Nein, diese Mail kommt nicht von der Deutschen Bahn. Sie wurde über eine IP-Adresse aus der Türkei versendet. Auf meiner Mailadresse ist sie dreimal angekommen. Der Spammer ist nicht dazu imstande, aus seinen zusammengeramschten Daten die Dubletten zu entfernen, was jeder aufgeweckte Zwölfjährige mit Computererfahrung hinbekommen würde. Es ist ja kein so seltenes Problem, und es gibt gleich mehrere Möglichkeiten. Ich bevorzuge sort
und uniq
an der Kommandozeile, obwohl es für die nachgewachsene Generation aufdringlich nach den Siebziger Jahren schmeckt, aber ich habe auch schon mit Editoren gearbeitet, die so etwas klickiklicki konnten.
Der Absender…
Von: Deutsche Bahn Gutschein <deinbahnangebot@europe.com>
…ist nicht die Deutsche Bahn AG, denn diese würde wohl ihre eigene Domain verwenden, in der auch ihre Website läuft. Weia, erzählen die mir viel Zeug auf ihrer Website! Und bunt. Und mit Bildern. Der für vermutlich über fünfzig Prozent der Leser wichtigste Link „Zur Reiseauskunft auf bahn.de“ ist ganz nach unten in die Fußzeile der Seite gerutscht und damit beinahe unsichtbar, direkt neben den Dingen, die kein normaler Websitebesucher liest: Datenschutzverletzungserklärung, Impressum, AGB. Aber warum sollte die Deutsche Bahn AG, die höchst bundesbananig „privatisierte“ Aktiengesellschaft in einhundert Prozent Besitz der Bundesrepublik Deutschland, auch im Internet freundlicher mit ihren „Beförderungsfällen“ – das Wort „Kunde“ wäre angesichts der Behandlung durch die DB und ihre oft patzigen und inkompetenten Mitarbeiter ein Hohn¹ – umgehen als in der deprimierenden Wirklichkeit.
Der Text in dieser Spam ist kurz:
100€ BahnGutschein – Der perfekte Spar-Deal für Ihre nächste Reise
So so, „BahnGutschein“ mit BinnenMajuskel. Gibt es so etwas wirklich bei der Deutschen Bahn? Kann schon sein, bei denen gibts ja auch ein „GepäckCenter“, weil das nicht so international verständlich wie „Luggage Center“ ist und trotzdem viel besser und moderner als das klare Wort „Schließfächer“ klingt. Da weiß ich gar nicht mehr, ob ich beim „McClean“, wie die Deutsche Bahn die Toiletten ohne jede weitere Kennzeichung ihres Zwecks zu nennen pflegt, kacken oder kotzen gehen soll. 😁️
Oh, es ist mir unmöglich geworden, im Kontext der Deutschen Bahn nicht sehr spöttisch und ätzend zu werden. Gut, zur Spam.
An sich sollte dort für Menschen, die keine vernünftige Mailsoftware benutzen und so etwas deshalb aus dem Web nachladen, noch ein Bild sichtbar werden, aber ärgerlicherweise kann ich das hier nicht präsentieren…
$ curl -s "https://firebasestorage.googleapis.com/v0/b/project-2-fede5.appspot.com/o/25_10_24/1/1.png?alt=media&atoken=37ecc988-9c6d-44a7-8582-c883c84fe9e1" { "error": { "code": 400, "message": "Invalid HTTP method/URL pair." } } $ _
…weil die Spammer es verpatzt haben. Von anderen Scheinumfragen und Gewinnspielen her weiß ich aber recht genau, wie es aussehen wird: Ein Foto eines Zuges, ein Logo der Deutschen Bahn, ganz tolle Anpreisung, hundert Prozent gratis. Der Link geht dann nach einer Weiterleitung über die Googlecloud in eine Domain, die nicht zur Deutschen Bahn gehört und…
$ surbl dbck.top-umfragen.de dbck.top-umfragen.de okay $ host dbck.top-umfragen.de dbck.top-umfragen.de has address 188.95.252.24 $ country 188.95.252.24 188.95.252.24 is from Spain (ES) $ _
…noch nicht auf den einschlägigen Blacklists steht. Wer sich darauf verlässt, dass irgendwelches Schlangenöl im Webbrowser vor fiesen, kriminellen Websites schützt, ist einmal mehr verlassen, denn die Blacklists liegen immer einige Stunden hinter der kriminellen Wirklichkeit zurück. Der Webserver steht in Spanien und präsentiert die folgende, für die Datensammelei mit angeblichen Umfragen ziemlich typische Seite:
