Unser täglich Spam

Aus dem Internet frisch auf den Tisch. Köstlich und aromatisch.


Spamradio

Donnerstag, 3. Mai 2007

Ganz frisch verlinkt ist ein etwas anderer, ebenfalls recht kreativer Umgang mit der täglichen Spam-Seuche. Spamradio lässt die Texte der Spams automatisch verlesen, unterlegt sie mit Hintergrundmusik und stellt das Ergebnis dieser Transformationen in einem Audio-Stream zur Verfügung, der mit einem streamfähigen Player gehört werden kann. Genau das richtige für jemanden, der noch nicht genug davon hat. Oder, um es mit der Selbstbeschreibung dieser großartigen Idee für ein Webradio zu sagen:

Serving up delicious helpings of spam to all who are hungry.

Using a complex arrangement of pipes and funnels we turn the junk mail that we receive into a streaming audio broadcast that can be enjoyed from anywhere on the Internet.

Kurz (und etwas schlampig) ins Deutsche übertragen:

Für jeden, der Hunger hat, servieren wir eine schmackhafte Abhilfe mit Spam.

Unter Verwendung einer komplexen Anordnung von Röhren und Trichtern (das hier verwendete Wortspiel lässt sich nicht gut übersetzen, da eine Pipe ein Konzept unixoider Betriebssysteme ist) verwandeln wir unsere täglich empfangene Müll-Mail in einen Audiostream. Dieser kann überall im Internet genossen werden.

Na denn: Guten Appetit! 😉

Nochmal Tier-Spezi AG

Donnerstag, 3. Mai 2007

Die „Kauf mal ein paar Aktien“-Mails mit irreführenden Informationen zur schweizerischen Tier Spezi AG gibt es jetzt auch in einer „neuen“ Version.

So neu ist die Version aber gar nicht. Der Text ist etwas entdummt und sprachlich (durchaus gelungen) geglättet worden, er hat jetzt sogar richtige deutsche Umlaute, ist aber inhaltlich kaum verändert. Dafür wurde der Text jetzt in eine Grafik gepackt, die in einer HTML-Mail eingebettet daher kommt – die sieht so aus:

Tier-Spezi Spam

Stilecht und in der typischen Seriosität einer solchen Spam wird diese Grafik voller irre führender Informationen von einem thematisch fern liegenden Textschnippsel gefolgt, der gewiss in jeder Mail anders aussieht. Bei mir sieht dieser „Text“ so aus:

Er hatte in der ersten TV-Debatte in Frankreich 1974 die entscheidenden Punkte fuer seinen Wahlsieg gegen den Sozialisten François Mitterrand errungen.

Sarkozy liess sich zunaechst nicht aus der Ruhe bringen und verwies auf eine «katastrophale» Situation, die die sozialistische Regierung Lionel Jospin bei seinem Amtsantritt 2002 hinterlassen habe.

[… Rest von mir entfernt]

Immerhin, die Anführungszeichen (in «katastrophale») und der Verzicht auf das „ß“ sehen wenigstens nach Schweiz aus. Das ist aber auch der einzige Bezug dieses Filter-Verblendungs-Textes zu einer schweizerischen Aktiengesellschaft.

PREIS IST CHANCE

Donnerstag, 3. Mai 2007

Kurz und knapp ist die Drill-Lyrik der gegenwärtigen Pennystock-Spams. Ein Betreff wie „PREIS IST CHANCE“ verheißt schon gewisse Probleme mit dem Ausdruck in der deutschen Sprache, die sich denn im Rest dieses E-Mülls fortsetzen:

[… Von mir entfernt] ist am 52-Woche niedrig!
Es ist Zeit jezt es zu kaufen!

[… Von mir entfernt]
Kurzel: [… Von mir entfernt]
Letzter Preis: 0.19
Prognose: 1.45
[…]

Sehen Sie [… Von mir entfernt] am 3.Donnerstag!
Verpassen Sie dieser Tag nicht!

