Unser täglich Spam

Aus dem Internet frisch auf den Tisch. Köstlich und aromatisch.


Kategoriearchiv „Allgemein“

Die „Intelligenz“ von Spam-Skripten

Montag, 1. Oktober 2007

Ich habe gerade eine sehr bemerkenswerte Erfahrung hinter mir.

In den letzten Tagen habe ich ja recht viel über aktuelle WP-Problematiken gebloggt, und das führte zu einer starken Verlinkung der entsprechenden Beiträge und damit zu einer Erhöhung meines Rankings. Ich lege normalerweise keinen besonderen Wert auf mein Ranking, solche technischen Angaben sind eher für Menschen interessant, die Geld daran verdienen wollen, dass sie Werbung in ihrem Blog einblenden. Worauf ich aber wesentlich mehr achte, das ist die Spam, denn darüber blogge ich ja.

Während des vergangenen „Blogsturms“ hat sich nicht nur mein Aufkommen an Kommentaren, Trackbacks und Pingbacks deutlich erhöht, auch die Anzahl der Kommentarspams pro Tag hat sich ungefähr verdoppelt. Es kann natürlich eine eher zufällige Koninzidenz sein, aber ich denke, dass es sich um einen anderen Effekt handelt. Wahrscheinlich gibt es eine Reihe recht ausgereifter Skripten für die Erstellung von Kommentarspam in Blogs und Gästebüchern, die sich bei Technorati mal eben die aktuell „heißen“ Themen abholen und dann in Blogs spammen, die sich mit genau diesen Themen befassen. Das ist eine einfache Methode, möglichst viel Aufmerksamkeit für die einseitige und dumme Kommunikation der Spam zu erzwingen – ein Spamkommentar, der in einem selten besuchten, eher persönlichen Blog nicht gelesen wird, ist ja auch nicht viel wert. (Technorati ist hier nur als Beispiel aufgeführt, tatsächlich lassen sich ähnliche Untersuchungen auch mit anderen Blog-Suchmaschinen anstellen und gut automatisieren.)

Wenn das stimmen sollte, ist es ein weiteres Beispiel dafür, in welcher antisozialen und schäbigen Weise technische Vorrichtungen zum allgemeinen Schaden missbraucht werden, die eigentlich ein Nutzen für die Menschen sein sollten. Es ist ja für viele – wenn auch nicht für mich – interessant, wo es in der Bloggosphäre gerade „brennt“ und was zu diesen Themen geschrieben wird. Für einen Spammer bedeutet diese Möglichkeit aber nur eines: Er findet gut platzierte Litfasssäulen für sein destruktives Treiben. Das ist alles, was den Spammer interessiert.

Und jeder, der auch nur auf einen Link in einer Spam klickt, trägt sein kleines bisschen dazu bei, dass sich das Internet immer mehr von einem Netz der Menschen und Meinungen in eine billige Werbefläche für kriminelle, schlüpfrige oder schlicht überflüssige Angebote verwandelt. Zum Schaden der Menschen.

Neue deutsche WordPress-Community im Aufbau

Freitag, 28. September 2007

Wichtiger Nachtrag: WordPress Deutschland hat auf die anhaltende Kritik reagiert und eine sehr vernünftige Entscheidung getroffen. Die deutsche WP-Version wird jetzt ohne das LinkLift-Plugin ausgeliefert. Näheres im Blog von WordPress Deutschland. Dieser Beitrag verbleibt hier zu Archivzwecken, zudem ist die Existenz einer weiteren Plattform für den Austausch der Anwender untereinander hoffentlich ein Mehrwert für alle.

Noch ein Nachtrag: Es gibt jetzt auch eine Stellungnahme von LinkLift in dieser Angelegenheit.

Ich kann das Thema eigentlich nicht mehr sehen und ich bin eigentlich auch wirklich müde geworden, darüber zu schreiben. Aber es freut mich, dass ich nicht der einzige bin, der es sich nicht bieten lassen will, von der Deutschen WordPress-Community mit Plugin-Spam versorgt zu werden.

Wie weit der diesbezügliche Streit mittlerweile eskaliert ist, möchte ich gern an einem einzigen Beitrag im Thread des Support-Forums verdeutlichen, den ich hier ohne seinen situativen Kontext zitiere (wer den lesen will, was sich übrigens „lohnt“, der sollte es wirklich dort tun):

Markus, im Großen und Ganzen gebe ich Dir recht. (Nur das mit der norwegischen Steuer finde ich als datenschutzaffiner Mensch gruselig.)

Was die Abspaltung angeht: Schön wäre es, wenn es nicht nötig wäre. Aber manchmal geht es nicht anders; und wenn sich das WPD-Team nicht einsichtig zeigt und eine *grundlegend* andere Richtung einschlägt, muss man über den Aufbau einer anderen Gemeinschaft nachdenken.

P.S.
Oha, jetzt wird hier schon fleißig zensiert! Man hat meine Signatur entfernt, in der ich auf einen Beitrag verwies, in dem ich mir über eine alternative Community Gedanken mache. Was soll der Scheiß?! Habt Ihr (WPD) überhaupt keinen Anstand?!

P.P.S
Jetzt ist offenbar meine Domain als Zensurwort in die Forumsdatenbank eingetragen worden. (Jottlieb, Euch ist offenbar nichts zu peinlich.) Daher hier nochmal der Domainname: regular impressions .net (ohne Leerzeichen)

Es steht den Betreibern eines Forums natürlich frei, was sie dort stehen lassen und was nicht – es handelt sich da um ganz schlichtes Hausrecht, für das ich nicht leichtfertig das Wort „Zensur“ verwenden würde. (Allein schon deshalb nicht, weil ich gewisse Kommentare in meinen Blogs auch lösche, vor allem, wenn es sich um Kommentare ausschließlich werbenden Charakters handelt. Wer sich seine Wände bekritzeln lassen will, kann das gern tun, ich mag es nicht. Der Filter wurde übrigens zwischenzeitlich wieder deaktiviert.)

