Unser täglich Spam

Aus dem Internet frisch auf den Tisch. Köstlich und aromatisch.


Tagesarchiv für den 30. März 2017

Postbank Mitteilung

Donnerstag, 30. März 2017

Postbank

Aufgrund einer Verletzung in unserem System Ich sperrte vorubergehend alle Konten.

Mitteilung ist: hier klicken.

Ja, ist ja schon gut! Nimm deine Tabletten!

Man konnte es vielleicht schon an der patzigen Sprache bemerken: Natürlich kommt diese Spam nicht von der Postbank, und das „Click here“ führt nicht auf eine Website in der Domain der Postbank, sondern…

$ lynx -mime_header http://baj9lnrt.bbc.5starfranchise.com/sk/bmFjaHR3YWVjaHRlckB0YW1hZ290aGkuZGUgCg== | grep -i '^Location'
location: http://banking.postbank.online.login.de.sta.postbank.de.rai.login.pss.nydl.net/rai/logint
$ _

…in eine vorsätzlich irreführende Subdomain von nydl (punkt) net. Dort bekommt man Gelegenheit, auf einer „liebevoll“ (und im Gegensatz zur Phishing-Spam überzeugend) gemachten Postbank-Website den Verbrechern in einem ersten Schritt die Anmeldedaten zum Postbank-Konto zu geben:

Screenshot der Phishing-Seite: Anmeldedaten

Die eingegebenen Anmeldedaten werden – anders als bei schlecht gemachtem Phishing – gleich nach der Eingabe überprüft, so dass meine schnell ausgedachten Fantasiedaten leider nicht akzeptiert wurden. Deshalb kann ich auch keine Screenshots der folgenden Schritte geben, in denen sicherlich alle möglichen persönlichen Daten und Kontoinformationen abgefragt werden, damit die Betrüger fortan die Identität, das Konto und die Kreditkarte anderer Menschen für ihre betrügerischen „Geschäfte“ missbrauchen können.

Die Phishing-Website sieht sehr überzeugend aus, und die angezeigte Adresse in der Adressleiste des Browsers beginnt mit banking (punkt) postbank (punkt) online, was für den oberflächlichen Blick technisch ahnungsloser Menschen ebenfalls überzeugend aussehen kann. Allerdings haben sich die Betrüger kein TLS-Zertifikat besorgt, so dass ein aktueller Firefox vor der Dateneingabe für eine unverschlüsselte Datenübertragung warnt – in folgenden Phishzügen der gleichen Bande wird diese Nachlässigkeit sicherlich korrigiert.

Ich gehe davon aus, dass sehr viele Menschen nach dieser Präsentation des Phishings keinen Zweifel daran entwickeln werden, dass sie sich auf der Website der Postbank anmelden und dementsprechend arglos auch (mit technischen Problemen oder der Sicherheit begründete) überflüssig und sinnlos erscheinende Eingaben machen, wenn sie nur dazu aufgefordert werden.

Tatsächlich gibt es nur einen sicheren Schutz gegen Phishing, wie ich bereits gestern anmerkte: Niemals in eine E-Mail klicken, sondern die Website der Bank immer über ein Browser-Lesezeichen aufrufen. Das ist nicht einmal ein Komfortverlust, aber es kann leicht einen mehrjährigen Ärger ersparen, der entsteht, wenn Konto und Identität für gewerbsmäßigen Betrug verwendet wurden und man dies immer wieder Polizeien, Inkassounternehmen, Anwälten, Untersuchungsrichtern sowie der Schufa und vergleichbaren Auskunfteien in teils zermürbendem Schriftverkehr mitteilen „darf“. In den ersten Verdacht und den „Genuss“ der Strafanzeige gerät nun einmal stets derjenige, dessen Anschrift und Konto verwendet wurden, und dieser Verdacht muss für hunderte von Straftaten immer wieder vor Ermittlern und Unternehmen ausgeräumt werden. 🙁

Und genau deshalb sollten sie niemals in eine E-Mail ihrer Bank klicken, um sich gar nicht erst in diese Gefahr zu bringen. Und auch nicht in eine E-Mail von Amazon, eBay, PayPal, einem Onlinehändler, Facebook, Google oder Twitter. Die Letzteren sind immer noch beliebt bei Phishern, weil sie sich mit einem Facebook-, Google- oder Twitter-Login häufig an sehr viele andere Websites anmelden können und dort mit der Reputation anderer Leute Spam für kriminelle Angebote verbreiten und Betrügereien einleiten können. Natürlich werden durch gephishte Social-Media-Accounts auch fiese personalisierte Betrugsnummern der Marke „Ich sitze hier in Madrid fest, habe kein Geld, kein Zimmer, alles geklaut, kannst du mir bitte ganz schnell dreihundert Euro über Western Union schicken, damit ich hier wieder wegkomme, kriegst du auch am Ersten wieder zurück“ möglich, die überraschend oft erfolgreich sind. Selbst eher oberflächliche Bekannte lässt man nicht gern im Stich, wenn sie übel in der Scheiße hängen.