Spammers IQ ist eben 52 Wochen im Jahr niedrig. Irgendwann kriege ich doch mal so einen modernen Börsenbetrüger in die Finger, und dann braucht man gar nicht lange zu warten. Verpassen Sie dieser Tag nicht! 👿

Wer auf dieses unbeholfene Gestammel hin sein Geld für ziemlich wertlose Aktien ausgibt, damit diese lästigen Fäkalmaden einen guten Schnitt für ihre Spam-Attacken machen, dem ist nicht mehr zu helfen.

Aktien steigen

Mittwoch, 2. Mai 2007

Klar, wenn die Menschen auf eine solche Mail wie die dressierten Hunde reagieren, denn steigen die Aktien – sehr zum Entzücken dieser Spammer. Aber vielleicht sollte der Autor dieser Spam ein bisschen an seinem Deutsch feilen, damit es nicht zu gewissen Missverständnissen kommt.

Guten Tag, ich heisse DR. Ortega.
Heute moechte ich Ihnen ueber einen erfolgreichen Aufstieg einer Internet-Firma mitteilen. Verschiedene Waren werden ueber Internet verkauft und die Verkaufsvolumen steigen vom Jahr zu Jahr das ist schon nicht merkwuerdig.

Und verschiedene Mails werden über Internet versandt und die Mailvolumen steigen von Jahr zu Jahr das ist schon nicht erfreulich.

Ueber das Internet sind die Waren billiger, es ist bequemer sie zu bestellen, fast jedes Netz-Geschaeft bittet Lieferung und Rabatte an.

Über das Internet sind die Werbebriefe billiger, es ist bequemer sie zu verschicken, fast jeder Netz-Betrüger bittet sie täglich um ihre Geduld für seine Müll-Lieferung.

Eines der besten Beispiele vom Internet-Geschaeft ist die Firma Tier-spezi AG […]

Eines der duchschnittlichsten Beispiel vom Internet-Müll ist unsere Firma Schweinehund AG. Man braucht schon ein geradezu hündisches Vertrauen und eine amöbenhafte Dummheit, um wegen dieser Spams Aktien zu kaufen.

Diese Firma verkauft Artikel fuer unsere kleine Brueder. Dieses Unternehmen hat eigenes Verkaufsnetz und eigene Produktionslinien, am besten laeuft das Geschaeft ueber das Internet.

Und wir versenden die Mails an unsere kleinen Brüder. Wie haben ein eigenes Botnetz und jemanden, der strunzdumme Texte verfasst, mit denen wir Börsenmanipulationen machen. Am besten läuft dieses Geschäft über das Internet.

Die Thesaurierung und der Verkaufswuchs der Gesellschaft ist unwahrscheinlich, nur in zwei Jahren ist es der Firma gelungen, auf den offenen Markt aufzutreten und eigene Aktien den Privatunternehmern anzubieten. Durch Knut-Geschichte hat sich die Denkensweise der Menschen umgewandelt, man holt jetzt immer mehr Tiere aus den Tierpflegeheimen. Die Verkaufsvolumen der Tierspesi AG sind unwahrscheinlich gestiegen. Deswegen braucht das Unternehmen neue Investitionen fuer die Produktionserweiterung.
Pruefen Sie die Marktdaten des Tier-spezi AG […]

Dabei erfinden wir auch gern mal ein neues Wort, wenn unser Übelsetzungs-Programm nicht weiter weiß. So entstehen unsere tollen Begriffe wie „Thesaurierung“, „Verkaufswuchs“ und „Denkensweise“. Das kapiert unsere aus hirnweichen Idioten bestehende Zielgruppe nicht, und deshalb halten die uns für ganz große Insider mit gewaltigem kaufmännischen Lach- und Sachverstand. Durch Knut-Geschichte haben wir gemerkt, dass in Deutschland Menschen sind so dumm, deshalb machen wir es so.

Das ist eine ausgezeichnete Chance fuer den Aufstieg der Gesellschaft!