Doch meine Meinung bleibt: Je eher die so genannte „Deutsche WordPress-Community“ in einen Zustand relativer Bedeutungslosigkeit gelangt, desto besser ist das für die vielen deutschen Blogger, die WordPress lieben oder doch wenigstens benutzen. Denn die folgenden Tatsachen über die „Deutsche WordPress-Community“ sind unabweisbar:

  1. Es handelt sich um Spammer
    Ich bin für diesen Begriff zwar angegriffen worden, es wurde sogar von Kommentatoren an meinem Verstand gezweifelt, weil ich daran festhielt, aber das ändert nichts an der Tatsache. (Ich lasse solche Beschimpfungen übrigens stehen, weil ich denke, dass jemand der austeilt, auch etwas einstecken muss.) Dass sich das zum Spammen verwendete Medium verändert, ändert nichts am Spamcharakter des Mitgeteilten.
    Vor ein paar Tagen haben hunderttausende Blogger in ihrem Dashboard (sorry: das heißt auf Deutsch „Tellerrand“) den Hinweis gelesen, dass eine neue eingedeutschte WordPress-Version zur Verfügung steht. Das ist ja im Prinzip eine gute Nachricht, bei der sich niemand zurückhalten will, und so kam es schnell zu über 100000 Downloads.
    Wer dann sein Blog ordentlich geupgradet hat, der hat auch irgendwann seine Plugins wieder aktiviert. (Es wird ausdrücklich empfohlen, alle Plugins abzuschalten, um plugin-bezogene Update-Probleme zu vermeiden.) Und als er sie wieder aktivieren wollte, sah er ein neues, bislang noch nie gesehenes Plugin. Wer würde da nicht mal klicken und ausprobieren – und schwupps, ist man auf der Website eines kommerziellen Anbieters.
    Für eine solche, automatisiert und massenhaft verbreitete Form der Werbung kennt der deutsche Sprach- und Kulturraum nur ein einziges, treffendes und allgemein gebräuchliches Wort, und das ist nun einmal das Wort „Spam“.
    Zum Hintergrund muss man noch sagen, dass die meisten Empfänger dieser Spam arglos und ohne tieferes technisches Verständnis gewesen sein dürften, ihr Vertrauen in die Arbeit der „Deutschen WordPress-Community“ wurde zu durchsichtigen geschäftlichen Zwecken ausgenutzt, was mich mit tiefer Verachtung erfüllt.
    Jemand, der Spam verbreitet, ist nun einmal ein Spammer. So wie die so genannte „Deutsche WordPress-Community“. Auch, wenn die diesen Vorwurf einfach nur als „absurd“ zurückweisen, allerdings, ohne dies inhaltlich zu belegen.
    Es wäre durchaus möglich und in keiner Weise verwerfenswert gewesen, wenn es eine Zusammenarbeit zwischen WordPress und LinkLift gegeben hätte, die ohne Spam auskommt, und die für eine klare Trennung zwischen nicht-kommerziell orientierten Angebot und Werbung gesorgt hätte. Es wäre kein Problem gewesen, wenn es überall auf der Website der „Community“ Werbung für LinkLift gegeben hätte. Aber im Kernsystem einer Blogsoftware hat das nichts zu suchen, und schon gar nicht, nachdem hunderttausende User der vorherigen Version über einen RSS-Feed von der neuen Version unterrichtet wurden.
  2. Die Macher der „Community“ sind nicht kritikfähig
    Niemand verstehe mich falsch. Ich spreche nicht davon, dass die sich mit jedem Gepöbel auseinander setzen müssen, schließlich hat jeder Mensch ein Leben neben dem Internet. Aber die Form und menschliche Kälte, mit der durchaus bedenkenswerte, aus meiner Sicht der Dinge sogar berechtigte Kritik an der Spam abgehandelt wurde, sollte sich allerdings jeder selbst anschauen, um mein Urteil „nicht kritikfähig“ zu bestätigen oder zu widerlegen.
  3. Der Ruf der Software WordPress wurde beschädigt
    Vielen Menschen ist gar nicht klar, dass die so genannte „Deutsche WordPress-Community“ mit der eigentlichen WordPress-Software nicht sehr viel zu tun hat. Sie liefert eine Distribution aus, sie erstellt eine deutsche Sprachdatei, aber die Programmierung des Blogsystemes wurde und wird von anderen Menschen durchgeführt. Da das so vielen Menschen – darunter auch einige Blogger – nicht klar ist, werden die eigentlichen Programmierer in die begriffliche Nähe von Spam gebracht, weil ihr Werk für den Transport von Spam missbraucht wurde.
    Ich kann mir keine verantwortungslosere, hinterhältigere und asozialere Form vorstellen, Menschen ins Gesicht zu spucken, die mit ihrer größtenteils freiwillig gegebenen Arbeit der Welt ein durchaus brauchbares Produkt zur Verfügung gestellt haben. Dass man im Forum noch nicht einmal bestrebt ist, sich den häufigen Verwechslungen der WordPress-Programmierer mit der so genannten „Deutschen WordPress-Community“ entgegen zu stellen und sich somit gern mit fremden Federn schmückt, macht diesen Vorgang noch monströser.
    Dafür: Alle Ächtung!