Warum man immer mit wirksamem Adblocker surft

Donnerstag, 30. März 2017

Wir unterbrechen unser reguläres Programm für eine interessante und wichtige Durchsage des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik, die Hervorhebung ist von mir:

Die Manipulation von Webseiten ist ein weit verbreitetes Mittel, Cyber-Angriffe durchzuführen. Angreifer verstecken dazu schädliche Programme auf Webseiten, die sich durch eine Sicherheitslücke beim Besuch der Webseite selbst auf den Rechner des Anwenders aufspielen. Häufig wird derartige Schadsoftware verwendet, um Daten auszuspionieren oder Schaden auf dem Zielrechner zu verursachen. Eine der Hauptursachen für diese sogenannten Drive-by-Angriffe sind schädliche Werbebanner. Diese werden von unbekannten Dritten bereitgestellt oder von Agenturen vermarktet und werden häufig ohne Überprüfung oder Qualitätskontrolle in eine Webseite eingebunden. Auf diese Weise werden auch populäre und ansonsten gut abgesicherte Webseiten Ausgangspunkt von Cyber-Angriffen

!Wirksame Adblocker schützen vor den Angriffen der „Cyber-Kriminellen“, denn eine der Hauptursachen für derartige Angriffe sind verseuchte Werbebanner, die über typische gegenwärtige Werbenetzwerke in andere Websites eingebettet werden. Ja, das ist die Ansage des BSI, nicht die im geduldigen Internet veröffentlichte Meinung eines „dahergelaufenen Bloggers“ wie mir, die leider meist ignoriert wird.

Zum Beispiel werden solche Werbebanner auch immer wieder einmal in die journalistischen Websites eingebettet, die ihre Besucher teils aufdringlich mit vorsätzlich irreführenden Texten und lustigen Versuchen der Technikverhinderung zum Abschalten ihrer Adblocker nötigen wollen – damals wie heute. Bei der alltäglichen Webnutzung ist ein wirksamer Adblocker ein wichtigeres und wirksameres Schutzprogramm als ein so genanntes Antivirus-Programm.

Lassen sie sich niemals dazu überreden, einen Webbrowser ohne Adblocker zu benutzen. Es ist gefährlich. Sie würden sich ja auch nicht dazu überreden lassen, ihr Antivirus-Programm abzuschalten, damit das Geschäftsmodell eines anonymen (und verantwortungslos vorgehenden) Gegenübers im Web besser funktioniert.

Und achten sie bitte einmal darauf, ob und wie ihr bevorzugtes journalistisches Webportal heute über diese Presseerklärung des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik berichtet! Ich befürchte, die für die meisten Leser wichtigste, direkt zu einem wirksamen Schutz vor der gegenwärtigen Internet-Kriminalität führende Information aus dieser Presseerklärung wird ihnen von den Qualitätsjournalisten unterschlagen. Daraus können sie dann lernen, was sie, ihr Leben, ihr Schutz vor kriminellen Machenschaften, ihre Privatsphäre und ihre Computersicherheit denjenigen Journalisten wert sind, von denen sie sich täglich die Meinung bilden lassen. Und dann kommen sie bitte nie wieder auf die Idee, ihren Adblocker abzuschalten, weil ein Presseorgan sie darum bittet!

(Vielleicht kommt es ja gar nicht so schlimm und ich sehe nur schwarz. Aber ich habe die Verantwortungslosigkeit und Chuzpe von Journalisten und Pressewebsites in den letzten Jahren als nahezu unendlich kennengelernt.)

Weitere Lektüre zu diesem Thema findet sich unter dem Schlagwort Adblocker hier auf Unser täglich Spam. Gerade die vielen kleinen Artikel, die sich mit dem Versuchen von Presseverlegern beschäftigen, Adblocker kriminalisieren und verbieten zu lassen, sind auf dem Hintergrund der heutigen Ansage des BSI sehr interessant geworden.

Nachtrag 31. März 2017, 0:25 Uhr

Für Allergiker möchte ich vorab warnen, dass dieser Nachtrag ein bisschen bitter schmeckende Galle enthält.