Wenn sie wegen dieser Spam anspringen und kaufen und den Kurs der Aktie hochtreiben, ist das eine ausgezeichnete Chance für unseren Aufstieg in der Gesellschaft. Durch Ihr Geld und Ihre grenzenlose Dummheit.

Natürlich hat die schweizerische Tier-Spezi AG mit dieser Spam wohl nichts zu tun. Sie ist selbst unbeteiligte Dritte in diesem kriminellen Börsenzock mit vielen, blutenden Dummen. Sie hat auch ein ganz anderes Geschäftsfeld, wie eine Recherche mit einem Aufwand von 30 Sekunden hervorbringt. Der Zweck dieses Unternehmens besteht nicht etwa in Produkten für die Haustiere, sondern im

Erwerb, Verwaltung sowie Veräusserung von Beteiligungen an anderen Unternehmen; kann Tochtergesellschaften errichten, sich an anderen Unternehmungen beteiligensowie Grundeigentum / Immobilien erwerben, belasten, veräussern und verwalten.

Aber wahrscheinlich sind einige Empfänger dieser Spam zu doof, um das mal eben nachzuschlagen. Die Vorstellung, dass da irgendwas „für Knut“ gemacht wird, klingt doch viel sympathischer.

Ach so: Der Dr. Ortega nennt sich auch Dr. Parisi. Wahrscheinlich hat er noch ein paar Namen mehr. Der Text ist aber identisch, einschließlich aller Schwächen.

Gaga!

Mittwoch, 2. Mai 2007

Normalerweise ist es leicht, zu verstehen, warum so eine Spam auf eine wehrlose Welt losgelassen wird. Es gibt im Wesentlichen zwei Gründe für dieses widerliche und kriminelle Verhalten. Entweder soll Leuten etwas verkauft werden, oder die Rechner der Empfänger sollen mit Malware verseucht werden.

Wenn man so ein hohes Wort für derart niedere Beweggründe verwenden will, denn kann man sagen, dass die Spam einen gewissen „Sinn“ hat.

Aber diese Zeiten scheinen vorbei zu sein. Im Moment stapeln sich bei mir völlig sinnlose Müll-Mails in englischer Sprache. Sie haben einen sinnlosen Text, kommen ohne Attachment daher und enthalten auch keine Links. Die Texte sind offenbar Fragmente, die ihres Kontextes beraubt werden und dadurch entfernt an die „Mitteilungen“ schwer schizophrener Menschen erinnern.

So etwa diese MFC-Traurigkeit:

Betreff: The rain falls down on last year’s man, an hour has gone by and he has not moved his hand.

Here’s the MFC 4.

Wie gesagt, ohne jeden Link und ohne eine Spur von Sinn. Einfach nur Müll, der das virtuelle Postfach verstopft. So zum Beispiel auch dieser Hinweis zur Benutzung eines NTFS-Dateisystems unter DOS:

Betreff: NTFSDOS must be started from the directory that contains its support files.

He tried it several times.

Ob einer dieser vielen Versuche wohl gefruchtet hat? Es scheint gar nicht so leicht zu sein, das passende Verzeichnis zu finden. Aber muss man das einem wehrlosen Internet mit dummer Spam mitteilen?

Große Teile der Texte scheinen aus dem USENET entnommen zu sein. So tauchen immer wieder die vielen kleinen Probleme der Programmierung in den sinnlosen Mitteilungen auf:

Betreff: My problem is how I can associate the two Views with the mainframe document.

When such values are encountered, an implicit binding to an anonymous variable name is created.

Nun, bei solchen Problemen könnte es hilfreich sein, eins nach dem anderen zu erledigen. Diese drei Zitate sind nur Beispiele für etwas, was momentan als regelrechte Flut kommt.

Warum einige Spammer im Moment so vorgehen, ist allerdings eine schwierige Frage. Es handelt sich ja nicht um Einzelfälle, sondern um eine große Aktion, die scheinbar keinen Nutzen bringt.