Von daher begrüße ich jeden Schritt deutschsprachiger Blogger, dieser Organisation namens „Deutsche WordPress-Community“ etwas entgegen zu stellen. Es ist zwar schade, wenn ein anderer Weg nicht möglich ist, aber manche Tatsachen des Lebens lassen sich eben nicht ändern.

Deshalb hier die beiden Links, die mir in den letzten Tagen zugespielt wurden, wenn jemand eine Alternative zur so genannte „Deutschen WordPress-Community“ sucht:

  1. http://regular.impressions.net/
  2. http://wp-portal.de/

Die WordPress-Programmierer mögen verschiedene Motivationen haben, sie haben in der aktuellen Version sogar etwas Murks verbaut, aber eines eint sie doch alle: Sie wollen den Menschen, die am Bloggen interessiert sind, eine gute und brauchbare Software zur Verfügung stellen. Es wird Zeit, dass die deutschen WordPress-Blogger sich diese Software zurückholen und nicht dem Missbrauch durch Spammer überlassen. Wenn jeder nur ein bisschen dazu beiträgt, dann wird es gelingen – und vielleicht sogar die Keimzelle einer „Community“, die dieses Wort wirklich verdient; die Keimzelle einer Gemeinschaft.

Spamfilter-Kollateralschaden

Samstag, 15. September 2007

Wie sehr ein erfolgreiches Blog durch Kommentarspam belastet wird, das beschreibt heute Udo Vetter vom law blog:

Beim law blog treffen durchschnittlich 100 Kommentare pro Stunde auf, das meiste davon Spam […] Ohne relativ restriktiv eingestellte Filter wäre die Flut hier nicht mehr zu bewältigen: Ein nicht erscheinender Kommentar ist also keine böse Absicht, sondern ein simpler Kollateralschaden. […]

In der Bezeichnung „Kollateralschaden“ für den gelegentlichen Verlust erwünschter menschlicher Stimmen im alles überflutenden Werbemüll zeigt sich der Schaden, der unter den Bedingungen der Spam inzwischen im Internet angerichtet wurde. Während „gewöhnliche Werbung“ mit ihrem zuweilen gewaltsamen Ansich-Reißen der Aufmerksamkeit einfach nur nervt, ist die Spam darüber hinaus wegen ihrer ungefragt verabreichten Masse ein dauernder Angriff auf die Funktionsfähigkeit von Internet-Projekten – und damit eine Beschädigung des menschlichen Miteinanders im Netz.

Da hat ein Mensch einen Beitrag in einem Blog gelesen, und es reizt ihm zu einer Erwiderung. So etwas kommt zum Glück häufiger einmal vor, schließlich ist die Kommunikation im Netz keine Einbahnstraße. Er setzt sich also hin und formuliert seine Mitteilung. Vielleicht muss er dabei sogar ein bisschen geistige Arbeit leisten, einen unreifen Gedankenkeim in eine verständliche sprachliche Form überführen oder einen Link auf eine andere Website heraussuchen, die seine Argumentation stützen kann. Das Schreiben eines Kommentares ja kann durchaus mühevoll sein, wenn damit etwas mitgeteilt werden soll. Schließlich gibt es einen Klick auf die „Absenden“-Schaltfläche, und denn entscheidet eine technische Vorrichtung, die den Inhalt des Kommentares gar nicht versteht darüber, ob es sich um eine Spam handeln könnte. Diese algorithmische Entscheidung an Hand technischer Kriterien kann nicht immer gut gelingen, und so kommt es, dass solche Mitteilungen eines Menschen zusammen mit der täglichen Flut der Spam in einer virtuellen Mülltonne verschwinden.

Für den kommentierenden Menschen ist das eine oft unverständliche Zumutung, und für den Betreiber eines Blogs (oder eines Gästebuches oder eines Forums) bedeutet es Mehrarbeit, muss er doch immer wieder einen Blick in diese virtuelle Mülltonne voller schlüpfrigen und verbrecherischen Zeugs werfen, ob darin etwas gelandet ist, was nicht darin sein sollte.

Ja, es ist wirklich ein „Kollateralschaden“, so zynisch dieses Wort auch für beschädigtes menschliches Miteinander klingen mag. Es gibt keine vernünftige Alternative zu dieser Vorgehensweise – ohne wirksame Filterung der Kommentare (oder Gästebucheinträge oder Forenbeiträge) würde sich ein Angebot im Internet in eine reine Werbefläche für die oft sehr fragwürdigen Beglückungsideen derer verwandeln, die mit millionenfacher Spam werben. Darin ginge jedes menschliche Miteinander unter.

Zum Glück habe ich in meinem Blog nicht das Problem, dass ich hundert Kommentare in der Stunde zu bewältigen hätte. Aber ich weiß, wie viel Nacharbeit in bestimmten Spamwellen auf einen Blogbetreiber zukommen kann, habe doch auch ich mit meinem größtenteils harmlosen Blog schon Tage mit über 500 Spam-Kommentaren erlebt. Mal wird eine Spam nicht richtig erkannt und muss von Hand als Spam markiert werden, ein anderes Mal landet eines Menschen Standpunkt einfach im Ascheimer, zusammen mit Unmengen angebotener Medikamente, abstoßender Pornographie und illegaler Glücksspiele.

Jeder Spam-Kommentar ist ein Missbrauch von Kommunikations-Angeboten im Internet. Und jeder Spammer zeigt mit diesem Missbrauch, dass er das friedliche Miteinander von Menschen ablehnt, dass ihm sein eigenes Geschäft wichtiger als alles andere ist, kurz: dass mit ihm kein Frieden möglich ist.

