Unser täglich Spam

Aus dem Internet frisch auf den Tisch. Köstlich und aromatisch.


Gerichtliche Wiederverhandlung

Donnerstag, 3. April 2014, 21:17 Uhr

Von: „Der Gerichtsbescheid“ <support020 (at) adlerpost (punkt) de>

Nicht jeder Absender hat von seiner Mutter einen netten Namen bekommen. :mrgreen:

Die Vorladung vor Gericht,

Hiermit mochten wir Sie daruber informieren,
Sie sollen am 23. April 2014
um 10 Uhr morgens vor Gericht erscheinen.

Es ist ja unwidersprochen, dass Juristen manchmal ein Deutsch pflegen, das fremdartig wirkt – aber dieses Deutsch beherrschen sie wenigstens so weit, dass die Wortstellung noch an die deutsche Sprache erinnert. Und dass eine Vorladung vor Gericht nicht mit der Sackpost kommt, sondern in Form einer E-Mail ohne persönliche Ansprache, ist absurd. Es gibt weder eine rechtssichere Zustellung per E-Mail (obwohl auch von Juristen gern etwas vorab per Mail zugestellt wird), noch gibt es gerichtliche Ladungen per E-Mail. Genau an dieser Stelle kann man also schon beherzt auf die „Entf“-Taste drücken und sich angenehmeren Dingen zuwenden. Aber die Absender derartiger Strunzmails wissen leider, dass die meisten Menschen in Deutschland nach mindestens zwölf Jahren Dummhaltung durch Schulunterricht keine juristischen Kenntnisse haben und deshalb sehr leicht einzuschüchtern sind. Und wenn jemand erstmal Angst hat, wird er auch schnell unvernünftig…

Es findet die Verhandlung Ihrer Sache statt.
Vorbereiten Sie bitte und nehmen Sie alle
die Sache betroffenen Papiere mit,
die Zeugen sollen Ihrerseits am Verhandlngstag
auch vor Gericht erscheinen.

Die Vorladungskopie finden Sie in der Briefanlage.
Lesen Sie bitte den Brief aufmerksam.

…und wundert sich auch nicht weiter darüber, dass ein Mailanhang nun eine Briefanlage geworden ist, sondern klickt darauf.

Wie üblich bei dieser Art Spam ist der Anhang ein ZIP-Archiv, in dem sich eine ausführbare Datei für Microsoft Windows befindet. Damit man diese Datei auch öffnet, steht nichts zur eigentlichen Sache in der Mail. Weder ist klar, um welches Gericht es sich handelt, noch ist klar, um was es in diesem Verfahren eigentlich gehen soll. Ohne Angst gelesen, sagt diese Mail gar nichts, und das in sehr lächerlicher Sprache, die schon für die geschäftliche Kommunikation eines Gastwirts peinlich wäre.

Der Leser, der sich Angst machen ließ, wird allerdings versuchen, mehr zu erfahren. Zwar wird der Anhang zurzeit von sechzig Prozent der Antivirus-Programme als Schadsoftware erkannt, aber darauf kann man sich niemals verlassen.

Die Anmerkung: falls Sie von der Verhandlung fernbleiben,
kann der Richter in Ihrer Abwesenheit verhandeln.

So, und jetzt nochmal auf den Angstknopf drücken, damit der Empfänger auch ja klickt.

Diese Spam wurde mechanisch erstellt und ist deshalb ohne Namen und Unterschrift gültig.

Übrigens: Ich habe in meinem Leben mehr als einmal Briefe und E-Mails von Juristen bekommen. Immer war darin eine Telefonnummer für Rückfragen angegeben. Immer war es möglich, Unklarheiten telefonisch auf dem kurzen Weg auszuräumen oder Fragen zu stellen. In einem Kontext, in dem Missverständnisse leicht teuer werden können, ist das auch eine Selbstverständlichkeit. Sogar bei Rechtsanwälten und Rechtspflegern am Gerichte. Ein derartiger Text ohne Telefonnummer kann getrost in die Mülltonne geschoben werden.

Beim Landeskriminalamt Niedersachsen scheint diese Spam übrigens auch angekommen zu sein. Die dort aufgestellte Behauptung, dass gekaufte Antivirenprogramme besser wirken als kostenlose, ist natürlich Humbug, der auf dem ungefähren Niveau von „Mein Horoskop ist besser, weil mein Astrologe eine höhere Rechnung geschrieben hat“ steht. Was garantiert und immer gut gegen solche Mail-Überrumpelungen wirkt, ist ein eingeschaltetes Gehirn. Wer zusätzlich noch ein anderes Betriebssystem als das bei allen Verbrechern dieser Welt hochbeliebte Microsoft Windows verwendet (und deshalb auf einmal gar kein Antivirus-Programm mehr benötigt), spart nicht nur das Geld für ein anfälliges Betrübssystem und die gefühlte Sicherheit durch Schlangenöl-Software, sondern gewinnt sehr viel zusätzliche Sicherheit in seiner täglichen Computernutzung.

Diese Spam wurde mir von meinem Leser S. W. zugesteckt

Ein Kommentar für Gerichtliche Wiederverhandlung

  1. Tobias sagt:

    > Guten Tag,
    > Im Anhang dieser Email senden wir Ihnen Ihre aktuelle Rechnung
    > fuer den Monat April.
    > Der offene Betrag ist innerhalb von 10 Tagen auf unserem Konto zu
    > ueberweisen.
    > MFG
    > Apay AG

    Oh, du hast mir gleich zwei mal die gleiche E-Mail geschickt. Einmal vom Windows mit Thunderbird 3.0a1 und einmal von deinem Mac mit Thunderbird 1.0.6. Sage mal, rufe mal die Update-Funktion deines E-Mail-Programms auf, deine Versionen sind uralt und voller Sicherheitslücken.

    Aber warum nennst du mir keinen Betrag und keine Bankverbindung? Und warum schickst du mir eine Datei namens Rechnung-April.exe (nicht in einer ZIP, sondern direkt so)? Ich hätte da eigentlich eine PDF erwartet. Außerdem traut Virustotal deiner EXE nicht: https://www.virustotal.com/de/file/5504703e2b3fbd699aadc63eda58f384736ebecce2d08251c692e607e3398d68/analysis/1396628279/ (Die andere EXE kann ich leider nicht auf Virustotal hochladen, die wird gleich vom Virenscanner gefressen. Da wird es wohl nichts mit der Überweisung.)

    Und warum hältst du (IPs: 93.178.104.24, 89.204.137.137) dich für Fastmail.fm? Und wie kommst du innerhalb von vier Minuten von Russland nach Deutschland?

    Ich hoffe, du bekommst bald deinen verdienten Exploit. Angreifbar bist du ja durch deine völlig veraltete Thunderbird-Software.

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