Nach etwas Nachdenken bin ich zu dem Schluss gekommen, dass diese Spams sich wohl an Spamfilter richten, nicht an Menschen. Die vielen Filterprogramme sollen offenbar mit einer so großen Bandbreite von verschiedenen Textmustern geflutet werden, dass sie unbrauchbar werden – vielleicht klappt das sogar ein bisschen. Wenn die vielen „selbstlernenden“ Filter solche „fast normalen“ Texte als Spam erlernen, führt dies auch zu einem Zerfall der bislang erkannten Muster in Spam-Mails. Und damit besteht durch solche Aktionen eine gesteigerte Wahrscheinlichkeit, dass die Spam demnächst wieder besser durchkommt.

Und wer badet diesen ganzen Wahnsinn aus? Wir paar Menschen, die das Internet vor allem als ein Netzwerk verwenden, das Menschen verbindet. Wenn ich doch nur einmal einen Spammer in die Finger kriegen könnte!

Re: Best friends!!!!

Dienstag, 1. Mai 2007

Wer seinen Betreff schon mit vier Ausrufezeichen versieht, muss wirklich ein guter Freund sein. Und ganz doll was mitzuteilen haben.

Pohlavni ustroji u kocoura tvori varlata ulozena v

Leider ist dieser Einstieg nicht wirklich leicht verständlich für mich. Das sollte einem Spammer eigentlich bei einer DE-Domain klar sein. Aber die Worte scheinen sich auch eher an den Spamfilter zu richten, denn die eigentliche „Nachricht“ ist wieder in der lingua franca der Spammer, in Englisch gehalten:

Hi,

You like allure lolita with vast enormous?
Type in your browser WWW % […] % NET.
Replace % with .

Nun, leider stehe ich nicht auf Sex mit unreifen Mädchen. Aber solche Verfehlungen sind dem, der mit der Schrotmunition eines Spammers auf das Internet feuert, ziemlich egal. Dafür ist hier ein neues Stück Kreativität angekommen. Hier wurde auf das Ausschreiben der URL verzichtet, stattdessen sind die einzelnen Komponenten mit heiteren Prozentzeichen getrennt. Auch so hat dieser E-Müll bessere Chancen, durch den Spamfilter zu kommen. Das muss ein echt wichtiges Angebot sein, wenn jemand so viel trickst…

Und eine ganz neue Form der Interaktivität ist beim Empfänger gefragt. Nicht einfach nur wie ein Dummkopf auf einen Link klicken, um ein paar Rubbelbilder (oder vielleicht auch ganz hässliche Malware) zu kriegen. Nein, die URL muss nach einer einfachen Anleitung aus dem Mailtext konstruiert werden. Rätsel sind ja gerade sehr beliebt, wie die allgemeine Beliebtheit der Hirnlosigkeit namens Sodoku beweist.

Ein gewisses Rätsel bleibt auch der Abschluss dieser Mail:

Vetsina chovatelu kocek by vsak s timto nazorem sourku. Nekdy se vyskytuje vada, pri niz jedno nebo je schopnost kocky menit v zavislosti na intenzite dopadajiciho

Wer auf einen Link in einer Spam klickt, ist ja schon ziemlich blöd und riskiert die Infiltrierung seines Rechners mit hässlicher Malware. Aber wer so blöd ist, dass er eine URL aus einer solchen Mail abtippt und im Browser aufruft, dem ist wohl gar nicht mehr zu helfen.

Der Schaden durch Spam

Montag, 30. April 2007

Viele Menschen scheinen Spam nur für lästig zu halten und gehen mit jenem gleichgültigen Achselzucken darüber hinweg, mit dem sie auch andere lästige Dinge hinnehmen, wie etwa die Stechmücken im Sommer. Diese Menschen vergessen drei Dinge, die in der Stumpfheit der heutigen „Spamwirtschaft“ niemals vergessen werden sollten:

  1. Spam ist asozial, da sie bestehende Kanäle für den Austausch zwischen Menschen auf mechanische Weise missbraucht und mit unerwünschten Mitteilungen überflutet und verstopft;
  2. Spam ist kriminell, sie ist nicht nur ethisch verwerflich, sondern verstößt auch gegen geltendes Recht und ist strafbar; und
  3. Spam richtet große Schäden an.

