Unser täglich Spam

Aus dem Internet frisch auf den Tisch. Köstlich und aromatisch.


Vertrauenswert

Montag, 9. Juni 2008, 5:32 Uhr

Was ist das denn wieder für eine Betreffzeile! Ob so eine millionenfach versandte Spam irgendwelcher Verbrecher wohl etwas „Vertrauenswertes“ sein kann? (Die Spam wurde ausgefiltert, weil sie mutmaßlich aus einem Botnetz kam.) Werfen wir doch einmal einen Blick rein:

Sehr geehrte(r) Herr/Frau

So sehr die mich auch in ihrer Anrede „ehren“, die wissen nicht einmal, ob ich Männlein oder Weiblein bin. Das hindert die aber nicht daran, mir ein Stellenangebot zu machen, als ob man es angesichts von mindestens acht Millionen realen Arbeitslosen und Elendsarbeitern in der BRD nötig hätte, Leute über illegale Spam zu suchen:

Im Zusammenhang mit der Erweiterung unserer Firma bieten wir in Ihrer Region 8 Stellenangebote an.

Eure Firma habt ihr noch nicht einmal vorgestellt oder euch wenigstens einen tollen Namen dafür ausgedacht, und in welcher Region ich hier sitze, könnt ihr ebensowenig angeben wie meinen Namen. Aber trotzdem wollt ihr, dass ich euch glaube, dass ihr mich einstellen wollt. Mit welchem Strunz wollt ihr mich denn da überzeugen?

Bei der Einstellung von neuen Mitarbeitern lassen wir uns in erster Linie von den Referenzen unserer aelteren Mitarbeiter leiten. Wir brauchen zuverlaessige Menschen, die sich in die Arbeitsatmosphaere unseres Teams gut einordnen koennten und denen unsere Firma verantwortliche Taetigkeit anvertrauen koennte. Daher haben wir unseren Mitarbeitern angeboten, uns passende Kandidaturen aus der Zahl ihrer Bekannten zu empfehlen. Von den angebotenen Kandidaturen haben wir die Liste aus 15 Kandidaten zusammengestellt, die unserer Meinung nach offene Stellen besetzen koennen.

Soso, eure „älteren Mitarbeiter“ waren das also. Und damit ich das nicht weiter überprüfen kann, könnt ihr euch noch nicht einmal einen gängigen Namen ausdenken, der eventuell auch der Name eines meiner Freunde sein könnte. Denn dem Freund würde ich vielleicht was erzählen! Jemanden wie mich als „zuverlässigen Menschen“ zu bezeichnen, ist wirklich ganz schön gewagt.

Aber immerhin, durch eines eurer Details wird das mit den „älteren Mitarbeitern“ doch noch ein bisschen glaubwürdig. Offenbar sind die so alt, dass sie noch nicht einmal mitgekriegt haben, dass man inzwischen auch Umlaute in Mails codieren kann. Dabei wissen die sogar schon, wie man einen Buchstaben in einer HTML-Mail fett setzen kann, was ich als erheblich moderner bezeichnen würde. Haben die etwa selektiven Alzheimer und wissen das eine, aber nicht das andere? Oder haben die einfach keine Umlaut-Tasten auf ihrer Tastatur im schönen Bjelorussland. (Übrigens danke für die explizite Angabe eurer Zeichencodierung im Mailheader, das hilft bei der Beurteilung der Herkunft.)

Da Sie auch in diese Liste eingezeichnet werden, machen Sie sich bitte mit dem Stellenangebot bekannt.

Egal, wie ihr das nennt: Es ist eine asoziale, kriminelle und illegale Spam. Ein „Stellenangebot“ kommt niemals auf solchem Weg.

Wir suchen zum schnellstmöglichen Zeitpunkt Mitarbeiter für:

ELECTRONIC SYSTEMS OPERATOR (m/w)

Wie jetzt? Was ist das denn für ein Bullshit-Wort? Fallen euch echt keine besseren Berufsbezeichnungen mehr für eure Geldwäscher ein? Im ersten Moment klingt das fast nach jemanden, der mit der Fernbedienung einen Fernseher ein- und ausschaltet. :mrgreen:

Zahl von freien Stellen: 3
Land: Deutschland
Gehalt: EUR 800-1000 pro Woche
Probezeit: ein Monat
Beschaeftigung: teilweise (2-4 Stunden pro Tag)
Der Job ist als Nebenjob geeignet

Um es einmal zusammenzufassen: Ihr bietet einem Menschen, den ihr nicht kennt und nicht mit Namen ansprechen könnt, eine Arbeit an, die sich als Nebenjob eignet, die man nur halbtags machen muss und die dennoch sieben bis neun lila Lappen im Monat abwerfen soll? Und das soll jemand glauben oder gar für ein seriöses „Stellenangebot“ halten, der noch ein bisschen bei Troste ist? Und was man bei euch schon wieder zu tun kriegt:

Ihr Aufgabengebiet

1. Koordination von Kundenzahlungen via Bargeldtransfer-Service
2. Erledigung von 2-4 Ueberweisungen pro Woche
3. On-line banking
4. Beantwortung von Telefonanrufen, die mit Ihren Aufgaben verbunden sind
5. Bearbeitung von Korrespondez, die mit Ihren Aufgaben verbunden ist

Klar, das euch da scheißegal ist, wer euch die heißen Kohlen aus dem Feuer holt und in den Knast geht, wenn ihr durch eure Betrügereien reich werdet. Kurz gesagt, sucht ihr jemanden, der in eigener Verantwortung und in eigenem Namen die Gelder eurer Opfer entgegennimmt und euch bar zukommen lässt, also einen Menschen, der Bank spielt. Und zwar für Gelder, die auch der korruptesten und moralneutralsten Bank dieser Welt noch zu heiß wären.

