38 Uhr

Oh, eine Qualitätsspam. 😀

Hi,
Sie erhalten diese Nachricht, weil Richard, einer Ihrer Freunde auf YouTube, möchte, dass Sie sich dieses Video anschauen.

Erstens habe ich keine „Freunde auf YouTube“, und zweitens würde mich jeder Mensch, den ich mit dem Wort „Freund“ bezeichnete, ganz direkt anmailen. „Freunde“, die mir damit kommen, dass sie meine Mailadresse an irgendwelche Werbelügner oder betrügerische Halunken geben, um mir etwas ganz was tolles mitzuteilen, sind ehemalige Freunde.

Lassen Sie es mich kurz zusammenfassen, bevor Sie es sehen:

Aha, ich brauche mir das Video gar nicht anzuschauen. Das ist nett.

Es handelt von einem Typen namens Gilda Horne.

Und ich dachte schon, jetzt kommt Guildo Horn.

Dieser Typ hat einen Vlog, wo er sein Geheimnis der Arbeit von zuhause aus und des Verdienens von Tausenden pro Tag teilt.

Oh, ein ganz geheimes Geheimgeheimnis, das ins offene Internet gestellt wurde. Aber sowas von geheim! 😀

Er ist verrückt genug, nicht nur über sein Leben als Millionär zu vloggen, sondern zeigt auch anderen, wie sie ebenfalls Geld verdienen können!

Ja, so etwas habe ich schon öfter gesehen. Es waren immer Betrüger und Affiliate-Lumpenkaufleute, die ihre Spielcasinos und Binäre-Optionen-Nummern anpriesen. Seibst haben die aber lieber vom Affiliate-Geld gelebt.

Das ist sein letzter Vlog. Es ist schockierend!

Wenn ich etwas schockierendes sehen will, dann schaue ich in meine automatisch aussortierten Spammails. Das ist schockierend. Nicht nur, weil es schockierend ist, dass es überhaupt noch Menschen zu geben scheint, die auf eine Spam reinfallen, statt sie einfach zu löschen. Es ist vor allem schockierend, wenn ich am Inhalt dieses ekelerregenden Glibbereimers sehen kann, dass es immer noch Menschen gibt, die auf jahre- und teilweise jahrzehntealte Betrugs- und Beschissmaschen reinzufallen scheinen, denn sonst würde ja kaum noch für derartige Nummern gespammt. Haben die alle kein Internet, dass sie mal eine Suchmaschine benutzen können? Und wenn sie kein Internet haben, wie empfangen sie dann ihre E-Mail?

Sie werden sehen, wie Sie in einer Woche 50.000 $ verdienen können.

Eine der ältesten Betrugsmaschen aus der Spam beginnt damit, dass man Menschen davon erzählt, dass irgendwo Geld in großen Mengen vom Himmel falle und dass jeder, ohne etwas können zu müssen, einfach sackweis die Banknoten einsammeln kann. Wer diese dürftige Erzählung glaubt und nicht einfach mal mit einem erwachsenen Menschen durchschnittlicher Lebenserfahrung spricht, um zur Vernunft zu kommen, wird auf einem der folgenden Wege um sein Geld gebracht:

