Unser täglich Spam

Aus dem Internet frisch auf den Tisch. Köstlich und aromatisch.


Spamfilter-Kollateralschaden

Samstag, 15. September 2007, 20:36 Uhr

Wie sehr ein erfolgreiches Blog durch Kommentarspam belastet wird, das beschreibt heute Udo Vetter vom law blog:

Beim law blog treffen durchschnittlich 100 Kommentare pro Stunde auf, das meiste davon Spam […] Ohne relativ restriktiv eingestellte Filter wäre die Flut hier nicht mehr zu bewältigen: Ein nicht erscheinender Kommentar ist also keine böse Absicht, sondern ein simpler Kollateralschaden. […]

In der Bezeichnung „Kollateralschaden“ für den gelegentlichen Verlust erwünschter menschlicher Stimmen im alles überflutenden Werbemüll zeigt sich der Schaden, der unter den Bedingungen der Spam inzwischen im Internet angerichtet wurde. Während „gewöhnliche Werbung“ mit ihrem zuweilen gewaltsamen Ansich-Reißen der Aufmerksamkeit einfach nur nervt, ist die Spam darüber hinaus wegen ihrer ungefragt verabreichten Masse ein dauernder Angriff auf die Funktionsfähigkeit von Internet-Projekten – und damit eine Beschädigung des menschlichen Miteinanders im Netz.

Da hat ein Mensch einen Beitrag in einem Blog gelesen, und es reizt ihm zu einer Erwiderung. So etwas kommt zum Glück häufiger einmal vor, schließlich ist die Kommunikation im Netz keine Einbahnstraße. Er setzt sich also hin und formuliert seine Mitteilung. Vielleicht muss er dabei sogar ein bisschen geistige Arbeit leisten, einen unreifen Gedankenkeim in eine verständliche sprachliche Form überführen oder einen Link auf eine andere Website heraussuchen, die seine Argumentation stützen kann. Das Schreiben eines Kommentares ja kann durchaus mühevoll sein, wenn damit etwas mitgeteilt werden soll. Schließlich gibt es einen Klick auf die „Absenden“-Schaltfläche, und denn entscheidet eine technische Vorrichtung, die den Inhalt des Kommentares gar nicht versteht darüber, ob es sich um eine Spam handeln könnte. Diese algorithmische Entscheidung an Hand technischer Kriterien kann nicht immer gut gelingen, und so kommt es, dass solche Mitteilungen eines Menschen zusammen mit der täglichen Flut der Spam in einer virtuellen Mülltonne verschwinden.

Für den kommentierenden Menschen ist das eine oft unverständliche Zumutung, und für den Betreiber eines Blogs (oder eines Gästebuches oder eines Forums) bedeutet es Mehrarbeit, muss er doch immer wieder einen Blick in diese virtuelle Mülltonne voller schlüpfrigen und verbrecherischen Zeugs werfen, ob darin etwas gelandet ist, was nicht darin sein sollte.

Ja, es ist wirklich ein „Kollateralschaden“, so zynisch dieses Wort auch für beschädigtes menschliches Miteinander klingen mag. Es gibt keine vernünftige Alternative zu dieser Vorgehensweise – ohne wirksame Filterung der Kommentare (oder Gästebucheinträge oder Forenbeiträge) würde sich ein Angebot im Internet in eine reine Werbefläche für die oft sehr fragwürdigen Beglückungsideen derer verwandeln, die mit millionenfacher Spam werben. Darin ginge jedes menschliche Miteinander unter.

Zum Glück habe ich in meinem Blog nicht das Problem, dass ich hundert Kommentare in der Stunde zu bewältigen hätte. Aber ich weiß, wie viel Nacharbeit in bestimmten Spamwellen auf einen Blogbetreiber zukommen kann, habe doch auch ich mit meinem größtenteils harmlosen Blog schon Tage mit über 500 Spam-Kommentaren erlebt. Mal wird eine Spam nicht richtig erkannt und muss von Hand als Spam markiert werden, ein anderes Mal landet eines Menschen Standpunkt einfach im Ascheimer, zusammen mit Unmengen angebotener Medikamente, abstoßender Pornographie und illegaler Glücksspiele.

Jeder Spam-Kommentar ist ein Missbrauch von Kommunikations-Angeboten im Internet. Und jeder Spammer zeigt mit diesem Missbrauch, dass er das friedliche Miteinander von Menschen ablehnt, dass ihm sein eigenes Geschäft wichtiger als alles andere ist, kurz: dass mit ihm kein Frieden möglich ist.

Gerade deshalb ist der Kampf gegen Spam wichtig. Jeder, der wirksam gegen Spam auf seinen eigenen Seiten vorgeht, gibt das Internet wieder den Menschen als Ort des Austausches und des Miteinanders zurück. Das lohnt die Mühe. Wer diese Mühe und den damit verbundenen Zeitaufwand aber gar nicht auf sich nehmen kann, sollte ernsthaft darüber nachdenken, ob er die Kommentarfunktion nicht einfach abstellt. Es gibt durchaus populäre und gute Blogs, die ohne eine Kommentarfunktion auskommen, etwa den Bildblog. Von Spam geflutete Kommentare machen es dem Leser schwer bis unmöglich, die wirklichen Mitteilungen darin zu finden, sie sind so nutzlos, dass das Fehlen einer Kommentarmöglichkeit kein Verlust wäre. Es wäre in einem solchen Fall sogar ein Gewinn, da man seine eigenen Seiten nicht irgendwelchen schlüpfrigen Geschäftemachern als Litfasssäule zur Verfügung stellt.

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