Oh, habe ich eben „hundert Prozent gratis“ getippt. 😁️
Wenn man die Seite ein bisschen offen lässt, sorgt recht primitiver Javascriptcode dafür, dass die Anzahl der verbleibenden Gutscheine in unregelmäßigen Abständen immer kleiner wird. Aus 16 „übrigen“ Gutscheinen wird im Verlaufe von zwei Minuten nur noch einer. Dort bleibt die Zählung dann stehen, aber das wird die „Zielgruppe“ dieser Spammer nicht bemerken. Die sieht das, glaubt, dass ihre hundert Euro Flügel bekommen, macht dann ganz schnell und denkt nicht lange lästig nach. Wenn man die F5-Taste drückt oder im Browser auf das entsprechende Piktogramm zum Neuladen der dargestellten Seite klickt oder tappt (neudeutsch: Reload), fängt der Zähler wieder bei 16 an. Um zu erkennen, dass es sich hier um eine Lüge handelt, muss man also nur klicken können. 🖱️
Ich kann generell nur davor warnen, in eine E-Mail zu klicken oder sich solche Websites in einem normalen Webbrowser anzuschauen. Es ist Spam. Es sind Kriminelle. Dass diese Leute bösartig sind, bemerkt man schon an ihrer gleichermaßen hinterhältigen wie irreführenden Spam und an der irreführenden Webseite. Das sind keine harmlosen Spielkinder. Wenn die es irgendwie können und es sich lohnt, drücken die einem auch die neueste Kollektion von Schadsoftware auf den Rechner, und danach ist das Konto leer und die Kripo steht vor der Tür. Ich habe für so etwas eine virtuelle Maschine, deren sauberen Ausgangsstatus ich hinterher bequem wiederherstellen kann. Und ich benutze noch nicht einmal Microsoft Windows, das unangefochtene Lieblingsbetrübssystem der Internetkriminellen. Und noch etwas: Nicht einmal das alles ist völlig sicher. Es gibt keine hundertprozentige Sicherheit. Aber ich habe es hier „nur“ mit einfachen, schäbigen Verbrechern zu tun, nicht mit Gegnern, die einen hohen Aufwand treiben würden…
Für den Rest fasse ich mich kurz.
- Die banalen und sprachlich merkwürdig formulierten Fragen – Beispiel: „Wie häufig fahren Sie mit den Produkten der Deutschen Bahn“ – sind für Marktforschungszwecke irrelevant. Die Deutsche Bahn kennt ihre eigenen Fahrkartenverkäufe genau. Es ist eine Aktiengesellschaft. Die haben eine Buchführung, die weit über das Journal eines kleinen Kaufmannes hinausgeht.
- Am Ende gibt man bei solchen Scheinumfragen immer seinen Namen, seine Mailadresse, seine Telefonnummer, seine Anschrift und sein Geburtsdatum an, um seinen „Preis“ bekommen zu können. Diese Daten sind völlig für einen kriminellen Identitätsmissbrauch hinreichend und können zur Grundlage weiterer, personalisiert vorgetragener Betrugsversuche werden. Als vor einigen Wochen zum Beispiel mal personalisierte Phishingbriefe statt der üblichen Mailspam ankamen, waren vermutlich etliche Empfänger ein bisschen unvorsichtig und hatten hinterher ihren Schaden. Datenschutz ist Menschenschutz. Dass man sich nach einem Klick in eine E-Mail nicht wegen irgendwelcher leerer Versprechungen gegenüber irgendwelchen Unbekannten über ein technisches, anonymisierendes Medium datennackig macht, ist elementarer Selbstschutz im Internet. Wer das nicht versteht, sollte sich wirklich schnell ein anderes Hobby suchen. Bevor es richtig teuer und schädlich wird.
- Die eingesammelten Daten werden entweder von den Spammern selbst genutzt oder in den dunklen Ecken des Internet für eine Handvoll Bitcoin an andere Interessierte verkauft.