  1. Es werden Vorleistungen eingefordert, bevor man an das herumliegende Geld (oft aus einer Erbschaft, einem herrenlosen Konto oder dergleichen) kommt. Die Vorleistungen werden anonym über Western Union und Konsorten bezahlt und sind weg. Das ist der alte Vorschussbetrug, den es schon vor dem Internetzeitalter gab, und der im Internet vor allem durch russische, ukrainische und nigerianische Banden betrieben wird (wenn ich nach meinem Spameingang gehe).
  2. Das Geld gewinnt man mit einem speziellen System oder einer speziellen Software in so genannten „Online-Casinos“. Das System oder die Software funktioniert nur in bestimmten „Casinos“. Der Spammer ist Affiliate dieser Casinos und kassiert für jeden vermittelten Kunden Geld; oft ein zweistelliger Dollarbetrag pro Kunde, so dass schon fünfzig Opfer am Tag zu einem sehr ordentlichen Einkommen führen. Das System oder die Software funktionieren nicht. Wer darauf reingefallen ist, verliert schließlich alle Einsätze. (Darüber hinaus sind in der Software halbseidener „Casinos“ zuweilen auch Trojaner enthalten, wobei natürlich unklar ist, ob diese von „billigen“ Auftragsprogrammierern als kleines Zubrot verbaut wurden, oder ob sie beabsichtigt sind.)
  3. Das Geld gewinnt man mit einem speziellen System oder einer speziellen Software durch Handel mit Binären Optionen. Der Spammer ist Affiliate eines Brokers und kassiert für jeden vermittelten Kunden Geld, oft ein zweistelliger Dollarbetrag. Auch der Rest entspricht vollständig der Beschreibung beim Casino. Ja, es ist genau das gleiche. Und es ist genau so „seriös“.

Meiner Meinung nach sollte das jeder Mensch wissen, der eine E-Mail-Adresse hat. Dieses Wissen schützt Menschen davor, von Trickbetrügern abgezogen zu werden und es verhilft Menschen dazu, ihr Geld auf erfreulichere Weise ausgeben zu können. Schade, dass es den Menschen nicht deutlich genug gesagt wird¹… 🙁

Bitte schauen Sie es sich an, versuchen Sie es und teilen Sie Richard mit, wie es war …

Der Link führt übrigens in ein gecracktes WordPress-Blog. Diese Leute betrügen nicht nur andere Menschen, sie cracken auch Websites, um „unverbrauchte“ Adressen verlinken zu können, die es leichter durch den Spamfilter schaffen. Dass sie dabei die Websites anderer Menschen und Unternehmungen auf diverse Blacklists bringen und praktisch aus dem Internet entfernen, ist ein Kollateralschaden, der diesen Halunken gleichgültig ist, so lange nur ihre eigene Kasse stimmt.

Aber trotzdem mal schauen, wohin die Reise geht:

$ lynx -mime_header http://www.cozyaccommodations.com/wp-content/themes/kuma/78400070f51.html
HTTP/1.1 200 OK
Date: Fri, 16 Jun 2017 11:21:07 GMT
Server: Apache/2.2.32 (Unix) mod_ssl/2.2.32 OpenSSL/1.0.1e-fips mod_bwlimited/1.4
Last-Modified: Sun, 07 Aug 2016 04:08:02 GMT
ETag: "5a3050-ae-53973721bcc80"
Accept-Ranges: bytes
Content-Length: 174
Connection: close
Content-Type: text/html

<head>
<meta name="description" content="ok file uploaded">
<meta http-equiv="refresh" content="1;URL=http://track.tracking247.ru/aff_c?offer_id=409&aff_id=6884"/>
</head>
$ _

Aha, es wird in die Domain tracking247 (punkt) ru weitergeleitet. Aber dort ist die Reise sicherlich nicht vorbei:

$ lynx -mime_header "http://track.tracking247.ru/aff_c?offer_id=409&aff_id=6884"

Looking up track.tracking247.ru
Unable to locate remote host track.tracking247.ru.
Alert!: Unable to connect to remote host.

lynx: Can't access startfile http://track.tracking247.ru/aff_c?offer_id=409&aff_id=6884
$ _

Oh, die Reise durch ein Labyrinth von Weiterleitungen ist doch schon vorbei. Ein Hosting-Provider hat wohl schon einfach den Stecker gezogen, um nicht noch an diesem spambetriebenen, asozialen Beschiss mitschuldig zu werden. Dafür von mir vielen Dank, denn es hat mir eine Mail erspart… 😉

Aber jetzt erfahre ich gar nicht mehr, wie ich fünfzigtausend Dollar pro Woche verdienen kann!!1! :mrgreen:

Mit freundlichen Grüßen

Du mich auch, Spammer!

¹Journalist! Du bist gemeint!

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