Die im Folgenden zitierte Spam ist eine Einsendung meines Lesers S.
Einen besseren Betreff konnte ich nicht wählen. Ich weiß ja gar nicht, wer du bist und kann dich deshalb mit keinem Namen anreden. Ich hoffe sehr…
Ich hoffe du kriegst diese Nachricht rechtzeitig. […]
…dass rechtzeitig genügend Leute auf meine Story reinfallen, denn die Nutten sind immer so teuer und deshalb brauche ich Geld. Das kann ich natürlich nicht so schreiben, da ich sonst bestenfalls eine grob formulierte Aufforderung zurückbekomme, dass ich mich doch einfach masturbatorisch betätigen möge. Deshalb schreibe ich das lieber ein bisschen anders:
[…] Ich habe einen Ausflug nach Aberdeen in Schkotland [sic!] gemacht und dabei wurde meine Tasche mit Reisepass, Bargeld, und meine Kreditkarten gestollen [sic!]. […]
Du musst verstehen, ich bin hier völlig ohne Geld. Ich tue zwar so, als ob ich dich kenne, aber ich kann dich nichtmal anrufen, sondern dir nur eine ziemlich unpersönlich formulierte Mail schicken. Weil… ähm… mich die persönliche Ansprache eines Freundes einen Cent extra kostet, den ich gerade nicht habe.
[…] Habe schon meine Bank informiert, aber die Arbeiten nicht so schnell wie ich es haben will. Kannst du mir ein bischen [sic!] Geld borgen damit ich alles erledigen kann und zur recht [sic!] komme. Ich gebe dir das Geld so schnell wie möglich zuruck.
Dass du nach Empfang dieser Mail nicht wissen kannst, wer ich bin und dass ich nicht weiß, wer du bist, ist gar kein Problem. Ich bin schließlich Betrüger und fange vor allem die Dummen – die denken sich nichts dabei, dass sie von einer Mailadresse bei Yahoo, die sie noch nie gesehen haben, angeschrieben werden und auf diesem Weg ohne persönliche Ansprache von angeblichen Freunden um Geld angegangen werden. Das ist ja nur Geld, da ist Mitmensch Dumm eben leichtgläubig. Da sagt sich Mitmensch Dumm so etwas wie: „Welcher von meinen zweihundert flüchtigen Bekannten könnte das jetzt sein? Wer von denen macht so abgefahrene Urlaube? Warum schreibt der nicht seinen Namen dazu? Mann, muss der abgebrannt sein!“
Und dann macht Mitmensch Dumm das, was ich will:
Das Geld durch Western Union ist die beste möglichkeit [sic!]. Lass mich wissen wenn du angaben zur meiner person brauchst (Name, Vorname …) mich das Geld schiken zu können [sic!]. Du kannst mich durch e-mail oder durch die Hotel Reception erreichen kann unter di nummer +44703180xxxx.
Also komm, Opfer, ruf mich an! Ich habe dir mal eine Nummer des Puffs reingeschrieben, in dem ich mich sowieso mein halbes Leben aufhalte, dort weiß die knackige Schwarze mit den unglaublichen Hüften schon Bescheid. Ich bin sehr geübt, dir am Telefon sowohl deinen Namen als auch die Namen von irgendwelchen flüchtigen Bekannten rauszuleiern, so dass du kaum merken kannst, dass ich alle Infos, über die ich im Laufe des Gespräches verfüge, erst von dir bekommen musste. Über Mail gehts im Prinzip auch, aber das ist schwieriger, weil ich dich nicht so gut überrumpeln kann und du alles noch einmal nachlesen kannst, wenn dir etwas spanisch vorkommt. Deshalb werde ich dich in jedem Fall schnell darum bitten, dass wir die weiteren Dinge telefonisch klären – und dir in meiner bereits halbfertigen Antwortmail von riesigen Problemen erzählen, in denen ich stecke. (Haha, wenn du wüsstest, worin ich jetzt wirklich stecke!) Herzzerreißende Geschichten habe ich noch genug auf Lager. Schließlich sollst du schnell einen möglichst großen Betrag anonym zu mir rüberschicken. Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie teuer mein Lebensstil ist! Die Huren! Das Auto! Mach schnell!!
Ich warte auf deine Antwort.
Txxxxxs
Ich warte auf das Geld von zwei Handvoll Idioten, die auf meine Nummer reinfallen.
Dein zynischer Betrugsspammer
PS: Wenn die plumpe, anonyme Nummer irgendwann nicht mehr geht, werde ich das Verfahren verfeinern. Dann werde ich mir über Facebook, Google Plus, LinkedIn und Co. gleich Leute raussuchen, die den Eindruck erwecken, als seien sie mit Zaster vollgesogen, damit ich die gezielt leersaugen kann. Das Geld sieht man ja daran, was sie so machen und wo sie so hingehen. Und man sieht auch gleich, wie die Bekannten heißen und was sie so machen und wohin sie in Urlaub fahren. Die Mailadressen herauskriegen ist häufig kein Problem mehr, nach diesem Jahr der großen Datenlecks*. Das macht zwar viel mehr Mühe als die Streumunition, aber verspricht mir auch, viel mehr Geld abzugreifen. Das Internet der Deppen und Idioten ist für das alte Betrugsgeschäft ein Paradies. Ich hoffe nur, dass die Deppen und Idioten niemals lernen, ihre E-Mail digital zu signieren…
Denn das wäre wirklich gräßlich für mich, wenn bei E-Mail der Absender jenseits jedes vernünftigen Zweifels klar wäre. Gut für fiese Betrüger wie mich, dass im Internet der Deppen und Idioten durchgehend Webmailer verwendet werden, die ein digitales Signieren des E-Mail gar nicht erst ermöglichen.
*Welche Datenlecks? Blizzard, Mister Spex, Dropbox, MeetOne, Gamigo, AndroidForums.com, Yahoo, eventuell DHL, LinkedIn (unbedingt auch lesen, was Datenschutz dort wert ist), YouPorn, Zappos… und das waren nur die größten und bekannt gewordenen Fälle dieses Jahres. Es zirkulieren längst riesige Listen, in denen den Klarnamen Mailadressen zugeordnet werden. Die anonyme Ansprache in einer E-Mail ist kein sicheres Kriterium mehr, um Spam von richtigen Mails unterscheiden zu können. Was passieren wird, wenn das mit den so genannten „Social Web“ kombiniert wird und von talentierten Betrügern genutzt wird, kann ich mir lebhaft vorstellen. Dass es irgendwann, vermutlich sogar recht bald, zu dieser Kombination von offenen Datenbeständen durch Kriminelle kommen wird, ist hingegen völlig sicher. Geld ist einfach unwiderstehlich.
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