- Die angeblichen Preise oder Gutscheine gibt es nicht. Man bekommt nur Schaden, sonst nichts.
Diese ganzen Gewinnspiele und Umfragen aus der Spam sind Lüge. Es ist immer die gleiche Nummer. Bitte nicht darauf reinfallen!
¹Ergänzender Hinweis, leicht offtopic: Ich bin jahrzehntelang sehr viel und gern mit Zügen gefahren, weil es die bequemste und entspannendste Form des Reisens ist: Bequem hinsetzen, zurücklehnen und recht flott ankommen, während Deutschland an mir vorbeiscrollt. Ich habe es zwar nie nachgerechnet, aber dafür über die Jahre vermutlich viele zehntausend Deutsche Mark ausgegeben und weiß daher ziemlich genau, wovon ich rede. Dass ich Mitarbeitern der Deutschen Bahn das Tarifsystem der Deutschen Bahn mit seiner absolut irrationalen, vorsätzlich unlogischen und unheilbar gehirnzerfressenen Struktur nebst Ausnahme- und Sonderapparaten sowie zeitlich begrenzten Werbeaktionen immer wieder einmal teilweise erklären musste, weil sie sich selbst nicht damit auskannten, gehört zu meinen häufigeren Erfahrungen. Und das, obwohl es ihr einziger Job gewesen wäre: Das Produkt kennen, das man den Leuten verkauft. Statt nachzuschlagen oder mal auf ihre lustige Tastatur vor der Nase rumzutippen, werden sie patzig, arrogant, unhöflich und in einem Fall wurde es sogar mal beleidigend. Dabei war es völlig egal, ob ich in Hamburg, Bremen, Hannover, Köln, Essen, Frankfurt, Würzburg, Freiburg – sehr hübsch da, aber schade, dass die kein Deutsch sprechen können… – oder München war. Es änderte nur die mundartliche Einfärbung der gleichen Patzigkeit, Inkompentenz und Kundenverachtung. (Vom fraktal dysfunktionalen BRD-Reichshauptslum Berlin erwarte ich gar nichts anderes mehr als Kälte, Zerfall, Versagen und Rotzigkeit. Es würde mich im Alltag fürchterlich nerven, in so einer kaputten Stadt zu leben, in der gar nichts mehr funktioniert. Ich bin froh, dass ich da niemals mehr hin muss. Die vielen Leute, die es da toll finden und die mir das immer wieder gern mitgeteilt haben und mitteilen, werde ich deshalb auch nicht weiter in ihrem psychischen Schönsuff stören.) Apropos Kundenverachtung: Die Fahrkartenverkaufsautomaten kennt ihr, oder? Ich hätte mich für so eine Benutzerschnittstelle geschämt, wenn ich dafür verantwortlich gewesen wäre. Seit ich einen Lebensstandard habe, in dem ich mir das Bahnfahren nicht mehr leisten kann, könnte es sich theoretisch gebessert haben, aber in den vielen Jahren, in denen ich regelmäßig bahngefahren bin, wurde es im Laufe der Zeit nicht besser, sondern immer schlimmer. Jemanden vom Bahnhof abzuholen heißt mittlerweile für mich, dass ich eine zusätzliche Stunde für die normal gewordenen Verspätungen einplanen muss. Zum Ausgleich wurde inzwischen auch noch die Zuverlässigkeit abgeschafft, vermutlich, weil ausfallende Züge wenigstens nicht verspätet sind… und ja, ich kenne auch Zugfahren in Schweden, Dänemark, Italien, Schweiz, den Niederlanden und Frankreich. Nirgends war es jemals so mies wie hier. Und: Nirgends war es so teuer wie hier. Für die frühere DDR mit ihrer Deutschen Reichsbahn nebst ihrem teilweise museumsreifen Fuhrpark habe ich allerdings immer etwas Nachsicht und Respekt gehabt, weil es mir gar nicht so einfach vorkam, mit so einem Schrotthaufen noch einen brauchbaren und zuverlässigen Eisenbahnverkehr zu organisieren, und selbst dort waren die meist völlig unmotivierten Mitarbeiter deutlich besser. Na ja, und die Preise dafür waren halt nicht kostendeckend, sondern sozialistisch und die Münzen aus Aluminium.
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