Mit den Schäden ist hier nicht nur das bisschen verlorene Bandbreite beim Empfänger der Spam gemeint, nicht nur der Zeitaufwand, den jeder Mailnutzer wegen der Spam-Seuche jeden Tag beim Bearbeiten seiner Mail hat. Das allein wäre an sich schlimm genug – ich kann ein Lied davon singen.

Nein, Spam richtet auch wirtschaftliche Schäden bei an sich unbeteiligten Dritten an; und diese Schäden können erhebliche Ausmaße annehmen. „Wirtschaftliche Schäden“ meint hier: Es kostet die Betoffenen Geld, im Falle eines Online-Händlers vielleicht sogar die wirtschaftliche Existenzgrundlage. Das ist nicht unbedingt „mein Thema“, wenn ich über meine tägliche Spam blogge, aber es muss der Vollständigkeit halber in großer Deutlichkeit erwähnt werden, bevor es in meinem ansonsten eher heiteren Ton völlig untergeht: Spam ist kein Spielzeug und nicht etwa nur eine kleine Lästigkeit, Spam ist eine zerstörerische Gewalttat.

Ich erhielt heute einen bemerkenswerten Kommentar wegen des letzten zu mir gespammten Wahnsinnes, in dem sich ein krimineller Spammer mit gefälschter Absenderadresse für den Kauf eines Handys bedankte – natürlich war es seine Absicht, die Empfänger der Spam auf eine bestimmte Internet-Seite zu lotsen, um ihnen dort etwas unterzujubeln. Der Kommentar stammt von Klaus-Martin Meyer, einem Mitarbeiter der Telefon.de Handels-AG. Die Domain telefon.de aus der gefälschten Absenderadresse der Spam wird von dieser Firma für den Online-Handel und für die Öffentlichkeitsarbeit verwendet, ist also von existenzieller geschäftlicher Wichtigkeit für das betroffene Unternehmen.

Dem Spammer ist das egal. Der braucht für seine Arschlochnummer* nur irgendeinen passend klingenden Domainnamen, den er für seinen gefälschten Absender missbrauchen kann. Dass sich dann ganz andere Menschen mit den Reaktionen der Empfänger herumschlagen müssen, interessiert den Spammer nicht, solange sich genügend Deppen wie geplant die Malware einfangen. Es ist dem Spamer auch gleichgültig, wenn der Inhaber der Domain telefon.de wegen der Spam eine erhebliche Rufschädigung erfährt, im eigenen Mailverkehr blockiert wird und viele Arbeitsstunden bezahlen muss, in denen sich Mitarbeiter mit teils erbosten Anrufern unterhalten.

Wie so etwas konkret aussieht, kann man am Eintrag im Telefon.de-Blog ein wenig erahnen:

Aufgrund von Anti-Spam-Maßnahmen bei unserem Email-Provider können wir aktuell per Email nur eingeschränkt agieren. […] Zudem leidet aktuell unsere telefonische Erreichbarkeit, weil besorgte Bürger anfragen, was es mit der Email auf sich hat. […] Wieder andere beschweren sich, weil sie denken, telefon.de wäre auch der Versender der Mails.

Kurz gesagt: Ich kenne jetzt einen Ort, an dem das Arbeiten im Moment bestimmt keinen großen Spaß macht. (Ich kann nur hoffen, dass sich das bald wieder ändert.) Und nicht nur das: Diese Arbeit verursacht zunächst große Kosten, denen überhaupt kein Ertrag gegenüber steht; sie verursacht wirtschaftliche Verluste. Darüber hinaus hat die betroffene Firma durch den Missbrauch ihres Domainnamens eine Schädigung ihres Rufes erfahren; der davon verursachte Schaden kann mittelfristig sehr groß werden, lässt sich aber niemals exakt in einem Betrag messen.