Gerade deshalb ist der Kampf gegen Spam wichtig. Jeder, der wirksam gegen Spam auf seinen eigenen Seiten vorgeht, gibt das Internet wieder den Menschen als Ort des Austausches und des Miteinanders zurück. Das lohnt die Mühe. Wer diese Mühe und den damit verbundenen Zeitaufwand aber gar nicht auf sich nehmen kann, sollte ernsthaft darüber nachdenken, ob er die Kommentarfunktion nicht einfach abstellt. Es gibt durchaus populäre und gute Blogs, die ohne eine Kommentarfunktion auskommen, etwa den Bildblog. Von Spam geflutete Kommentare machen es dem Leser schwer bis unmöglich, die wirklichen Mitteilungen darin zu finden, sie sind so nutzlos, dass das Fehlen einer Kommentarmöglichkeit kein Verlust wäre. Es wäre in einem solchen Fall sogar ein Gewinn, da man seine eigenen Seiten nicht irgendwelchen schlüpfrigen Geschäftemachern als Litfasssäule zur Verfügung stellt.

MySpace Hackers Hell geschlossen

Dienstag, 4. September 2007

Die für Einsteiger und „normale“ Anwender sicherlich beste Quelle zum Thema Spam und Phishing auf MySpace, The Hackers Hell, ist geschlossen und steht jetzt nur noch als Archiv-Version zur Verfügung. Die Macher von Hackers Hell nehmen in einem Blog-Eintrag zu dieser Entscheidung Stellung:

Des Weiteren mussten wir uns über unsinnige Fehltritte von MySpace ärgern und auch oft dafür sorgen, dass wieder alles auf einen Nenner kommt. Kürzlich war dann sogar unsere komplette Webpräsenz dem Erdboden (oder MySpace-Boden) gleichgemacht worden.

Wir fragen uns dann in solchen Situationen: „Was soll das eigentlich und warum reißen wir uns täglich den Arsch für MySpace auf…?“

Anstatt das MySpace sich um sicherheitsrelevante Probleme kümmert […], wird lieber an irgendwelchen dämlichen Extras gebastelt, wie dem „Status und Stimmung“-Feature und dem neuen Design des Posteingangs. Glücklicherweise konnte sich MySpace jedoch kürzlich dazu durchringen, wenigstens einen kleinen Spamfilter an den Start zu führen – auch wenn dieser nicht unbedingt so effektiv ist, wie wir ihn uns wünschen.

Eigentlich könnte man denken, die Kampagne besteht aus drei Zahnrädern: MySpace, THE HACKERS HELL und die User. Die letzten beiden, also die Zahnräder THH und die User sind zwar sauber in einander eingehakt, können aber nicht in die vorgegebene Richtung drehen, weil das Zahnrad MySpace in eine andere Richtung rotiert.

Mit anderen Worten ist das Aus der Kampagne nicht Schuld der User, sondern Verdienst von MySpace!

Zunächst ist dieser Entschluss der Macher bedauerlich. Die von MySpace getroffenen Maßnahmen zur Abwehr von Spam und Phishing sind so gut wie nicht existent. Einfache Anwender stehen hilflos vor Attacken, die zum Teil mit erheblicher krimineller Energie vorgetragen werden. Eine elementare Aufklärung über die Gefahren, die mit diesem „Web 2.0″-Angebot einhergehen, wurde niemals gegeben. Unter diesen Umständen ist es kaum ein Wunder, dass sehr viele Profile von Kriminellen übernommen werden konnten, um mit Spam für schlüpfrige und betrügerische Angebote verseucht zu werden.

Aber der Entschluss der Macher ist eben auch völlig verständlich. Wenn sich Menschen in ihrer Freizeit unentgeltlich hisetzen, um eine Arbeit zu leisten, die eigentlich von MySpace geleistet werden müsste, wenn diese Menschen dabei erleben müssen, wie einladende Probleme bestehen bleiben, während ein „cooles“ Feature nach dem anderen eingebaut wird und wenn diese Arbeit keinerlei Unterstützung von MySpace erfährt, denn stellt sich wohl bei jedem Menschen irgendwann die Sinnfrage. Vor allem, wenn MySpace dabei die Umsätze generiert…

Zu befürchten ist, dass Spam und Phishing anhaltende Probleme auf MySpace bleiben werden, ohne dass sich jemand dagegen richtet und die „normalen“ User in allgemein verständlicher Sprache über die elementaren Zusammenhänge aufklärt. Dies wird zumindest so lange anhalten, bis die Spam so prägend für dieses Angebot wird, dass es nicht mehr für die kommerziellen Absichten taugt. Wahrscheinlich wird das Problem erst in diesem Moment so angegangen, wie es häufig bei IT-Projekten der Fall ist – mit der ganz heißen Nadel werden irgendwelche „schnellen Lösungen“ gestrickt, die nur Teilaspekte des Problems bewältigen. Die User dürfen sich unterdessen über immer mehr „bunte“ Features freuen… und eben auch darüber, dass sich ihre eigenen Profile in Pornowerbung und betrügerische Angebote verwandeln.

Der Spamlink

Mittwoch, 29. August 2007

Bislang habe ich es so gehandhabt, dass ich die Links in einer zitierten Spam entweder unkenntlich gemacht habe oder sie auf eine harmlose Site „umgelenkt“ habe, wenn sie für das zutreffende Zitat der Spam erforderlich waren.

Letzteres fand ich zunehmend unbefriedigend. Es ist ja nicht so, dass ein Link in einer Spam etwas harmloses wäre. Deshalb habe ich jetzt eine spezielle Seite erstellt, auf die ich in Zukunft linken werde, wenn ich den Link einfach umsetze. Ich hoffe, dass diese Seite gestalterisch und inhaltlich völlig unmissverständlich ist.