Ich habe keine Mühe gescheut und eben mit Google News nach dem Suchbegriff BSI gesucht. Es gibt gemäß diesem Suchbegriff zurzeit insgesamt drei auf Google News aggregierte journalistische Produkte, die heute über die nicht ganz unwichtige Pressemitteilung des BSI berichtet haben:

  1. Netzpolitik.org – BSI bestätigt: Werbebanner liefern Schadsoftware aus
    Klare und knackige Information, das für Computernutzer Wichtigste steht bereits in der Überschrift, es werden klare Hinweise zum Schutz gegeben und es wird dar Lobbyismus des Presseverlagswesens in der BRD benannt, der alles daran setzt, diese Schutzmöglichkeit zu kriminalisieren. Nun gut, etwas anderes war von Netzpolitik auch nicht zu erwarten.
  2. Golem.de – BSI beschwichtigt und warnt vor schädlichen Werbebannern
    Eine klar formulierte Meldung, die in der Überschrift bereits das für Computernutzer Wichtigste ausdrückt und im Text im Wesentlichen die Presseerklärung des BSI mit anderen Worten wiedergibt und zusätzlich den Hintergrund ein wenig beleuchtet. Genau das, was ich vom Journalisten erwarte, aber nur selten geliefert bekomme. Angesichts der Tatsache, dass Golem einen wohl erheblichen Teil seiner Einnahmen durch die Einblendung von Werbebannern erwirtschaften wird, ist dies einer dieser seltenen und lobenswerten Fälle von Journalismus, der auf Aufklärung setzt, statt einer dem Leser niemals deutlich kommunizierten Agenda des Vertretens wirtschaftlicher Eigeninteressen zu folgen. Dafür ein ganz dickes Lob von mir! (Und ich vergebe das wirklich ungern!)
  3. Bayerischer Rundfunk – Neuer Hackerangriff auf Bundestag
    Das, was Journalisten so sehr am Wort „Lügenpresse“ verletzt, ist vor allem die einfache Tatsache, dass es sich beim besten Willen nicht um eine „Wahrheitspresse“ handelt. Der bayerische Rundfunk verschweigt nicht nur den für Computernutzer wesentlichen Teil der BSI-Presseerklärung, sondern zieht sich einen völlig anderen Infektionsweg aus dem Arsch, der überhaupt keinen Gedanken an Adblocker aufkommen lassen kann. Bitte gut festhalten:

    Bekannt ist lediglich, dass die Abgeordneten ihre Rechner infizierten, als sie eine möglicher Weise gefälschte Nachrichten-Site im Ausland ansurften

    Ich wünsche Ihnen auch weiterhin viel Spaß beim Bezahlen der so genannten Rundfunkgebühr, die in Wirklichkeit eine Abgabe zur Finanzierung der Verblödung der Bevölkerung der Bundesrepublik Deutschland ist!

Alle anderen journalistischen Organe haben entweder die Presseerklärung des BSI komplett vor ihren Web-Lesern verheimlicht oder lehnen es neuerdings ab, in Google News gelistet zu werden, weil sie keine Leser mehr zu den eingeblendeten Werbebannern (können zwar Spuren von gefährlicher Schadsoftware enthalten, aber Geld stinkt ja nicht) locken wollen. Angesichts des SEO-Aufwandes, den diese Pressepublikationen ansonsten betreiben, um gut in Google gelistet zu werden, kann die zweite Erklärungsmöglichkeit wohl vollständig ausgeschlossen werden.

Ich wünsche den Presseverlagen, die in meiner Achtung seit rd. zwanzig Jahren jeden Monat ein bisschen tiefer gesunken sind, viel Spaß auf ihrem Weg in die Irrelevanz und Insolvenz!

Nachtrag 1. April 2017, 0:25 Uhr

Nicht nur mir ist das merkwürdige Schweigen der Pressepublikationen zu einem bemerkenswerten und als Nachricht interessanten Vorgang – immerhin ist der Kontext ein gemutmaßter „Cyberangriff“ auf den Deutschen Bundestag – aufgefallen, sondern auch Mike Kuketz. Die dort geäußerte Meinung, wie es zu diesem brüllend lauten Schweigen kommt, entspricht völlig meiner.

Wenn sie nicht zum Opfer von Verbrechern werden wollen, sollten sie sehr darauf achten, dass sie sich nicht ausschließlich aus Presseorganen informieren. Das Internet ist großartig. Nutzen sie es einfach!

Quelle des Piktogrammes mit dem Ausrufezeichen: Openclipart.