Aber ihr habt ja noch einen Job anzubieten, für den ihr euch ein völlig anderes Bullshit-Wort ausgedacht habt…

PROJECT EXECUTIVE (m/w)

Zahl von freien Stellen: 5
Land: Deutschland
Gehalt: EUR 900-1000 pro Woche
Probezeit: ein Monat
Beschaeftigung: teilweise (2-3 Stunden pro Tag)
Der Job ist als Nebenjob geeignet

Ihr Aufgabengebiet

1. Koordination von Kundenzahlungen durch Bargeldtransfer-Service
2. Erledigung von 1-3 Ueberweisungen pro Woche
3. Beantwortung von Telefonanrufen, die mit Ihren Aufgaben verbunden sind
4. Bearbeitung von Korrespondez, die mit Ihren Aufgaben verbunden ist

…obwohl der im Kern genau das gleiche macht. Geld in seinem Namen annehmen und an bar euch weiterleiten. Der kriegt dann übrigens auch das gleiche Strafmaß wegen Geldwäsche aufgebrummt.

So, jetzt habt ihr eure Pflicht schon gut verpatzt, in der Kür wollt ihr aber noch ein paar ordentliche Sprachlücken zeigen, um weitere Punktabzüge zu sammeln. Dafür habe ich volles Verständnis, in Bjelorussland ist die Wortstellung der Alltagssprache nun einmal etwas anders als in Deutschland:

Keine Investitionen sind Ihrerseits erforderlich!
Mit uns beginnen Sie sofort Geld verdienen.

Sie hingegen erforderlich investieren in Duden und Buch über Deutsches Grammatik. Denn vielleicht Ihre Mail wirken echter und glaubwürdiger ein bisschen. 😆

Um unsere Zusammenarbeit fortzusetzen, füllen Sie den untengegebenen kurzen Fragebogen aus und mailen an uns: miltonorgcslmd@gmail.com

Was? Fortsetzen? Zusammenarbeit? Ich glaube es hackt! Es gibt keine Zusammenarbeit. Schon gar nicht mit Leuten, bei denen ich die Mail nicht über die Antworten-Funktion meiner Mailsoftware beantworten kann. Wer so doof ist, dass er keine Antworten-Adresse in seine Spam mit gefälschten Absendern reinkriegt, der ist es eigentlich nicht einmal wert, dass man ihn mit dem Arsch anschaut. Vor allem, wenn er für seine geschäftliche Mail nur ein kostenloses Mailkonto bei Google Mail verwenden kann und dabei noch so eine kryptische Adresse hat. Als ob eine eigene Domain viel Geld kosten würde!

Vorname:
Familienname:
Land:
Ort:
Telefonnummer:
E-MAIL:

Zusätzliche Information:

Was bitte meint ihr mit „Zusätzliche Information“? Darf man da zum Beispiel reinschreiben, dass man hauptberuflich beim BKA, Abteilung für organisierte Kriminalität arbeitet und mit der Bezahlung so unzufrieden ist, dass man sich über den Nebenjob bei euch freut? Oder soll man da einfach nur reinschreiben, dass man ganz toll und intellent ist? Das merkt ihr doch schon daran, dass man euren Schrottbrief beantwortet, oder?

MFG

Milton Organics Limited
Tel.: +1 xxx-xxx-6233
Firmensitz: 16 Aphrodite Avenue, Kouklia, CY-8500 Cyprus

[Die Telefonnummer wurde von mir unkenntlich gemacht, um einen Missbrauch dieser wahrscheinlich von den Spammern wild ersonnenen Nummer durch Leser dieses Blogs auszuschließen.]

Ah, jetzt habt ihr euch doch noch einen Namen für euch selbst eure angebliche Firma ausgedacht. Lieber ne „Limited“ nehmen, als durch das Fehlen dieser Angabe völlig beschränkt zu wirken. Natürlich ging der Link nicht auf eine Website, sondern einfach nur auf eine andere Mailadresse. Natürlich auch wieder eine kostenlose, und natürlich auch wieder bei Google Mail. Denn so ein tolles Unternehmen, dass ganz viele Leute in Deutschland braucht, die viel Geld möglichst bar befördern, das hat ja keine Präsentation im Internet. Aber dafür Skripten, die Mailadressen bei Google einrichten und Botnetze, die zum Spammen verwendet werden. (Diese Mail ging von einem mutmaßlich gekaperten Rechner aus, der über eine Einwahlverbindung mit dem Internet verbunden war.) Glaubt ihr wirklich, dass jemand mit einem nur geringfügig über der Tagestemperatur liegenden IQ euch Verbrechern diese hanebüchene Scheiße abkauft?

Geht doch einfach sterben, wenn ihr es schon nicht lernen wollt, überzeugend und vor allem auch mal etwas unterhaltsam zu spammen! Und lernt endlich einmal so technischen Elementarkram wie die Sache mit den Umlauten in HTML! Das ist gar nicht so schwierig, diese paar Entities zu beherrschen, das kann hier jeder dreijährige Nachwuchshäcker auf seinem Kackpott. Denn so fallen auf eure saudumme Masche nicht einmal mehr die unbelehrbarsten Dummköpfe rein.

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