Bauernglück

Donnerstag, 23. August 2007

Bauernglück

Diese herzgekrönte Marke vor dem etwas naiv gezeichneten Höflein soll uns nicht etwa einen Urlaub auf dem Bauernhof schmackhaft machen. Nein, sie entstammt einer Postwurfsendung von Aldi, die zurzeit die realen Briefkästen belastet. Dort nimmt sie eine ganze Seite des Prospektes ein, und dort platziert, soll sie den Menschen sabbernden Appetit auf das Skandal-Lebensmittel Nummer Eins machen, auf Fleisch:

Sicherheit mit unserem Qualitätsfleischprogramm - Bauernglück

In der Tat, das zugeordnete Bild erinnert so wenig an die herzkalten Lebensbedinungungen für die Fleischzwecktiere in der Massentierhaltung und es erinnert auch nicht an monströse, mechanische Schlachthöfe voller todgeweihter Tieraugen, so dass man in diesem Anblick fast schon wieder vergessen kann, wie das Fleisch unter den Bedingungen des derzeitigen gesellschaftlichen Prozesses wirklich produziert wird. Was die Grafik – und damit den am stärksten affektiv wirksamen Bestandteil dieser Massenpest der Briefkästen – betrifft, haben sich die Werber also recht erfolgreich der ihnen gestellten Aufgabe entledigt.

Im gesamten Text dieses Druckwerken ist jedoch den Werbern ein anschauliches Beispiel dafür „gelungen“, wie man auf einer ganzen, aufwändig gestalteten Seite voller vorgeblicher „Kundeninformation“ mit sehr vielen Worten nichts sagen kann. Ja, tatsächlich, der gesamte Text enthält überhaupt keine für den Kunden relevante Information. Dafür enthält der Text jedoch viele Phrasen, die mit geringem Erfolg vorgeben, eine Information zu transportieren.

Eine solche Vorgehensweise ist für die „Informationen“ in der Printwerbung so typisch, dass ich sie an diesem sehr durchsichtigen Beispiel einmal näher betrachten möchte. Wer erst einmal einen Blick dafür bekommen hat, wird die schlichte Vorgehensweise in anderen „informativen“ Texten in der Werbung leicht wiedererkennen.

(Wenn etwas in einer Werbung wirklich informativ ist, wird es in aller Regel klein gedruckt, als müsse man sich dafür schämen und es gewissermaßen flüstern. Auch darin zeigt sich der wahre Charakter einer Werbung als Versuch, die Menschen aus der „Zielgruppe“ übern Tisch zu ziehen.)

QS - Ihr Prüfsystem für LebensmittelZunächst gibt es einen rot gedruckten Text, der ja durch die Signalwirkung dieser Farbe Wichtigkeit transportieren soll. Er soll näher erklären, was es mit diesem „QS – Ihr Prüfsystem für Lebensmittel“ nun eigentlich auf sich hat.

Das ist auch unbedingt erforderlich, erinnert doch das eigens für diese nicht mehr so frische Werbeidee entworfene Zeichen eher ans Recycling als an Produkte, die man sich mit Genuss in den Mund schiebt. Eine solche Assoziation ist zwar recht passend, wenn man kurz an die Gammelfleisch-Skandale denkt, die vor einiger Zeit zu einem medialen Sturm im Wasserglas geführt haben; sie ist aber überhaupt nicht verkaufsfördernd. Deshalb kommt dazu noch die folgende Erläuterung:

Nur nach QS-Kriterien produziertes Fleisch trägt das QS-Siegel. Achten Sie deshalb auf die mit dem Original QS-Prüfzeichen gekennzeichneten Produkte. - Mit Sicherheit Genuss!

Das übersetzt sich ganz einfach in die deutliche Sprache. Nur Fleisch, dass nach den von Aldi „QS-Kriterien“ genannten Vorgaben produziert wird, trägt auch das „QS-Siegel“, das sich die Werber von Aldi ausgedacht haben. Und deshalb sollen die Käufer auf das originale Aldi-Prüfzeichen achten, wenn es auf Produkte gedruckt wurde. Dort können die Kunden mit Sicherheit einen gewissen Genuss haben.

Bei solchem Text fragt sich der Denkende unwillkürlich, was denn nun diese ominösen QS-Kriterien sein sollen. Der Text gibt vor, darüber Aufschluss zu geben, und das sieht in einer kleinen Stichpunktliste denn so aus:

Die so genannten QS-Kriterien - Kriterium 1: Kontrollierte Futtermittel - Kriterium 2: Kontrollierte Landwirtschaft - Kriterium 3: Kontrollierte Schlachtung und Zerlegung - Kriterium 4: Kontrollierte Verarbeitung - Kriterium 5: Kontrollierter Handel

Wie man sieht, wird für diese „QS-Kriterien“ ganz viel „kontrolliert“. Aber die Tatsache, dass da etwas kontrolliert wird, ist an sich völlig aussagelos, wenn dabei verschwiegen wird, was genau kontrolliert wird und was bei diesen Kontrollen heraus kommt. Der Verweis auf die ominösen QS-Kriterien ohne weitere Information zu ihren Inhalten ist da wenig aufschlussreich. Kurz gesagt, in diesen fünf Punkten steht ein grafisch ansprechendes, mit vielen Worten aufgeblähtes Nichts.

Aber es gibt natürlich auch noch etwas Text.

Frisches Schweine- und Geflügelfleisch der Marke Bauernglück trägt das QS-Prüfzeichen...

Na, das ist doch schon etwas kleiner. Deshalb im Folgenden noch einmal zitiert, zum Nachlesen und Genießen. Und natürlich mit ein paar eingestreuten Anmerkungen und mit Fragen, die man an diesen Text stellen sollte.