Und das alles nur, weil ein anonymer Krimineller möglichst viele Deppen in Deutschland dazu bringen wollte, sich einen Trojaner auf ihrem Rechner zu installieren und deshalb die Absenderadresse seiner Spammails gefälscht hat.

Die Telefon Handels-AG, die Eigentümerin der Domain telefon.de, hat damit überhaupt nichts zu tun. Ein Großteil des Schadens durch diese Spam hängt wieder einmal an unbeteiligten Dritten.

Das sollte jedem zu denken geben, wenn er eine Spam empfängt. Der Absender ist so gut wie immer gefälscht, hier werden der Name, das Postfach, der Ruf und die Nerven unbeteiligter Dritter ruiniert und in krimineller, verantwortungsloser Weise Kosten verursacht. Jeder Versuch, eine Spam zu beantworten, trifft im Regelfall die Falschen; der Spammer hält sich feige im Hinterhalt versteckt. Eventuell angegebene Postanschriten und Telefonnummern sind im Regelfall unzutreffend; wenn man dorthin anruft oder schreibt, trifft man wieder die Falschen. Das einzige, was an einer Spam korrekt ist, das ist die Angabe, wo man illegale Waren kaufen kann oder die URL, unter der man Schadsoftware untergeschoben bekommt – und diese Angaben sind in der Regel ebenfalls anonym gehalten, häufig auch unter gezieltem, asozialem Missbrauch kostenloser Mail- oder Webhosting-Dienste für Menschen.

Die einzige Möglichkeit, dem asozialen und kriminellen Spammer sein Geschäft zu versalzen, besteht darin, dass man jede Spam ignoriert und möglichst viele Menschen in seinem Umfeld über den Spam-Wahnsinn aufklärt. Wenn niemand mehr in gewünschter Weise auf eine Spam reagiert, lohnt sich dieses „Geschäft“ nicht mehr und die E-Mail könnte wieder ein Kommunikationsmittel für Menschen werden. Natürlich auch für Menschen, die miteinander ins Geschäft kommen wollen. Aber eben in erster Linie für Menschen.

Denn dazu ist das Internet da. Es ist kein technischer Selbstzweck. Es ist ein Netzwerk von Computern, das Menschen verbindet.

Was Spammer aus diesem Internet machen wollen, sollte nach dem Lesen dieses etwas längeren Postings klar geworden sein. Ebenso sollte klar geworden sein, dass Spam bekämpft werden muss.

Eines in diesem Kampf kann jeder tun. Es ist ganz einfach, weil dafür gar nichts getan werden muss. Es reicht völlig aus, jede Reaktion auf eine Spam zu unterlassen, niemals ein Geschäft aufgrund einer Spam zu machen und den ganzen Müll zu löschen.

Wer etwas mehr tun möchte, informiert am besten alle Menschen in seinem Umfeld über Spam, ihre Folgen und den richtigen Umgang damit. Das ist doch ein relativ müheloser Weg, eine etwas bessere Welt zu schaffen.

*) Wer findet, dass das Wort „Arschlochnummer“ zu unflätig für das beschriebene Verhalten sei, darf sich gern ein anderes Wort ausdenken. Ich bleibe auch nach dreimaligen Nachdenken bei diesem zuerst geschriebenen Wort. Weil es passt.

