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Traditionell angewendet…

Samstag, 18. April 2009, 2:29 Uhr

Manchmal sehen sich Werber vor die leidige Aufgabe gestellt, etwas als wirksam und nützlich anpreisen zu müssen, das objektiv gar nicht als wirksam und nützlich angepriesen werden kann oder darf. Hier findet dann allerlei Blendzauber mit Sprache statt, der sich zum Beispiel auf einer Verpackung so lesen kann:

Heilerde 1 - fein - Pulver zum Einnehmen - Traditionell angewendet als mild wirkende Arzneimittel bei Sodbrennen, säurebedingten Magenbeschwerden, Durchfall

Wenn man dies aus der Blendsprache der Werber in die klare Sprache zurückübersetzt, klingt es etwa so:

Traditionell angewendet – An Stelle einer zugesicherten Wirksamkeit tritt der Verweis auf eine uralte Überlieferung (die im Falle der Heilerde wirklich uralt ist). Der Anwender des Mittels soll glauben, dass diese Überlieferung aus einer Zeit mit weniger Verständnis für die Abläufe im kranken Körper Grund genug ist, eine Wirksamkeit des Mittels zu erwarten. Bleibt nur zu hoffen, dass der Anwender dieses Mittels nicht auch noch zu einem Exorzisten geht – das hat bei vielen Krankheiten ebenfalls eine uralte und in verschiedenen, voneinander unabhängigen Kulturen nachweisbare Tradition.

Mild wirkend – In vielen Fällen nicht wirksamer als ein Placebo, also seid bloß gläubig! Und glaubt daran, dass es natürlich ist, und natürlich kombiniert diesen Glauben mit dem zusätzlichen, durch die New-Age-Ideologie verfestigten Glauben, dass „natürlich“ gleich bedeutend mit „gut“ und „harmlos“ ist; im Gegensatz zu „chemisch“, was gleich bedeutend mit „schlecht“ und „giftig“ ist. Wenn nur fest genug geglaubt wird, denn wird sich die Wirkung ganz sicher noch verbessern.

Arzneimittel – Wenn man es als solches anwendet, kann man es ja auch als solches bezeichnen. Sogar bei homöopathischen Zubereitungen wird von „Arzneimitteln“ gesprochen, obwohl immer noch jeder Nachweis einer Wirksamkeit durch eine saubere Doppelblindstudie aussteht. Ein Nahrungsmittel ist es jedenfalls nicht.

Heilerde fein – Fein gemahlener, steinloser Ton.

Mit diesem ganzen Sprachblendzauber kann man es dann verkaufen.

Und ja: Ich weiß, dass fein gemahlene Tonerde eine chemisch aktive Oberfläche hat und deshalb durchaus über die Fähigkeit verfügt, Magensäure und andere chemische Substanzen an diese Oberfläche zu binden und auf diese Weise zu neutralisieren. Das kann so weit gehen, dass auf diese Weise sogar Wirkstoffe oral eingenommener Medikamente gebunden werden, wer also Tabletten nehmen muss, sollte vor der Anwendung seinen Arzt fragen. Allerdings wird bei Sodbrennen auch das ungleich billiger zu erwerbene Haushalts-Natron eine schnelle Hilfe sein, und zwar ebenfalls auf chemischem Wege. Mein Thema hier ist der Blendsprech der Werber beim Entwurf dieser Verpackung, nicht eine Kritik an der so genannten „Alternativmedizin“ – diese würde sich auch nicht so schnell „abfertigen“ lassen.

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