Frisches Schweine- und Geflügelfleisch der Marke „Bauernglück“ trägt das QS-Prüfzeichen.

Das von Werbern im Auftrage von Aldi ersonnene „Prüfzeichen“ ist also vor allem eine Eigenschaft der Marke? Als solche dient sie also dazu, für die unter dieser Marke angebotenen Waren eine Qualität zu suggerieren?

Das Prüfzeichen wird ausschließlich für Lebensmittel erteilt, deren kontrollierte Herstellung den festen Kriterien aller Produktionsstufen entspricht.

Das von Werbern im Auftrage von Aldi ersonnene „Prüfzeichen“ sichert also zu, dass für den gesamten Prozess der Fleischproduktion kontrolliert wird, ob der Vorgang gewissen, nicht näher genannten und von Aldi ersonnenen „Kriterien“ entspricht? Die vielleicht auch so beschaffen sind, dass die Produzenten keine wirklichen Schwierigkeiten haben werden, diese „Kriterien“ einzuhalten?

Wenn dem so wäre – und so steht es ja im Text – denn wäre auch die Zusicherung gewisser, durchaus sinnvoller Standards für die Durchführung der Kontrollen nicht besonders informativ. Das hält die Werber aber nicht davon ab, mit solchen Zusicherungen eine Menge Platz auf dem Papier zu füllen.

1. Stufe: Betriebliche Eigenkontrolle: Alle an der Produktion und Vermarktung beteiligten Unternehen unterliegen einem innerbetrieblichen Eigenkontrollsystem nach QS-Vorschriften. -- 2. Stufe: Neutrale Kontrollen: Neutrale Prüfinstitute überprüfen, ob der jeweilige Betrieb die Vorgaben des QS-Systems einhält - 3. Stufe: Kontrolle der Kontrolle: Ein unabhängiges Prüfinstitue oder die QS Qualität und Sicherheit GmbH selbst überprüfen die Funktionsfähigkeit des gesamten Systems durch Auswertung von Prüfberichten und Stichprobenkontrollen.

Die wichtigste Information, nämlich, was die bei all diesen Kontrollen kontrollierten Kriterien eigentlich sind, sie fehlt völlig in dem wohl gestalteten Texten einer unbekannten Werbeagentur. Ich glaube, man darf mutmaßen, dass so auffälliges Schweigen in so vielen Worten etwas verdecken soll, was nach Meinung der Auftraggeber einer solchen Werbung besser verdeckt bleiben sollte. Ich glaube ferner, dass es für die Zielgruppe einer solchen Werbung sehr interessant wäre, zu wissen, was hinter diesem Schweigen versteckt werden soll. Aber dazu schweigt sich der Text aus, stattdessen übt er sich im Widerkäuen der wenigen, nichtssagenden Angaben:

Bei frischem Fleisch der Marke „Bauernglück“ erstreckt sich die kontrollierte Erzeugerkette nach den QS-Kriterien vom Futtermittel, über den Stall, die Schlachtung und Zerlegung über die Verarbeitung bis in die Ladentheke.

Siegel: geprüfte Qualität aus kontrollierter ProduktionWenn man keinen Inhalt für seinen Text hat, muss man eben seine paar dürftigen, aussagelosen Aussagen immer wieder wiederholen. So entsteht im sprachlichen Dampfhammer eines geübten Werbers der rein affektive Eindruck einer „geprüften Qualität“, auf die sich der Werber auch gleich selbst das Siegel gibt. Das fällt besonders leicht, da man ja eh schon mit grafischer Gestaltung druckt; es verursacht keine zusätzlichen Kosten. Und wer sich – wie die Zielgruppe dieser Werbung – keine Gedanken über die anderen Inhalte dieser Werbung macht, fällt gewiss auf solche pseudoseriösen Tricks eines Werbers rein.

Und darauf kommt es dem Werber an. Nur darauf.

Guten Appetit!

Wie man ein Produkt verpackt

Samstag, 18. August 2007

Produktverpackung Markus GoldDies ist ein Beispiel für eine ganz gewöhnliche Verpackung, wie sie sich überall finden lässt, wo anonyme Märkte Waren feilbieten. In diesem Fall handelt es sich um Kaffee, und zwar um die Billigmarke „Markus Gold“ der Discounter-Kette Aldi. Das Produkt ist aber austauschbar, ähnliche Beobachtungen an der Verpackung lassen sich bei fast allen Produkten machen.

Solche Verpackungen sieht jeder jeden Tag beim Einkaufen. Da sich die meisten Menschen eher für den Inhalt interessieren, schenken sie der Verpackung keine besondere Beachtung – ganz anders als die Werber, die diesem Vehikel des Verkaufs sehr viel Beachtung schenken. In der Regel wird dem Käufer nicht bewusst, was auf diesen Verpackungen gedruckt und abgebildet ist. Und. Damit dringt es ins Unbewusste, um dort zu wirken. Ganz, wie es die Werber wollen.

Das sollte für jeden Grund genug sein, sich diese Verpackungen genau anzuschauen. In diesem Beitrag werde ich einige Elemente der Verpackung beleuchten.

1. Die überflüssige Marke

Dieser Billigkaffe ist von der Marke Markus

Die hier wie selbstverständlich angegebene Marke „Markus“ wird außerhalb eines Aldi-Marktes nicht angetroffen. Es handelt sich nicht um eine der künstlich mit allgegenwärtiger Werbung groß gemachten Marken. Es ist eine völlig überflüssige Marke, die dort nur auf die Packung gedruckt wurde, damit auch ein Markenname auf der Packung erscheint – es ist eine Marke als Selbstzweck.