Der Wert der „Freundschaft“

Montag, 30. April 2007

15 Euro - Ihr Gutschein für jeden neuen Kunden - Freunde werben Freunde

Die Frage, welchen Wert so etwas wie Freundschaft haben könnte, haben die Menschen verachtenden und asozialen Werber schon längst für sich entschieden, und zu viele Menschen scheinen dieser Entscheidung zu folgen. Dass Menschen noch so etwas wie Beziehungen untereinander haben, ist aus der Sicht der Werber vor allem ein möglicher und nutzbarer Vertriebskanal. Deshalb dieses exemplarische Angebot eines Gutscheines über 15 Euro, der in hässlichen Tinnef umgesetzt werden kann. Dieses Angebot ist nur ein Beispiel für viele vergleichbare Beglückungsideen aus der Werbung, die vom aufgeschwatzten Zeitungsabo über eingeblendete Werbung in persönlichen Websites bis hin zur Bezahlung für verstecktes Produkt-Blogging reichen. Es stammt aus dem aktuellen Katalog „Die moderne Hausfrau“.

Es handelt sich um eine Aufforderung an die Leser, ihre persönlichen Beziehungen zur eigenen Bereicherung auszubeuten, damit sie in den „Genuss“ eines solchen „Gutscheines“ kommen. Es ist eine Aufforderung, menschliche Beziehungen unter dem Aspekt wirtschaftlicher Vorteile zu betrachten, und dies selbst dann noch, wenn diese Vorteile von lächerlicher Winzigkeit sind. Es ist eine Aufforderung, für einen geringwertigen Lohn zum Schergen von Werbern zu werden, die ihr Menschenbild in solchen Aktionen deutlich genug offenbaren.

Verglichen mit anderen Formen der Werbung kommen auch die Werber in diesem Beispiel sehr günstig weg, da sie nur im Erfolgsfall etwas bezahlen müssen. (Die halbe Seite in einem Katalog hat keine großen zusätzlichen Kosten verursacht.) Und die Bezahlung liegt keineswegs bei 15 Euro, sondern beim viel geringeren Einkaufswert des Tinnefs für einen Großabnehmer – das wird hier als „Gutschein“ verklausuliert, den man natürlich nur beim Anbieter gegen Waren zum dortigen Preis eintauschen kann. Diese Bezahlung wird auch nur dann fällig, wenn aus einem „Freund“ ein „neuer Kunde“ geworden ist.

Für andere Formen der Kundengewinnung müssten die Werber für einen einzigen „neuen Kunden“ ganze Bäume in hochglanzbedrucktes Papier verwandeln, das sie auf allen möglichen und unmöglichen Wegen vor die Augen der Kauftrottel stellen. Oder unter hohen Kosten allgegenwärtige Plakate in die Landschaften stellen. Oder Fernsehwerbung machen und zum hohen Preis ausstrahlen lassen. Eben die normale Schrotmunition verwenden, mit der die Werbung Menschen „erlegen“ will. (Wer das Wort „erlegen“ hier zynisch findet, beachte bitte: Das Wort „Zielgruppe“ ist ein Wort der Werber, die Menschen sind also „Ziele“ wie die gehetzten Jagdtiere oder die Angehörigen feindlicher Truppen.) Die Beziehungen der Menschen untereinander sollen hier als Präzisionswaffe für den gezielteren und treffsichereren und damit billigeren Angriff der Werbung dienen.

Wer darauf anspringt, verkauft das, was hier zum Hohn von den Werbern auch noch „Freundschaft“ genannt wird. Und zwar zu einem äußerst billigen Preis. Er zeigt damit auch, was ihm „Freunde“ wirklich bedeuten.

Dass solche Werbeaktionen immer wieder durchgeführt werden, zeigt, dass viele Menschen zu einem solchen Verkauf bereit sind – sonst gäbe es solche Werbeaktionen nicht. (Es ist in meinen Augen übrigens kein Zufall, dass sich solche Aktionen vorwiegend an weibliche Leser richten und deshalb vor allem in Medien mit weiblicher „Zielgruppe“ auftauchen, aber das ist noch einmal ein ganz anderes, ebenfalls sehr kaltes Feld.) Jede derartige Werbeaktion ist ein trauriges Spiegelbild des gegenwärtig über die Gesellschaft ablaufenden Prozesses, der zu einer Bewertung von Menschen nach ausschließlich wirtschaftlichen Gesichtspunkten führt.