Innerhalb eines Aldi-Marktes werden unter dieser Marke die folgenden Produkte angeboten: Kaffee, Filterpapier, Kaffeesahne. Es handelt sich dabei um „Billigprodukte“, die übrigens durchaus nicht schlecht sind.

Der einzige Grund, warum solche Produkte unter einer zum Selbstzweck gewordenen Marke angeboten werden, ist die von der Werbung geprägte Gewohnheit der Wahrnehmung. Die Marke muss sein, sie macht ein Produkt erst „wertvoll“. Die Marke ist ein Fetisch. Der Fetischismus der Käufer, der mit dieser Marke bedient wird, wurde erst durch Werbung erzeugt; er ist eine pathologische Erscheinung, die durch den gegenwärtig über die Gesellschaften ablaufenden Prozess hervorgebracht wurde.

2. Die große und die unscheinbare Information

Kaffee - was sich in der Packung eben befindet

Klein, unscheinbar und kontrastlos befindet sich auch etwas wirkliche Information auf dieser Packung, nämlich die Angabe des Inhaltes. Dieser Schriftzug ist wirklich so unscheinbar, ich habe hier nicht an der Grafik manipuliert. Das ist erstaunlich, da es sich um den einzigen Text auf der Vorderseite der Packung handelt, der etwas über den Inhalt aussagt.

Das größte Element der Verpackung: Eine dampfende Kaffeetasse

Nun gut, man mag sich auf den Standpunkt stellen, dass diese Information gar nicht erforderlich sei. Das größte und völlig unübersehbare Element dieser Verpackung ist das Bild einer dampfenden Tasse mit brauner Brühe, der allmorgendlichen Droge der Müden und Ermatteten. Somit sollte auch für einen Menschen, der des Lesens unkundig ist, völlig klar sein, was sich in dieser Packung befindet. Eine sehr weise Entscheidung der Werbefirma, ist der Analfabetismus in der BRD doch im Zunehmen begriffen.

Kaffeeschwaden steigen aufUnd nicht nur die allgemeine Art des Produktes wird mit diesem Bild angegeben. Nein, der Werbemensch hat sich alle Mühe gegeben, zusammen mit diesem Bild die Erinnerung an einstmals erlebte sinnliche Erfahrungen zu wecken. Über der abgebildeten Kaffeetasse hat sich der Werbegrafiker ein bisschen ausgetobt. Schwaden steigen aus der Tasse im gesamten Bereich der Packung auf und versprechen auf diese Weise dem Auge einen ermunternd Duft frisch gebrühten Kaffees. Denn die physikalische Wirklichkeit, also aufsteigender Wasserdampf, ist mit diesem Element sicherlich kaum gemeint.

Dieses bildhafte Versprechen des Inhaltes steht in assoziativer Breite und gedruckter Größe in deutlichem Gegensatz zur schwer lesbaren textuellen Bezeichung des Inhaltes. Dieses Versprechen ist es auch, worauf es dem Werber wirklich ankommt, keineswegs die „Information“.

3. Das Edelmetall

Natürlich muss es Gold sein...

Zu dieser Bezeichung eine schelmische, rhetorische Frage: Könnte hier auch „Silber“ stehen? Oder gar „Bronze“? 😉

Nein, es kann natürlich nur Gold sein, der gefühlte Superlativ unter den Metallen. Dabei ist Kaffee doch gar nicht recht gülden, sondern eher braun. Zum Glück für die nicht ganz so kaufkräftigen Müden, die jeden Morgen ihres Aufputschmittels bedürfen, ist der Stoff auch deutlich preisgünstiger als das hier durch den großen Schriftzug proklamierte Edelmetall. Und zum Unglück für die nicht ganz so kaufkräftigen Müden auch deutlich weniger beständig und schon gar nicht anhaltend wertvoll. Nein, der Kaffee ist in Wirklichkeit für die direkte Konsumption bestimmt und wird nach einmaligem Aufbrühen wertlos, er verfügt nicht über die Eigenschaft der Beständigkeit, die man dem Golde zuspricht.

Dennoch: Der große, weiße, kontrastreiche und wenig informative Schriftzug „Gold“ steht im Gegensatz zum kleinen, kontrastarmen und zutreffend informierenden Schriftzug „Kaffee“. Letzterer gibt ja auch die Wirklichkeit des Produktes an, während der Text „Gold“ eine dreiste Lüge ist, die nicht einmal näherungsweise den Inhalt beschreibt.

Der Zweck dieser Lüge ist klar. Es geht dem Werber um die rein affektive Aufladung eines Produktes. In psychonanalytischer Sprache soll hier der Kaffeekäufer zu einer Verschiebung bewegt werden, er soll die Eigenschaften des Goldes in magischer oder infantiler Weise psychisch auf den Inhalt der Packung übertragen. Dieser hinterhältige Trick der Werber lässt sich übrigens bei beinahe jedem beworbenen und verpackten Produkt beobachten – und er ist offenbar sehr wirksam. Auch bei Menschen, die hochmütig daran glauben, dass sie auf derartige Mechanismen nicht hereinfallen.

Niemand kann sich bewusst genug über die Wirksamkeit solcher Appelle an das Unbewusste sein, die einen modernen, konsumistischen Aberglauben zum Vehikel des Verkaufs machen.

4. Aussagelose Zusicherungen

Es gibt noch weitere Zusicherungen auf dieser Verpackung, die völlig aussagelos sind. Sie vermitteln die Eindruck einer Qualität, dieser Eindruck ist jedoch in keiner Weise falsifizierbar.

Die Texte können inhaltlich auch gar nicht anders lauten:

Kaffeegenuss der Spitzenklasse

Klar, was sollte hier auch sonst stehen? „Das Aufputschmittel der gesellschaftlichen Unterklasse“ wäre zwar wahrer, aber nicht gerade verkaufsfördernd. Also müssen ein paar unüberprüfbare Blähwörter Großes versprechen.

Premiumqualität

Eine weitere nichtsige Aussage, deren einzige Aufgabe darin besteht, den Eindruck einer Qualität zu vermitteln, ohne dass die gegebene Zusicherung überprüfbar wäre.

5. Ein paar Worte zum Abschluss

Es handelt sich um die Verpackung eines „Billigproduktes“, nämlich eine Packung Aldi-Kaffee. Aber die an diesem Beispiel aufgezeigte Vorgehensweise bei der Verpackung eines Produktes lässt sich natürlich überall finden, wo werbend um die Aufmerksamkeit der potenziellen Käufer gerungen wird:

  • Bedienung eines Markenfetischs, der zu den eigentlichen Eigenschaften des Produktes nichts beiträgt.
  • Verbergen der wirklichen Produktinformation, an ihre Stelle treten affektiv besetzte Bilder, die ein sinnliches Erleben versprechen.
  • Gezielter Missbrauch von Sprache beim Produktnamen, um mit geschickter Lüge einen hohen Wert des Produktes vorzutäuschen.
  • Gezielter Missbrauch von Sprache bei weiteren Angaben, um mit unüberprüfbaren Angaben eine hohe Qualität des Produktes vorzutäuischen.

Auf einige wichtige Einzelheiten bin ich hier noch nicht einmal eingegangen. Ich habe weder die verwendeten Schriftarten noch die Farben einer Betrachtung unterzogen, auch war mir die Aufteilung des gestalteten Raumes gleichgültig. Zu den beschriebenen groben Formen der Manipulation von Kaufentscheidungen gesellen sich natürlich auch subtile Formen, die teilweise schwer zu fassen und zu benennen sind.

Sicher ist nur eines: Alle diese Formen der Manipulation sind wirksam. Selbst bei billigen Produkten wird ein hoher und kostenintensiver Aufwand damit betrieben. Wenn dieser nicht wirksam wäre, würde er ausbleiben, um mit dem so eingespraten Geld den Gewinn beim Verkauf der Produkte zu erhöhen.

Die immer wieder gehörten Blendreden vom homo oekonomicus, der mit seinen gleichermaßen egoistischen wie vernünftigen Kaufentscheidungen am Markt einen gesellschaftsstiftenden Prozess befördern soll, fallen angesichts der gezielt durch Werbung hervorgerufenen Irrationalität fast aller Kaufentscheidungen in sich zusammen. Der Markt handelt schon längst keine Produkte mehr, sondern quasi-magisch an die angebotenen Produkte gekoppeltes psychisches Material. Kein Wunder, dass sich die Menschen unter solchen Bedingungen jeden nichtswerten Tinnef und jede fragwürdige Beglückungsidee andrehen lassen.

Jeder Leser fühle sich eingeladen, in Zukunft etwas genauer und bewusster das zu betrachten, was er bislang eher bewusstlos in seinen Einkaufswagen geworfen hat.

Werbung funktioniert nicht?

Dienstag, 7. August 2007

Zur Überheblichkeit vieler Menschen in der heutigen Zeit gehört der Irrglaube, dass Werbung gar keine richtige Wirkung habe, und schon gar nicht auf sie selbst. Wer sich schon nicht durch die offenbare Tatsache, dass gewaltige Beträge in die immer weiter ausgedehnte Allgegenwart der Werbung gesteckt werden, von diesem falschen Glauben abbringen lässt, der sollte einmal einen Blick auf eine aktuelle wissenschaftliche Studie werfen.

Kindern schmeckt gemäß dieser Studie das Essen subjektiv besser, wenn es mit einem Logo von McDonalds versehen wird. Dies gilt auch für solche Lebensmittel, die bei McDonalds gar nicht in dieser Form erhältlich wären und zudem häufig von Kindern verschmäht werden, etwa für Karotten oder Milch. Wird den Kindern der McDonalds-Fastfood in der typischen Verpackung angeboten, so schmeckt er den Kindern besser, als wenn er ohne diese Verpackung dargeboten wird.

Die folgende Übelsetzung einer Passage der CNN-Meldung zu dieser Studie ist von mir:

Der Autor der Studie, Dr. Tom Robinson, teilte mit, dass die Wahrnehmung des Geschmacks durch die Kinder „physikalisch durch die Verknüpfung mit einem Markenzeichen verändert“ sei. Nach Aussage des Forschers der Universität zu Stanford sei es bemerkenswert, in wie starker Weise selbst junge Kinder bereits durch Werbung beeinflusst sind. Die Studie wurde unter 63 Kindern zwischen drei und fünf Jahren aus gering verdienenden Schichten durchgeführt […] Dr. Robinson ist der Meinung, dass die Ergebnisse bei Kindern aus besser gestellten Familien ähnlich sein werden.

Ein bloßer, von Werbung transportierter Vorstellungsinhalt führt also zu einer nachweisbaren Veränderung der Wahrnehmung. Man könnte auch etwas weniger neutral sagen, dass Werbung zu einer Störung der Wahrnehmung führt, die den davon Betroffenen kaum bewusst ist. Genau das ist der Grund, warum so viel Geld für Werbung ausgegeben wird – und genau das ist der Grund, warum man gegenüber der allgemeinen Durchwirkung des öffentlichen Blick- und Hörraumes mit dieser einseitigen, dummen und manipulativen Form der „Kommunikation“ gar nicht kritisch genug sein kann.

Via Fefe’s Blog